PR2612-Zielpunkt BASIS
»Laaangweilig.«
»Ich würde an deiner Stelle ruhig halten«, meinte Mondra Diamond, »dann hättest du die Untersuchungen rascher hinter dir. «
»Laaangweilig«, wiederholte Ramoz. Er trat unruhig von einem Bein aufs andere. »Und nicht nur das: Es nervt gewaltig. Ich habe keine Lust, länger euer Versuchskaninchen zu spielen.«
»Wir müssen wissen, ob du gesund bist. Ob du eine Gefahr für deine Umwelt und dich selbst bist.« Mondra trat nah an Ramoz heran. »Du hast die ungewöhnlichste Wandlung durchgemacht, die ich jemals erlebt habe. Wir müssen die Hintergründe erforschen und sie verstehen lernen.«
»Ich glaube nicht, dass ihr es herausfinden werdet. Und all das spielt sowieso keine Rolle. Hauptsache, ich bin bei Verstand – und wieder zu Hause ...«
Perry Rhodan ignorierte die Worte und beschränkte sich aufs Beobachten. Gemeinsam mit einem Team aus Fachärzten und Psychologen verfolgte er seit den frühen Morgenstunden die Untersuchungen aus der Sicherheit eines Nebenraums.
Ramoz war instabil. Von einer Sekunde zur nächsten änderte sich sein Verhalten. Wie eben: Er fuhr herum, riss sich all seine Rezeptor-Bänder vom Leib, stürmte an Mondra vorbei und kratzte über die Tür. Der Kristalldorn in seinem rechten Auge bewegte sich hin und her. Wachsam suchte das ehemalige Tier den Raum ab und verzog das Gesicht zu einer wütenden Grimasse, als er Kamerasonden entdeckte.
Ramoz schnappte nach einer von ihnen. Mit einer erschreckend schnell ausgeführten Bewegung seiner Rechten fischte er das fliegengroße Objekt aus der Luft, umfasste es und klatschte es gegen die Wand.
Rhodan hielt seine Angst mühsam im Zaum. Es war nicht das erste Mal, dass ihn Ramoz’ Verhalten erschreckte. Mondra war allein mit dieser tickenden Zeitbombe – und wer wusste schon, ob ihr persönlicher Schutzschirm angesichts der Unberechenbarkeit ihres Gegenübers rechtzeitig hochfahren würde?
Sie redete beruhigend auf ihn ein. So lange, bis Ramoz zurück zur Untersuchungsplattform ging und sich von ihr die Rezeptor-Bänder umlegen ließ.
»Du bist meine Traumfrau«, flüsterte Ramoz. »Vergiss diesen seltsamen Unsterblichen! Gehen wir gemeinsam auf große Fahrt! Kapern wir ein Schiff! Ziehen wir hinaus in die unendlichen Weiten des Weltalls, nur du und ich ...«
Ramoz geriet ins Schwadronieren, und Rhodan meinte, ihn zwischendurch schnurren zu hören. Er umgarnte Mondra mit einer Penetranz, die sie gewiss nicht leiden konnte.
Rhodan erkannte die Ermüdungserscheinungen in ihrem Gesicht, die Zeichen, die Böses ahnen ließen. Sie blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Nase – eine bezaubernde Nase übrigens! – zuckte, und sie zog die Schultern ein wenig hoch.
Gleich geht sie an die Decke ...
Mit hämischer Vorfreude erwartete Rhodan die Explosion. Drei- oder viermal hatte er Mondra während der letzten Jahre die Nerven verlieren sehen, und er hatte stets gut daran getan, möglichst schnell Deckung zu suchen. Und zwar am besten hinter mehrfach gestaffelten Schutzschirmen ...
Doch Mondra schaffte es einmal mehr, sich zurückzunehmen. Sie entspannte sich und zeigte ein Lächeln. Besänftigend redete sie auf das humanoid und zugleich katzenhaft wirkende Wesen ein. Sie legte Ramoz eine Hand auf die Schulter, streichelte ihn. Mit ungewöhnlicher Zärtlichkeit und Vertrautheit, die sie nach einigen Sekunden offenbar selbst zurückschrecken ließ.
»Sie ist verdammt gut«, flüsterte Mirjam Ono. Die untersetzte Frau mit dem bunten Flitter im Haar war die leitende Exo-Psychologin des versammelten wissenschaftlichen Gremiums. »Ihr Gestus, das Mienenspiel, die Wortwahl – alles ist perfekt. Ich hätte es nicht besser hinbekommen.«
»Sie spielt keine Rolle«, behauptete Rhodan. »Sie handelt gemäß ihrem Naturell.«
»Das glaube ich nicht!«
Er schwieg. Sein Vertrauen in Können und Erfahrung der Frau war nicht sonderlich groß. Unter anderen Umständen hätte er gewiss bessere Leute in jenes Team einbezogen, das sich um Ramoz kümmerte. Doch auf Orontes war gutes Personal Mangelware.
Du hast kein Recht, über diese Menschen zu urteilen!, mahnte sich Rhodan. Sie wurden völlig unvorbereitet aus ihrem beschaulichen Leben gerissen. Selbst dir fällt es schwer, wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Die Lage ist alles andere als rosig.
Um Gründe für ein wenig Hoffnung auf eine Besserung ihrer Situation zu finden, musste man sehr, sehr tief schürfen. Sie waren Vertriebene. Flüchtlinge.
Ein Feind,
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