Pretty Little Liars - Unvergleichlich
stand in einem hellrosa Wickelkleid, das ihre muskulösen, gebräunten Waden betonte, vor den Mädchen. »Hallo Mädels«, sagte sie kühl.
»Ist Ali da?«, fragte Spencer.
»Ich glaube, sie ist oben.« Mrs DiLaurentis trat einen Schritt zur Seite. »Geht ruhig hoch.«
Spencer führte die Gruppe durch den Eingangsbereich. Ihr weißer Hockey-Faltenrock wippte genauso energisch wie der aschblonde Zopf, der ihr über den Rücken hing. Die Mädchen liebten Alis Elternhaus. Es roch nach Vanille und Weichspüler, genau wie Ali. Prächtige Urlaubsfotos der DiLaurentis’, aufgenommen in Paris, Lissabon und am Comer See, schmückten die Wände. Dazwischen hingen viele Fotos von Ali und ihrem Bruder Jason ab dem Grundschulalter. Den Mädchen gefiel Alis Jahrbuchfoto aus der zweiten Klasse besonders gut. Alis leuchtend pinkfarbene Strickjacke ließ ihr Gesicht strahlen. Damals hatte Alis Familie noch in Connecticut gelebt, und die Privatschule, auf die sie dort gegangen war, hatte keine Uniformpflicht gehabt. Die Glückliche hatte sich für ihr Jahrgangsfoto nicht in einen der streng geschnittenen blauen Blazer zwängen müssen, die an der Rosewood Day vorgeschrieben waren. Sogar als Achtjährige war Ali unwiderstehlich gewesen. Sie hatte klare blaue Augen, ein herzförmiges Gesicht, süße Grübchen und einen schelmischen Gesichtsausdruck. Man konnte ihr unmöglich böse sein, egal was sie ausgefressen hatte.
Spencer berührte die rechte untere Ecke ihres Lieblingsfotos vom Juli letzten Jahres, das die fünf bei einem Campingtrip in die Poconos zeigte. Sie standen neben einem riesigen Kanu, waren vom schlammigen Seewasser durchnässt und grinsten bis über beide Ohren. Glücklicher konnten fünf zwölfjährige beste Freundinnen kaum in die Kamera blicken. Aria legte ihre Hand auf Spencers. Emily legte ihre auf Arias und Hanna legte ihre Hand obenauf. Alle schlossen einen Moment lang die Augen, summten vor sich hin und lösten die Hände dann. Die Mädchen hatten dieses Berührungsritual eingeführt, kurz nachdem das Foto aufgehängt worden war. Es war eine Erinnerung an ihren ersten Sommer als beste Freundinnen. Sie hatten damals kaum fassen können, dass Ali, der Star der Rosewood Day, ausgerechnet sie als ihre vier engsten Vertrauten auserwählt hatte. Sie kamen sich vor wie die Freundinnen eines Holly wood-Superstars. Aber das zuzugeben, wäre irgendwie … peinlich gewesen. Besonders mittlerweile.
Als sie am Wohnzimmer vorbeigingen, sahen sie zwei Abschluss-Roben am Türknopf einer Flügeltür hängen. Die weiße gehörte Ali, und die formeller aussehende dunkelblaue war die von Jason, der im Herbst nach Yale gehen würde. Die Mädchen fassten sich an den Händen, schon ganz hibbelig, morgen ihre eigenen Roben und die Barette zu tragen, die an der Rosewood Day seit ihrer Gründung im Jahre 1897 am letzten Tag des Schuljahres Tradition waren. Da bemerkten sie, dass sich im Wohnzimmer jemand aufhielt. Jason hockte auf dem ledernen Zweisitzer und stierte mit leerem Blick auf die CNN-Nachrichten.
»Halloooo, Jason«, rief Spencer und winkte. »Bist du wegen morgen so paralysiert?«
Jason warf ihnen einen Blick zu. Er war eine attraktive, männliche Version von Ali, mit honigblondem Haar und umwerfend blauen Augen. Er grinste gequält und wandte sich ohne ein Wort wieder dem Fernseher zu.
»Oookay«, murmelten die Mädchen einstimmig. Jason konnte sehr witzig sein – er war derjenige, der das »Bin raus«-Spiel mit seinen Kumpels erfunden hatte. Die Mädchen hatten es sich abgeguckt und benutzten es in abgewandelter Form für ihre eigenen Zwecke, sprich als Ver arsche, wenn uncoole Mädchen in ihrer Nähe auftauchten. Aber Jason hatte definitiv auch dunkle Tage. Ali nannte sie seine Elliott-Smith-Phasen, nach dem verdrießlichen Singer-Songwriter, auf dessen Musik er stand. Nur dass Jason heute eigentlich keinen Grund für schlechte Laune hatte. Morgen um diese Zeit würde er in einem Flugzeug nach Costa Rica sitzen und den ganzen Sommer über Kajaktouren für Abenteuertouristen organisieren. Also: eine Runde Mitleid für den armen Jungen.
»Egal«, sagte Aria achselzuckend. Die vier Mädchen drehten sich um und stürmten die Treppe hinauf. Auf dem oberen Absatz sahen sie, dass Alis Zimmertür geschlossen war. Spencer runzelte die Stirn. Emily legte den Kopf schief. Im Zimmer hörte man Ali kichern.
Hanna drückte leise die Tür auf. Ali kehrte ihnen den Rücken zu. Ihre Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz
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