PR TB 238 Kampf Der Tausend Schiffe
fremden Schiffe.
Ereignislos tropfte die Zeit dahin. Die Dreiruderer hoben und
senkten sich im Seegang. Die Stille wirkte doppelt einschläfernd.
Und dann sahen die Männer im Ausguck das Segel. Noch eines. Ein
drittes, viertes. einige Dutzend persischer Schiffe bogen um das Kap.
»Sie kommen!«
Etwa ein Dutzend der gegnerischen Schiffe näherte sich in
schnellem Tempo. Die Riemen hoben und senkten sich, tauchten ein und
schleuderten die Schiffe der persischen Seeaufklärung förmlich
den Griechen entgegen. Jene Männer, von denen das Schicksal der
Schiffe abhing, auf beiden Seiten, hatten ihr Leben lang nichts
anderes getan als Schiffe und Männer zu befehligen. Sie kannten
alles. Nichts, was mit schwimmendem Holz, Segeln und Wasser zu tun
hatte, war ihnen fremd. Binnen kurzer Zeit waren bei den Griechen die
dünnen Ankertaue gekappt, die Segel aufgezogen und sämtliche
Riemen eingesetzt.
Die drei Schiffe fuhren einige Ruderschläge weit den Persern
entgegen, drehten nach Backbord ab und flüchteten. Sie hatten
den Befehl, nicht zu kämpfen sondern zu berichten. Der Wind, der
seit Tagen völlig unberechenbar wehte, war den Persern besser
gesinnt - ihre Schiffe näherten sich schneller und auf direktem
Kurs. Die Griechen erhöhten die Schlagzahl ihrer Ruderer; der
Keleustes, der durch seine Rufe den Takt angab, verdoppelte seine
Anstrengungen.
Wenn die enge Passage zwischen der Insel und der Küste der
Halbinsel passiert war, wenn die Schiffe ihre Schnabel nach Norden
richteten, öffnete sich eine fast kreisrunde Bucht, deren
einziger Zugang nach Süden wies.
Dorthin versuchten die drei griechischen Schiffe zu flüchten.
Während die Vorhut der persischen Flotte aufholte und immer
näherkam, arbeiteten sich die Ruderer durch die Wellen. Die
langen, schlanken Leiber der Schiffe hoben und senkten sich. Von
Stunde zu Stunde kamen die Perser näher, die schnellsten Schiffe
wenigstens, und die Bogenschützen und Entermannschaften der
Trieren machten sich bereit. Einige Augenblicke der Unaufmerksamkeit
des ersten Steuermanns brachten den Dreiruderer vorübergehend
aus dem Kurs, ließen ihn auf einen Unterwasserfelsen zudriften,
dessen unsichtbare Schärfe die Planken unter der Wasserlinie in
einer Länge von mehreren Schritten aufriß. Der Kapitän
gab den Befehl, das Schiff zu verlassen und an Land zu schwimmen.
Das zweite Schiff drehte kurz bei.
Den Persern schlug ein Hagel aus Pfeilen und Spießen
entgegen. Die Schleuderer warfen die brennenden Kugeln aus Werg und
Erdpech, aber nur wenige trafen. Zwei persische Schiffe schoben sich
an beiden Seiten auf die Trireme zu und scherten alle Riemenschäfte
ab, dann schwangen sich die Krieger an Tauen an Deck und enterten das
Schiff.
Die drei Schiffe kamen aus dem Kurs, schlugen quer und versperrten
den nachfolgenden Schiffen den Weg.
Die wütenden Kämpfe ermöglichten es dem dritten
Schiff, dessen Kundschafter mit blinkenden Schilden die Boten an den
Ufern verständigten, zu entkommen. Endlich schlug der Wind in
das Segel, riß das Schiff vorwärts und in nördliche
Richtung. Die Schiffe der Perser blieben zurück; sämtliche
Geschosse fielen unschädlich ins Meer. Das Schiff setzte im
nördlichsten Teil der riesigen Bucht auf den Strand, die
Mannschaft raffte ihre Habe und die
Waffen zusammen und schlug sich in Eilmärschen bis zu ihrer
Heimatstadt durch.
In Athen erfuhren sie, daß die Perser sich mit ihrer
geballten Macht näherten.
Themistokles, der erfahren hatte, welche wichtige Rolle die
GÖTTERSTURM in der Seeschlacht bei Sizilien gespielt hatte,
wartete zu dieser Stunde vergebens auf eine Nachricht seines
vertrauten Schiffsbaumeisters Ptah-Sokar.
Die Perser errichteten zwischen der Insel und der engen Durchfahrt
Seezeichen, um der Flotte den Weg zu weisen.
Als die Flotte weit auseinanderfächerte und sich bereit
machte, sämtliche Stellen der Bucht zu kontrollieren, erhoben
sich zum zweitenmal während dieses Feldzuges die Elemente. Ein
Sturm brach aus.
Ein Sturm, der siebzig Stunden dauerte.
Eben noch, am Nachmittag, war der Himmel klar gewesen, und ein
böiger Wind wehte aus Südost. Binnen weniger Zeit überzog
sich das Firmament mit riesigen Wolken, die sich hoch auftürmten,
schneeweiß und sich ineinanderballend, wieder auflösend,
zu neuen und höheren Gewittertürmen kondensierend, mit
schwarzen Rändern, die schließlich die Sonne
verschluckten. Der Wind starb, kam wieder, sprang um und setzte dann
mit furchtbarer Wucht aus dem Norden ein.
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