Price, Richard
sie die glücklichste Ehe von allen. »Wie heißt deine Frau noch mal?
ShaRon? Wie läuft's mit euch?«
»Wenn ich
sie sehe, ist es in Ordnung. Sie rennt aber immer in ihre Kirche, abends,
wissen Sie, und am Wochenende.«
»Welche
Kirche?«
»Bei
irgendeiner Dame zu Hause. Ich kenn den Namen nicht.«
»Bei
irgendeiner Dame zu Hause? Bist du jemals mitgegangen?«
»Ja,
einmal. Hat mir nicht gefallen. Die redeten alle in Zungen, das ist nicht,
wissen Sie ...«
»Hast du
eine Freundin?«
»Nein.«
Der Bursche sah peinlich berührt drein.
»Du gehst
mit keinem der Mädchen vom Hambone's aus? All die Mädchen, die unter dir
arbeiten?«
»Das sind
doch kleine Kinder.«
Victor
wurde rot, und Rocco spürte wieder einen Anflug von Mitgefühl.
»Wie
steht's mit anderen, gehst du mit anderen aus?«
Das
Lächeln verschwand aus Victors Gesicht, und er sah Rocco wieder in die Augen.
»He, ich hab nicht mal Zeit, mit der Frau zu schlafen, mit der ich schlafen
sollte, wie soll ich da mit 'ner anderen schlafen?«
Gerührt
durch die Unschuld des Burschen, konnte Rocco ein Lächeln nicht unterdrücken.
»He, du weißt doch, wie die Männer sind, wo ein Wille ist...«
»Ich hab
nicht mal Zeit, meine eigenen verdammten Kinder zu sehen, mit meinen eigenen
verdammten Kindern zu spielen.«
»Okay,
okay, Victor, beruhige dich, immer mit der Ruhe. Schau, es ist doch so ...
schau.« Rocco rutschte näher, ließ seine Finger auf Victors Knie ruhen und redete
leise wie ein Verschwörer, dachte, dass der Bursche niemals offener als jetzt
reden würde. »Victor. Versetz dich mal in meine Lage. Du erwischst einen
Burschen, der kommt rein und sagt, er habe jemanden umgebracht. Dieser Bursche
ist hier geboren und aufgewachsen, kennt die Straßen, die Leute, er hat zwei
Jobs gleichzeitig, bringt sich um, um die Lage seiner Familie zu verbessern,
ein Bursche, der sein Einkommen bis auf den letzten Penny verplant hat, der
stolz ist, sich selbst aufzuopfern, und meiner Meinung nach einer, vor dem man
echt den Hut ziehen kann.«
Victor saß
vornübergebeugt da, die Ellbogen auf den Knien, die Augen auf den Boden
gerichtet, doch Rocco konnte sehen, dass er zuhörte und zustimmend seinen Kopf
bewegte. »Okay, also dieser Typ erzählt dir, er geht eines Abends über den
Parkplatz eines beliebten Restaurants nach Hause, und er ist diese Strecke auf
dem Heimweg seit Jahren jeden Abend gegangen. Der Manager dieses Restaurants
nähert sich ihm auf dem Parkplatz, springt ihn unbewaffnet an, und plötzlich gerät der Bursche in Panik, tritt zurück, wühlt in
seiner Sporttasche herum, die er benutzt, um eine Neunmillimeterkanone zu
transportieren, die er unter einem Stuhl gefunden hat,
schießt viermal auf den Manager und rennt weg ...«
Rocco ließ
eine lange Pause folgen, sein Gesicht nur Zentimeter von dem des Jungen
entfernt. »Also, sag du mir ...
was würdest du denken, wenn du eine
solche Geschichte hören würdest? Würdest du nicht denken, dass da noch was
anderes war?«
Victor
atmete laut aus und murmelte dann niedergeschlagen: »Ich weiß nicht, was ich
denken würde.«
»Wie
bitte?« Rocco legte sein Ohr nahe an die Lippen des Jungen.
Victor
wiederholte sich nicht.
Rocco
lehnte sich zurück und ließ ihm etwas Raum. »Okay, schau, ich weiß, du hast
Angst, und ich weiß, du glaubst, alles, was du zu tun hast, ist herzukommen, zu
sagen, was du zu sagen hast, und das sei alles. Doch so läuft das nicht, aber
hör mir mal zu, Victor. Du bist ein anständiger, hart arbeitender Kerl, und
wenn du es warst, dann musst du einen verdammt guten Grund gehabt haben. Ich
frag dich was: Warum hat dich dieser Typ angesprungen?
Er wollte dich nicht ausrauben - warum sollte der Manager eines Restaurants
jemanden auf seinem eigenen Parkplatz ausrauben? Also muss ich wohl annehmen,
dass da etwas Persönliches war, ich muss wohl annehmen, dass ihr Jungs ein
Problem hattet. Ich muss annehmen -«
Victor
schnitt ihm das Wort ab: »Ich hab den Typen mein Lebtag noch nicht gesehen.«
Seine Augen brannten ein Loch in den Boden. »Er hat mich einfach angesprungen.«
Rocco
machte weiter, hoffte, dass dem Burschen in seiner Wut etwas rausrutschte. »Er
hat dich einfach angesprungen. Und du hast ihn erschossen. Er hat dich nicht
bedroht, er hat nicht mit dir gesprochen, und ich weiß, er hat dir keine Waffe
unter die Nase gehalten. Er hat nur -«
»Ich will
nicht mehr mit Ihnen reden.« Victors Stimme wurde flach und mürrisch, und eine
kleine Unsicherheit
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