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PR2604-Die Stunde der Auguren

PR2604-Die Stunde der Auguren

Titel: PR2604-Die Stunde der Auguren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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dreitausend Jahre alt sein. So hatte er bis gestern dagestanden.
    Nun hing der Wasserturm in Trümmern. Reparaturroboter wuselten herum, ihre Traktorfelder stabilisierten die Bruchstücke des Gebäudes und dirigierten sie behutsam an die richtige Position.
    Das zertrümmerte Bauwerk wirkte wie ein Puzzle, ein riesenhaftes, dreidimensionales Stückwerk kurz vor seiner Vollendung. Ein Ordnungsroboter hatte das Gelände weiträumig mit einem Sicherheitsband abgesperrt. Das Band pulsierte in tiefem Rot und gab einen brummenden Warnton von sich.
    Dank der Mikrosonde wusste Routh, dass der Augur die Absperrung einfach übersprungen hatte und sich nun quer über das Areal bewegte.
    Der Ordnungsroboter hatte nicht reagiert.
    Einige Meter hinter der Absperrung und im fragmentierten Schatten des Wasserturms wuchs ein Baum, wie Routh ihn nie zuvor gesehen hatte. Kurz darauf ließ Puc ihn wissen, dass es sich um eine Süntelbuche handelte. Der Stamm des mächtigen Baumes war ebenso in sich verdreht wie die Äste; die Blätter an den herabhängenden Ästen schimmerten purpurfarben.
    Im Schutz der weit ausladenden, pilzförmigen Krone stand ein pagodenartiges Gebilde. Es bestand aus irisierendem Tuch, über das – wie über Zeltbahnen im Wind – langsame, kleine Wellen liefen. Vieleckig der Grundriss, insgesamt acht übereinandergelegene Vorsprünge.
    Die Krone der Buche erstreckte sich noch über die rot pulsierende Banderole. Die Pagode befand sich mithin noch innerhalb der Absperrung.
    Die Mikrosonde hatte irgendwo im verdrehten Geäst der Süntelbuche Position bezogen und übertrug, wie Stradnaver durch einen Schlitz in einer der Zeltbahnen in die Pagode eintrat.
    Routh hatte längst das Gefühl, dass etwas vorging, was seine Kompetenzen als Journalist bei Weitem überstieg.
    Er brauchte etwa fünf Minuten, um die Absperrung zu erreichen. Er trat an den Roboter heran und sagte: »Ich möchte zu diesem Zelt. Spricht etwas dagegen?«
    »Das Gelände ist zu deiner Sicherheit abgesperrt, Bürger«, belehrte ihn die Maschine. »Wenn die Turmruine außer Kontrolle gerät, könnte deine Gesundheit wie deine Unversehrtheit Schaden nehmen.«
    »Bitte nimm zu Protokoll, dass ich auf etwaige Entschädigung ausdrücklich verzichte und auf eigene Verantwortung hinter die Absperrung möchte.«
    »Das kann ich nicht gestatten, Bürger«, sagte die Maschine.
    »Du würdest mich daran hindern?«
    »Gewiss.«
    Routh bat Puc, eine Verbindung zur Hamburger Stadtpolizei zu schalten; er wollte mit einem Menschen sprechen. Puc gelang es nur, einen akustischen Kontakt herzustellen. Sein unsichtbares Gegenüber klang gereizt, hörte sich aber schließlich an, was Routh zu schildern hatte. Dann lachte die Stimme und fragte Routh, ob er sich nicht vorstellen könne, dass man im Augenblick Wichtigeres zu tun habe, als illegal zeltende Endzeitpropheten zur Ordnung zu rufen?
    Die Verbindung wurde getrennt.
    »Kannst du etwas in diesem Zelt hören?«
    Das Implantmemo verfügte über ein hochempfindliches Richtmikrofon. »Ich empfange etwas«, sagte Puc. »Er spricht.«
    »Mit wem spricht er? Worüber?«
    »Ich kann ihn nicht verstehen«, sagte Puc. »Die Sprache ist restlos fremd: keine strukturelle oder vokabulatorische Ähnlichkeit mit irgendeiner bekannten Sprache der Milchstraße.«
    Routh nickte. »Kannst du den Auguren selbst einer dokumentierten Art zuordnen?«
    »Nein.«
    Routh schluckte. Wahrscheinlich klang es dramatischer, als es war, und natürlich hatte sein Implantmemo keinen Zugriff auf die geheimen Archive der Liga und ihres Abwehrdienstes. Er war als Journalist zweimal auf die Spur eines Sternenvolkes gestoßen, das, wenn er sich nicht täuschte, der Regierung der LFT bekannt war und mit ihr sogar einen Vertrag abgeschlossen hatte, dessen Klauseln allerdings völlige Diskretion garantierte: Die Lage ihrer Heimatwelt – oder ihrer Welten – blieb undokumentiert, ihre Existenz der Öffentlichkeit verborgen.
    Und er wusste, dass der Liga-Dienst eine Dienststelle mit der sprechenden Bezeichnung Außergewöhnliche Begegnungen unterhielt oder zumindest damals unterhalten hatte.
    Andererseits war Routh davon überzeugt, dass ihm in diesem Fall selbst ein solcher Zugang zu den vertraulichsten Informationen nicht weitergeholfen hätte.
    Das größte Sternenreich der Milchstraße, das Imperium der Arkoniden, hatte in seiner Blütezeit alles in allem über 50.000 Siedlungswelten verfügt. In der Milchstraße gab es mehr als 200 Milliarden Sonnen.

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