PR2616-Countdown für Sol
Zusammenhang mit dem Fall aus dem Dienst entlassen worden. Kurz darauf hatte er bei einem Attentat in seiner Wohnung Hände und Füße verloren. Gewebe- und Knochenschädigungen waren so gründlich gewesen, dass sie durch künstliche Glieder ersetzt werden mussten.
Sholter Roog hatte sich psychisch von diesem Anschlag, der unaufgeklärt geblieben war, nie mehr erholt. Die hässliche alte Hexe, wie sie Sholter nannte, hatte ihm in einem seltenen Anfall von Mitgefühl einen Bürojob im Tower verschafft. Doch der verkrüppelte und verbitterte Ex-Agent hatte selbst diese Geste in die falsche Kehle bekommen: Seiner Ansicht nach wollte ihn Gia de Moleon nur quälen.
Stendal versuchte, höflich zu bleiben, obwohl sein Nervenkostüm mehr als strapaziert war. »Lass den Unsinn, Sholter! Nimm eine Ausnüchterungspille und melde dich vom Dienst ab. In dem Zustand bist du nicht zurechnungsfähig.«
Der Aufzug hielt in der obersten Etage. Der Agentenführer stieg hastig aus. Er bemühte sich, dem Betrunkenen zu entkommen.
Aber Sholter Roog schien erst richtig auf Touren zu kommen. Er lief hinter Stendal her und packte ihn an der Schulter. »Ich bin sehr wohl zurechnungsfähig, Blasser! Jawohl, ich habe einen über den Durst getrunken, und, jawohl, ich bin nicht besonders in Form. Aber ich weiß ganz genau, was ich sage. Und ich sage: Diese de Moleon ist eine Hexe! Eine Witwenmacherin! Weißt du, wie viele gute Agenten sie schon auf dem Gewissen hat? Wie viele Leute sie lächelnd in ihr Verderben geschickt hat? Ein Nicken von ihr, und wir springen! Eine Geste von ihr, und wir gehen in den Tod! Der Teufel ist sie, der Teufel in Terras Vorzimmer!«
»Jetzt reicht es, Sholter!« Ruhig schlug ihm Stendal die Hand von seiner Schulter. Der Betrunkene verlor das Gleichgewicht. Mit beiden Händen packte sein Gegenüber ihn am Kragen des Overalls und stieß ihn gegen eine Wand.
»Jetzt hör mir gut zu, du kleines Stück Scheiße«, zischte Stendal, mühsam beherrscht. »Gia ist unsere Chefin und verantwortlich für mehr als dreißigtausend Agenten auf der Erde und in der Milchstraße. Und für sie zählt jedes einzelne Leben, sogar das eines besoffenen Idioten, wie du es bist. Und jetzt« – er sah, dass sich TARAS des Sicherheitsdienstes näherten, und lockerte den Fixiergriff –, »jetzt nehmt ihr diese Jammergestalt mit und seht zu, dass sie möglichst schnell wieder nüchtern wird.«
Sholter hatte verständnislos zugehört. Die Roboter nahmen den Betrunkenen mit einem leichten Fesselfeld in die Mitte und führten ihn kommentarlos in Richtung des Aufzuges, hinab ins Hospital im neunundzwanzigsten Stockwerk.
Bevor sie in der wartenden Kabine verschwanden, drehte sich Sholter nochmals um und brüllte: »Du weißt, dass ich recht habe! Sie ist eine Witwenmacherin! Sie ist der Teufel! Sieh mich an, was sie aus mir gemacht hat! Wenn du bloß wüsstest, was sie mit anderen gemacht hat ...«
Die Tür schloss sich.
Stendal Navajo straffte seinen Körper und betrat das Freie. Es war ein prachtvoller Morgen in Terrania, doch er hatte keine Augen für die Schönheit des Frühlings.
Er musste mit dem Tod seines Freundes fertigwerden. Und jetzt hatte er auch noch die Chefin des Terranischen Liga-Dienstes wider besseren Wissens verteidigt.
Denn Sholter Roog hatte recht. Gia de Moleon war ein Teufel.
2.
Vergangenheit
Die Frau öffnete die Tür ihres Privatgleiters und stemmte ihren Oberkörper gegen den Wind. Sandkörner erzeugten die übliche Kakophonie an Entladungsgeräuschen, als sie sich in ihrem Energie-Körperschutz verfingen und wie winzige Glühwürmchen verbrannten. Silvane Lamberg war die Geräuschkulisse gewohnt. So sehr gewohnt, dass sie sie gar nicht mehr bewusst wahrnahm.
Sie eilte die wenigen Stufen zu ihrem Stelzenhaus hoch. Es dunkelte bereits. An der Energiegrenze der Westseite hatte sich bereits wieder eine Sanddüne aufgebaut, die von den Außendienst-Robotern viermal wöchentlich entfernt werden musste. Der endlose und dennoch gleichmütige Zorn eines ganzen Planeten war gegen die Bewohner gerichtet, die sich hochmütig als dessen Beherrscher bezeichneten.
»Öffnen.«
Die dienstbaren Geister der Haussyntronik erkannten ihre Stimme, öffneten den Energieschirm und die Haustür. Alles erwachte zum Leben. Lichter gingen an, Musik erklang, angenehme Wärme empfing sie.
Silvane seufzte wohlig, nachdem sie ihren Schutzschirm abgeschaltet und die kleine Steuerungskonsole in eine Ecke geworfen hatte. Sie ließ
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