Price, Richard
Freundinnen ins Royal mitgenommen, weil es die
billigsten Zimmer hatte. Jetzt handelte es sich um Duck Gathers'
Herrschaftsgebiet, und The Duck als Eskorte zu haben, erleichterte Rocco seine
Arbeit heute Nacht um einiges. Wenn er auf eigene Faust versucht hätte, Darryl
Adams' Zimmer auf den Kopf zu stellen, hätte man wohl die Scheiße aus ihm
herausgeprügelt, denn er trug ein Sportjackett und Lederschuhe im Oxfordstil
- einmal hier und nie wieder. Duck wiederum, das waren hochschattige
Turnschuhe Marke Pony und Jeans, Alltag und endlos Kredit. Das Problem dabei
war, wenn man Ducks Gast war, dann musste man sich auch nach seinem Tempo
richten.
»Ich hör
kein Wasser laufen!«, rief Duck in einem abwesenden Singsang, als rede er mit
Kindern im ersten Stock. Er griff sich die Silberfolie mit dem Crack, drückte
sie zu einem Golfball zusammen und warf sie von einer Handfläche zur anderen
hin und her. Er sah Rocco an und zuckte mit den Schultern. »Darryl Adams war
ein guter Junge. Es ist wirklich schade.«
»Ja, also,
können wir jetzt rübergehen?«
»Moment.«
Duck entdeckte eine lose Deckenplatte, holte sich einen Stuhl, stellte sich
darauf und drückte gegen die Platte. Er tastete dahinter herum, sprang dann
herunter und sah Rocco aus dunklen Augen an. »Merk dir dieses Zimmer, und wenn
wir rübergehen, vergleich es mit dem von Darryl. Du wirst sehen, was ich
meine.«
Die Dusche
ging an. Sie gingen zur Tür und prallten mit einer kleinen schwarzen Hure
zusammen, die mit einer Zwanzig-Dollar-Note in der Hand ins Zimmer trippelte.
»Hoppla,
ach, Sergeant Duck.«
Sie wandte
sich zum Gehen um, aber Duck griff sich das Geld. »Was ist denn das?«
»Schulde
ich Orlando.« Sie wandte sich an Rocco. »Gehören Sie auch zur Motelstreife?«
»Vatikanischer
Geheimdienst«, strahlte Rocco.
Duck legte
einen Arm um ihre Schultern. »Für wen setzt du Ampullen um, Tina?« Das
Tunnely-Crack kam in Silberfolie, weil man die leichter verstecken konnte und
die Verpackung billiger war, aber aus Gewohnheit nannten alle das immer noch
Ampullen.
»Für
keinen. Ich hab nur Schulden.«
»Lass uns
doch mal auf dein Zimmer gehen.« Duck hielt ihre Hand, in der freien Faust
hielt er die Crackkugel. »Rocco, es macht dir doch nichts aus?«
»He, kein Problem!« Rocco zuckte mit den Schultern und
dachte: >Auf ein Neues.< Jetzt ging das bereits seit einer Stunde so.
Duck Gathers patrouillierte von acht Uhr abends bis
vier Uhr früh in einem Dutzend Motels, er und die anderen in seiner Streife
waren umherziehende Dompteure, sie traten nach Lust und Laune Türen ein und
stießen jedes zweite Mal auf irgendeine illegale Szenerie, von professionellem
Schwanzlutschen bis zum Crackrauchen. Duck war mit zweihundert Huren und
kleinen Gaunern per du, verhaftete selten jemanden - die Gefängnisse waren eh
schon überfüllt - und versuchte hauptsächlich, die niederen Lebensformen in
seinem Revier zu belästigen, zu jagen und zu quälen, damit sie zusammenpackten
und weiterzogen, raus aus der Stadt Tunnely zurück nach Dempsy, woher die
meisten von ihnen stammten.
Mit The Duck auf Streife zu gehen war so, als sei man
in einem höllischen Comic mit endlosen Zweiteilern aus Schuld und Sühne
eingesperrt, einer zeitraubenden Symphonie aus Türenklopfen und überraschten
Augen. Ein Cop musste schon ziemlich selbstmörderisch veranlagt sein, im Royal
allein zu patrouillieren, doch The Duck war ein Sonderfall: Mehr als jeder
andere bei der Motelstreife betrachtete er das Royal als persönliche Aufgabe,
sah sich selbst als der Marshal der Stadt und als geistlicher
Schnellreparaturdienst für all die Seelen, die sich in den achtzig Zimmern des
Royal aufhielten.
Wenn Duck die Stechuhr drückte und nach Hause ging,
erwarteten ihn in seinem Studioapartment ein Bett, ein Fernseher und eine
Rudermaschine, und er ruderte zwei, drei Stunden am Tag, um sich abzuregen,
manchmal auch, um sich wieder in Schwung zu bringen. Er hatte keine Frau, keine
Kinder und keine Hobbys - nur Motelstreifen, Goldschmuck und diese
Rudermaschine, die ihm den Oberkörper eines Baseballkönigs und die Handgelenke
eines Würgers verlieh. Wie die Langzeitbewohner des Royal den Neuankömmlingen
sagten: Zahl deine Miete, schließ immer ab und leg dich nicht mit The Duck an.
Rocco
folgte The Duck und Tina hinaus auf die äußere Galerie, die sich am ganzen
Gebäude entlangzog und alle Zimmer im ersten Stock miteinander verband. Die drei
spazierten daher wie zwei Verliebte mit
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