PR TB 243 Der Weg Der Tigerbande
an.
„Das wollte ich nicht", erklärte er betroffen.
„Ich wußte nicht, daß er uns alle holen würde."
„Die Ausrüstung meines Operators macht mich allen
Feinden überlegen", sagte die Stimme des Vocoders, dessen
sich der Avataru bediente. „Ihr seid meine Gefangenen."
Kitsaiman griff mit blitzschneller Bewegung nach seinem
Kombilader. Doch mitten in dieser Bewegung hielt seine Hand so
plötzlich an, als wäre sie von stählernen Klauen
gepackt worden - und auch seine Gefährten spürten, wie sich
unsichtbare Fesseln um sie legten und ihre Bewegungsfreiheit
reduzierten.
„Niemand vermag mich anzugreifen", erklärte der
Avataru.
„Du bringst uns zur Shushsh?" fragte Kitsaiman mühsam.
„Sie will sehen, wie ihr sterbt", sagte der Avataru.
Siska starrte ungläubig auf den Avataru - und vor seinem
geistigen Auge tauchte die riesige Gestalt Vamanus auf, der ein
Beauftragter der Kosmokraten gewesen war.
„Ich kannte einen anderen Avataru", sagte er. „Er
hieß Vamanu - und er war ein Freund, ein friedliebendes gutes
Wesen. Warum bist du so bösartig?"
„Vamanu!" wiederholte die Vocoderstimme. „Jeder
gehorcht der BESTIMMUNG."
„Er handelt nicht aus freiem Willen, sondern steht unter dem
geistigen Zwang der Shushsh", stellte Kitsaiman fest. „Das,
was den Avataru ausmacht, ist längst in ihm gestorben. Er ist
nicht mehr als ein Zombie."
Der Avataru reagierte nicht auf diese Worte - ein weiteres
Anzeichen dafür, daß er gleich einem Roboter handelte.
Siska erschauerte, als er auf den Ortungsschirm hinter dem Avataru
- von sich aus gesehen - die metallisch schimmernde, vielfach
gekerbte Wandung der Erleuchtung auftauchen und größer
werden sah Einige tropfenförmige Schiffe, insektenhaft klein
gegen dieses monströse Riesengebilde wirkend, stoben seitlich
davon, um dem Operator Platz zu machen.
Der Gedanke, daß sie dem sicheren Tod entgegeneilten, ließ
Siska frieren. Seine Eingeweide krampften sich zusammen.
„Es tut mir leid", sagte Kitsaiman. „Diesen
Schrecken wollte ich allein auf mich nehmen. Doch ihr braucht euch
nicht zu fürchten. Wir werden unsere Mission erfüllen."
Wie sollen wir das, da wir uns nicht einmal bewegen können!
dachte Siska. Aber ich will nicht sterben!
„Siska!" sagte eine weiche Stimme.
Er wollte den Kopf drehen, um Luana nicht nur zu hören,
sondern auch zu sehen, aber er vermochte ihn nicht zu bewegen.
„Luana!" flüsterte er, und mit einem Mal gelang es
ihm, gegen seine Furcht anzukämpfen. „Noch sind wir nicht
tot, aber wenn wir sterben müssen, dann wenigstens zusammen."
„Oh, Siska!" rief Luana Helut. „Verliere nicht
den Mut! Warum sollte die Shushsh uns töten!"
„Sie wird euch nicht töten", erklärte
Kitsaiman. „Vertraut mir!"
„Ich weiß, daß wir siegen werden", sagte
Merrit Blandau. „Der Herr der Tiger ist bei uns."
Jemand schnaubte verächtlich. Nur Siska merkte, daß es
sein Urururgroßvater war. Seltsamerweise beruhigte ihn die
Gewißheit, daß Opa Jillan bei ihnen war. Seine Furcht
schwand, und er vermochte sogar etwas Erheiterung über den
Unwillen des alten Mannes zu empfinden. Opa Jillan hatte in seinem
langen Leben schon zahlreiche lebensgefährliche Situationen
durchgestanden - und das war real, im Gegensatz zu den leeren
Sprüchen Kitsaimans.
Aber hatte Kitsaiman nicht oft bewiesen, daß er scheinbar
aussichtslose Situationen meistern konnte? Waren seine Voraussagen
nicht oft in Erfüllung gegangen, obwohl sie anfangs scheinbar
jeder Grundlage entbehrt hatten?
Plötzlich war Siska Taoming zuversichtlich, daß
Kitsaiman auch diese Situation meistern würde. Er nannte sich
schließlich nicht nur „Herr der Tiger", sondern er
war es auch, wenngleich nicht im vordergründigen Sinn des
Wortes. Aber die Naghnaren hatten die wirkliche Bedeutung dieses
Titels begriffen, sonst hätten diese stolzen und kriegerischen
Intelligenzen sich schließlich nicht seinem Befehl unterstellt.
„Kitsaiman schafft es, Luana", sagte er voller
Überzeugung.
„Jetzt bist du ein echter Tiger, Siska!" erklärte
Kitsaiman. „Ich habe immer gewußt, daß in deiner
Brust das Herz eines Tigers schlägt, und ich freue mich, daß
dieser Herzschlag auch dein Bewußtsein erfaßt hat. Du
wirst die Tigerbande führen, wenn ich einmal nicht mehr bin."
„Und ich?" entfuhr es Merrit Blandau enttäuscht.
„War ich nicht bisher der einzige echte Tiger?"
„Du bist immer noch ein Tiger", erwiderte Kitsaiman.
„Aber du warst schon geistig erwachsen, als
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