Prime Time
hat.«
Die Stille wurde greifbar, das Publikum wartete, die Kameras summten. Der Highlander räusperte sich.
»Ich möchte darauf hinweisen«, sagte er, »dass wir uns das alles sehr gut überlegt haben. Die Leitung des Senders hat die Sache gründlich mit den Leuten aus der Produktion und vor allem mit Sebastian Follin besprochen. Unsere Entscheidung ist einmütig und von ganzem Herzen getroffen worden.
Michelle Carlsson war selbst eine der Initiatorinnen der Serie, sie hatte den Wunsch geäußert, auf diese Weise ihr Repertoire bei TV-Plus erweitern zu können, und natürlich haben wir ihren Vorschlag nur zu gern angenommen.«
Ein Reporter in der Nähe der Tür verließ den Raum. Der Highlander bemerkte es und verlor für einen Moment den Faden.
»Wir sind sehr stolz auf die Sendereihe«, sagte er lauter als zuvor, als wolle er über den Saal hinaus gehört werden und auch die erreichen, die nicht zuhören wollten. »Wir haben die volle Gewissheit, dass Michelle es so gewollt hätte. Sie hätte sicher nicht gern mit angesehen, dass ihre letzte Produktion im Papierkorb landet, ihre letzte Arbeit vergebens gewesen ist. Wir haben diesen Entschluss für Michelle getroffen.«
»Ja, und ich bin der Kaiser von China«, sagte einer der Männer vor Annika leise zu seinen Kollegen.
»Irgendwie hat er doch Recht«, sagte ein anderer. »Ich glaube schon, dass Michelle die Ausstrahlung gewollt hätte.«
»Okay, kann sein«, sagte der erste, »aber nicht zwei Wochen vor der Beerdigung. Etwas Anstand kann man doch selbst von einem Fernsehsender erwarten.«
»Bereits jetzt«, fuhr der Highlander auf der Bühne fort, »sind wir auf der Suche nach einer würdigen Nachfolgerin für Michelle Carlsson, einer Moderatorin, die die
Frauencouch
in ihrem Sinne weiterführen wird. Das ist eine schwere Aufgabe für uns alle, aber wir wissen, Michelle hätte nicht gewollt, dass ihre Kreation, die Sendung, die sie zu einer der treffsichersten innerhalb der Zielgruppe gemacht hatte, ihr ins Grab folgt.«
»Jetzt ist aber mal Schluss«, sagte der dritte Mann vor Annika.
Im nächsten Augenblick entdeckte Annika Q an der Tür.
Ihr Atem stockte, sie wollte rufen, fiel fast herunter.
Der Kommissar bahnte sich einen Weg zur Bühne, murmelte entschuldigende Worte an Schultern, die erstaunt zur Seite wichen. Drei uniformierte Polizisten folgten ihm schweigend und steif. Die Stimmung im Raum veränderte sich, Unruhe entstand, die Menschen murmelten und scharrten mit den Füßen. »Jetzt«, fuhr der Highlander fort, dem die Turbulenzen im Saal nicht auffielen, »möchte ich Wort und Bild Michelles engstem Freund und Mitarbeiter überlassen: Sebastian Follin.«
Anne Snapphane starrte auf den Monitor. Dort sah sie Sebastian auf der Bühne vortreten, seine Stirn glänzte im Scheinwerferlicht. Die Kamera zoomte auf sein Gesicht, um den Mund zuckte es leicht und erwartungsvoll.
Lampenfieber. Seine Bewegungen versuchten, dem Ernst der Stunde gerecht zu werden, aber in seinem Blick lag ein Glühen, das nur echte Begeisterung hervorruft. Der Mann räusperte sich, faltete ein Blatt auseinander, rückte seine Brille zurecht und beugte sich zum Mikrofon vor. Im nächsten Augenblick begann das Fernsehbild zu flattern.
Sebastian Follin ließ den Blick über die Versammlung schweifen.
»Meine Freunde«, begann er, aber die Kamera hatte ihn bereits verlassen und war über den Saal geschwenkt.
Die Live-Sendung wurde vom Regieraum neben Annes Schneideraum gesteuert. Der von außen angeheuerte Sendeleiter wechselte die Kamera, und die Perspektive veränderte sich. Plötzlich konnte sie Annika sehen, die oben in einer Fensternische hockte und sich krampfhaft an einem Sims festhielt. Es wurde lauter, die Leute schienen immer aufgeregter und abgelenkt zu sein. Was war denn los?
Vor Annes Füßen schlug ein Band an, sie hörte das Geräusch, beschloss aber, es zu ignorieren.
Jetzt übernahm Kamera drei mit einer Totalen, die den ganzen Konferenzsaal zeigte. Die Menschen waren eine schwarze Masse mit auf und nieder tauchenden Köpfen, und irgendjemand bahnte sich einen Weg durch die Menge.
Das war Q ja, verdammt, er war gekommen.
Anne beugte sich zum Monitor vor, Erleichterung breitete sich in ihr aus.
Q war da, jetzt war bald alles vorbei.
Sie sah konzentriert auf den Bildschirm. Stefan stand ganz hinten, Mariana und Carl Wennergren konnte sie genauso sehen wie Karin Bellhorn, rechts von der Bühne.
Der Sendeleiter ging zurück auf eine Kamera, die
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