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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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Impuls sauberzumachen: Der Ort sah fürchterlich aus.
    Rodneys
pummelige Teenagertochter saß hinter der Theke, starrte in die Gegend und kaute
Luft. Auf der anderen Seite des Raums saß Rodneys Vater auf einem Barhocker
hinter seinen dicken Brillengläsern und seinem Zigarettenqualm, beobachtete
die Poolbillardpartie und quasselte, meistens mit sich selbst. Ein zehn Monate
alter Junge in einem Strampelanzug saß mit einem Schokoriegel in einem Kinderwagen
vor dem Süßigkeitentresen. Sein Haar wies zwei sauber ausrasierte Stellen auf,
die von vorn nach hinten liefen wie die Streifen auf einem Footballhelm, und
er trug an seinen Füßen hochschaftige Baby-Nikes. Er war Rodneys Sohn, einer
von dreien, von denen Strike wusste, dieser hier von einer Frau, die ein paar
Häuser von dort entfernt wohnte, wo Rodney mit seiner Frau und zwei halbwüchsigen
Töchtern lebte.
    Die Kids
um den Pooltisch und an dem Videospiel waren meist nur hier, weil ihnen nichts
Besseres einfiel; die Hälfte von ihnen lebte auf der Straße oder mit Müttern,
die sich von morgens bis abends die Birne volldröhnten. Rodney hielt den Laden
vierundzwanzig Stunden am Tag geöffnet, und ein Großteil von ihnen ging nie
nach Hause. Sie trugen fusselige Trainingsanzüge und billige Schuhe, Baseballkappen
und keinen Schmuck. Zwei von ihnen lutschten noch am Daumen.
    Strike
beobachtete das Spiel eine Minute lang. Keines der Kinder konnte mehr als eine
Kugel hintereinander versenken oder hatte die Geduld, einen Schuss richtig
vorzulegen, und während er dastand, wurden sie noch schlechter, weil sie
wussten, dass er nicht einfach ein Clocker war, sondern Rodneys Offizier. Ein
paar von ihnen würden in den nächsten Monaten eine Chance auf der Straße
erhalten. Die meisten würden sofort selbst abhängig werden, und ein paar würden
Air Nikes und Gold tragen, wenigstens für eine kurze Weile, bis auch sie den
Bach runtergingen. Sechs Monate auf der Straße waren eine gute Zeit, und man
musste einen klaren Kopf und eine Menge Selbstvertrauen haben, um es
wenigstens so lange zu schaffen. Strike war jetzt fast neun Monate da draußen,
und er wusste, dass so gut wie niemand das Spiel heil überstand und dass fast
jeder von sich glaubte, er sei die Ausnahme.
    Strike
wandte sich ab, so dass die Spieler sich entspannen konnten. Alles, was zum
Verkauf angeboten wurde, befand sich hinter dem Tresen; auf diese Weise konnte
niemand mit irgendwas verschwinden. Strike warf einen Blick auf die Regale:
Windeln, Milchpulver, Glühbirnen, Tampons, Müsli, Katzenstreu, Kaffee,
Streichhölzer, Feuerzeuge plus die Dreifaltigkeit der einfachen
Kokainaufbereitung: Backpulver der Marke Arm and Hammer, Chore-Boy-Stahlwolle
und McKessons Alkohol zum Einreiben. Eine Prise Backpulver, vermischt mit
einer Zehn-Dollar-Ampulle Koks, mit Wasser besprenkelt, erhitzt, dann abgekühlt,
und man hatte einen puren Nugget aus rauchbarem Kokain. Und ein Stück Chore Boy
in die Pfeife gedrückt fing etwas von den Kokainschwaden auf, wenn sie aus dem
brennenden Nugget stiegen. Trafen die Dämpfe auf die Putzwolle, verwandelten
sie sich in eine ölige Substanz, die an den Fäden klebte; man konnte die
Putzwolle für einen zweiten Hit aufheizen, zwar nicht so stark, aber immer noch
im Preis inbegriffen. Der Einreibealkohol war einfach Butan für arme Leute,
obwohl manche 75-prozentigen Rum vorzogen.
    Jeder
kleine Gemüsehändler und Süßwarenladen in jeder armseligen Straße in Dempsy
hatte die Dreifaltigkeit stets vorrätig, ganz gleich, wie mickrig oder zufällig
die Auswahl hinter dem Tresen auch war. Sie hatten sie nicht nur vorrätig, sie
verlangten auch doppelt so viel dafür wie in den Wohlstandsgegenden, Angebot
und Nachfrage eben. Rodney war ein Ghettokapitalist mit umfassendem Service: Er
verkaufte die Ampullen auf der Straße und nahm dann überzogene Preise für das
Zeug, mit dem man den Stoff aufbereitete.
    Strike
ging hinüber zu der Glastheke und baute sich vor Rodneys Tochter auf. Sie
starrte ihm ein Loch durch die Brust, ihre Kiefer malmten, während sie die
Hände mit den Handflächen nach oben im Schoß hielt.
    »Wo ist
er?«
    Sie zuckte
mit den Schultern und zog kaum die Augenbrauen hoch.
    Strike
ging hinüber zum Kühlschrank, in dem Rodney Milch und Getränke aufbewahrte. Es
handelte sich um einen üblichen Küchenkühlschrank, mit dem Unterschied, dass
nichts darin umsonst war. Strike war jedes Mal völlig fertig, wenn er ein
Yoo-Hoo aus dem Kühlschrank nahm und dann dafür

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