Price, Richard
Vielleicht. Ich weiß nicht.«
»Eine
Unze, Reynard.« Duck zerrte an Reynards Hose. »Drei... vier ...«
»Nun, dann
musst du mich wohl verhaften, denk ich.«
Rocco
rollte vor Enttäuschung mit den Augen.
»Eine
Wiedergutmachung«, sagte Duck. »Du weißt, worum's geht. Fünf... sechs...«
»Kennst du
diesen Orlando?« Reynard kratzte sich abwesend am Kinn. »Er hat 'n bisschen
Shit da drin, ich hab ihn auf der Kommode liegen sehen.« Er zuckte mit den
Schultern. »Das ist alles, was ich im Augenblick weiß, aber vielleicht ist
morgen mehr drin, weißt du, ich weiß, ich schulde dir was ...«
Duck sah
Rocco an und gab nach. Dann trat er Reynard in den Hintern, ein kleiner
Schubser, der ihn die Treppe hinunterstolpern ließ. Murrend warf er Orlandos
Ball von der Galerie in ein paar struppige Sträucher am hinteren Ende des
Parkplatzes.
Die
Skyline von New York begann sich in der Morgendämmerung purpurn zu färben. Rocco
sah Duck an, der plötzlich wie ein von Panik ergriffener Vampir aussah, Meilen
von seinem Sarg entfernt, ein Gesichtsausdruck, der zu dieser Nachtstunde rund
um das Royal mit Sicherheit weit verbreitet war. Das Berufsrisiko eines
Polizisten: Wer Tag und Nacht Nutten und Junkies bearbeitete, wurde selbst
süchtig nach ihren Rhythmen.
Rocco
presste seine ausgebreiteten Handflächen wie zum Gebet zusammen. »He, Duck ...
ich muss da rein.«
»Siehst
du, was ich meine?« Duck stand in Darryl Adams' Zimmer und hatte einen Arm
ausgestreckt, so als wolle er es vermieten. »Dieser Junge hatte seinen Stolz,
was sagst du?«
Ein
süßlicher Geruch wie bei einem Mord stieg Rocco in die Nase, obwohl der Junge
eine Stadt weiter gestorben war. Wahrscheinlich war das dieser Traubenzuckergeruch,
den er die ganze Nacht über gerochen hatte und bei dem es sich, wie ihm jetzt
klar wurde, um Hausdeodorant handelte, das durch alle Lüftungen drang.
Das Zimmer
war nicht angerührt worden. Das Bett war mit Spannbetttüchern bezogen, und die Tagesdecke
war makellos unter und dann über die Kopfkissen gezogen. Eine Flasche
Haarspray, ein Afrokamm und drei Bürsten lagen auf einer Papierserviette auf
der Kommode, zusammen mit etwas Wechselgeld in einem
>Ahab's<-Plastiklimobecher und drei goldenen Jacketkronen in einem Styroporbecher
für Kohlsalat. Töpfe und Pfannen waren unter der Kochplattentheke in einer
Nische gestapelt, vor der ein karierter Stoff mit Reißzwecken als Vorhang
angenagelt worden war.
»Der
Bursche war okay, hmm?«, sagte Rocco und zog einen hundert Liter fassenden
Müllbeutel aus der Seitentasche seines Sportjacketts.
Duck
zuckte mit den Schultern. »Hat mir nie Kummer bereitet, ist nie mit
irgendwelchem Abschaum rumgelaufen, sah immer proper aus: Hallo, auf
Wiedersehen, wie geht's, wie steht's. Er hat sich sogar mal über den Lärm
beschwert.«
»Wir haben
zweieinhalbtausend Mäuse bei ihm gefunden.«
»Zweieinhalb?«
Duck zuckte zusammen. »Also war er wahrscheinlich doch Abschaum. Hat mich
wirklich reingelegt. Stilles Wasser von Abschaum. Man lernt immer noch was dazu
... Ich bin schwer enttäuscht.«
»Hat er je
Leute mit nach Hause gebracht?«
»Nicht,
dass ich wüsste.«
Rocco sah
über die Ablageflächen nach möglicher Beute. »Wer ist das Mädchen?« Er hob eine
Farbfotografie von einer schwarzen Teenagerin mit Bienenkorbfrisur hoch, sie
lächelte mit vorgerecktem Kinn in die Kamera.
»Das ist
seine Schwester, sie lebt in Dempsy.«
Rocco sah
genauer hin. Es war Harmony, die Frau, die er vor weniger als zwei Stunden auf
der Allerton abgesetzt hatte. Sie sah auf dem Foto zwölf Kilo schwerer aus.
»War sie
je hier?«
»Einmal,
vor sechs Monaten. Sie kam vorbei, um sich Geld zu borgen oder so was. Sie
hatten einen Streit draußen auf dem Parkplatz. Sah so aus, als hinge sie an der
Pfeife.«
»Hat er
eine Freundin?« Rocco zog geistesabwesend die Schubladen auf und bemerkte,
dass der Junge seine Unterwäsche zusammenlegte und die Sockenpaare mit
Haarklammern zusammensteckte.
»Unten im
Süden, glaub ich. Er hat Geld in den Süden geschickt. Ich denke, er hat vielleicht
ein Kind da unten, in North Carolina, South Carolina. Hör mal ... durchsuchst
du auch das Bett? Ich will mich hinhauen.«
Rocco zog
die Tagesdecke herunter und fühlte unter den Kissen herum. »Gehört dir.«
Duck warf
sich auf das Bett des toten Jungen und legte sich seinen Unterarm über die
Augen.
»Im
Badezimmer liegt ein Beutel Spritzen, aber der Bursche hatte Diabetes, also reg
dich nicht
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