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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Enss
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Dokumente in den Händen der Erpresser relativierte sich die Höhe der Forderung. Unklar blieb, was die Erpresser mit der Lasergravur und Zertifizierung der Brillanten zu erreichen hofften. Wollten sie damit Sicherheit für deren Echtheit erlangen? Das wäre naiv, denn Gravuren und Zertifikate konnte man sicherlich auch fälschen. Vielleicht hatten sie keine Fachkenntnisse über Diamanten und wollten sich so absichern. Niemand in der Runde außer Hoover konnte Posslings Frage beantworten, ob sich zertifizierte Brillanten überhaupt verkaufen ließen, wenn sie weltweit als Diebesgut gelistet wären. Und Hoover blieb allgemein: „Alles, was wertvoll ist, lässt sich auch verkaufen.“
    Alice vertrat die Meinung, dass die Erpresser hinsichtlich der Brillanten genau wüssten, was sie taten. Offenbar hatte niemand einen Fehler oder Widerspruch in der Beschreibung der Forderung gefunden. Aber zu Alices Verblüffung war bisher kein Diamantenexperte befragt worden. Zum Beispiel auch darüber, ob man die Brillanten in der beschriebenen Qualität und Menge überhaupt in kurzer Zeit beschaffen konnte. Und was würde es über PRIM aussagen, wenn die Zeit bis Ende August knapp, aber gerade noch sicher ausreichend war? Und würden PRIM den Termin verlängern, wenn erkennbar würde, dass die Gegenseite ihn nicht einhielt? Auf Alices Anregung hin wollte sich McFarlane schnellstens um das Zusammenkommen von Beagle mit einem Experten kümmern. Er sagte, dass bisher niemand die Forderung auch nur im Entferntesten ernst genommen hatte, und dass sie deshalb nicht weiter beachtet worden war. Wer denn dann der Wert der Steine mit etwa hundert Millionen Dollar beziffert habe, wollte Alice wissen. McFarlane konnte es nicht sagen, aber Charles Moore nannte Samantha Krienitz.
    Hoover hielt sich bedeckt und sagte, dass er sich vor einer substantiellen Bewertung die Details des Falles erst noch genauer ansehen müsste. Er fand die Wiederholungen in den PRIM-Mails bemerkenswert, und ebenso die Zurückhaltung bei der Formulierung der Drohung. Normalerweise erhöhten Erpresser in fortlaufenden Mitteilungen den Druck. Nicht so PRIM, jedenfalls nicht in ihren Texten. Bei PRIMs erster Meldung konnte die First Lady ja noch in dem Glauben gewesen sein, dass die Erpresser - vielleicht durch Zufall - nur eine Mail besaßen und blufften. Bei der zweiten musste sie sich gefragt haben, ob die Erpresser vielleicht doch im Besitz mehrerer Mails waren. Bei der dritten Mail war das fast eine Gewissheit. Vielleicht hatten sie den gesamtem Mailaustausch. Die Verhinderung der Veröffentlichung, die ja nicht einmal garantiert war, konnte niemals den Einsatz von hundert Millionen Dollar rechtfertigen. Aber nun kamen entschlüsselte Geheimdokumente, die objektiv gesehen viel schwerwiegendere Folgen bei einer Veröffentlichung hätten. Mit den Mailkopien wollten PRIM also wahrscheinlich nur sicher gehen, dass der Präsident persönlich involviert wurde und ein Interesse daran haben musste, den Forderungen PRIMs nachzugeben. Hoover war ziemlich sicher, dass PRIM in nächster Zeit weitere Dokumente schicken würden, deren Veröffentlichung immer weniger riskiert werden durfte.
    Längere Zeit wurde über die Verfolgung der Mails im Netz diskutiert. McFarlane projizierte eine Weltkarte auf die Bildwand, auf der die bislang festgestellten Wege der ersten drei Mails in unterschiedlichen Farben angezeigt wurden. Alice hatte die Dateien mit den Beschreibungen über die bisherigen Verfolgungen zwar auf dem Beagle-Server gefunden, aber keine Zeit zum Durchlesen gehabt. Sie hielt sich deshalb zurück und beantwortete lediglich Fragen, die direkt an sie gerichtet wurden. Der Secret Service und das FBI hatten unabhängig voneinander versucht, den Weg bis zum Urheber der Mails zurückzuverfolgen. Beide waren jeweils bis zum gleichen Punkt gelangt, jedes Mal auf Server im Ausland, aber dann auf eine undurchdringliche Mauer gestoßen. Das FBI hatte in allen drei Fällen Leute losgeschickt, um zusammen mit lokalen Kräften den Faden von dort auf weiter aufzurollen. Diese Arbeiten dauerten an, bislang ohne jedes Ergebnis.
    „Wir gehen davon aus, dass Sie und die NSA uns hier unterstützen werden, Miss Lormant“, sagte Wheelwright zu Alice und beugte sich dabei weit über den Tisch, als ob er ihre Zusage sicherstellen wollte.
    „Das werden wir tun“, antworte sie, „sobald Beagle uns alle relevanten Daten zu den Mails zur Verfügung stellt. Die Karte zeigt typische Verlaufswege

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