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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die ganze Nacht so viele Leute hier rumgelaufen wären.« Er gab nicht klein bei, dieser Polizist, das konnte man wohl sagen.
    »Hier sind keine Leute rumgelaufen«, sagte Gunnar Antonsson im Brustton der Überzeugung. »Ich bin für den Abbau der Drehorte verantwortlich, ich habe das Verpacken und die Sicherung der Ausrüstung überwacht und hinterher abgeschlossen.«
    Der Kommissar nickte nachdenklich.
    »Eines wundert mich«, meinte er. »Wie ist Michelle dann reingekommen? Und der Mörder?«
    Gunnar Antonsson starrte den Polizisten an. Die Erkenntnis ließ alles Blut in die Füße sacken.
    »Sie glauben doch wohl nicht, dass ich …«
    »Glauben kann man in der Kirche«, sagte der Polizist.
    »Gibt es noch mehr Schlüssel außer Ihrem?«
    Antonsson schüttelte stumm den Kopf.
    »Haben Sie dafür eine Erklärung? Wie sind sie in den verschlossenen Regieraum gekommen? Und wie hat der Mörder hinter sich abgeschlossen?«
    Der verantwortliche operative Techniker Antonsson schob mit einer festen und hölzernen Bewegung die Hände in die Hosentaschen. Instinktiv angelte er nach dem schweren Schlüsselring in der linken Tasche, fand ihn nicht und erinnerte sich, dass der Polizist ihn hatte.
    Doch im nächsten Augenblick wusste er genau, wie das möglich gewesen war. Er starrte dem Polizisten ins Gesicht und meinte dort Arroganz und Böswilligkeit zu sehen.
    »Ja, darüber können Sie mal ruhig nachdenken«, sagte er und ging zurück in den Regen.
    Fast alle Passagiere stiegen auf Grinda, Boda oder Puttisholmen aus. Alle, die dann noch an Bord waren, würden nach Gällnö fahren. Er meinte, einige von den Leuten wiederzuerkennen, sah aber dennoch zu Boden, wenn sie zu ihm herüberschauten. Als Söderby Gård durch Dunst und Regen zu erkennen war, hatte er langsam das Gefühl, sich eine Erkältung eingefangen zu haben. Die Szenerie, die aus den Regenböen auftauchte, war ihm so unglaublich vertraut.
    Fast ein Jahr lang war er nicht hier gewesen, und doch kannte er jeden Busch am Ufer, die Anordnung eines jeden Hauses, jedes rostige Dachblech. Der Schuppen links vom Anleger war immer noch nicht gestrichen, der Rost am Bootsschuppen zur Rechten war schlimmer denn je. Die Farben reichten von Grau nach Grün und Braun – genau wie immer, wenn es regnete. Nur das blaue Schild der Straßenmeisterei mit Verhaltensregeln durchbrach dieses Schema. Er holte tief Luft und war plötzlich voller Erwartungsfreude und Nostalgie.
    Es würde trotz allem sehr schön werden.
    Er weckte die Kinder, die froren und quengelig waren.
    Plötzlich hatte er ein schlechtes Gewissen. Annika sorgte immer dafür, dass die Kinder warm und trocken waren. Er nahm sie beide auf den Arm, trug sie zur Cafeteria herunter und ließ sie dort warten, während er ihre Sachen auf den Anleger verfrachtete.
    Als sie schließlich über den Kiesweg durch das Dorf gingen, ließ der Regen langsam nach. Er hatte den Kindern ein Eis gekauft, um sie zu beruhigen, weshalb er sie von Kopf bis Fuß würde umziehen müssen, wenn sie ankamen, aber das war ihm egal. Die Grenze für das, was er schaffen konnte, würde bald erreicht sein. Und seine Erleichterung war groß, als das große, rot gestrichene Holzhaus seiner Eltern gleich neben dem Laden in Sicht kam.
    »Thomas, Thomas, wie schön, wir haben schon gewartet, warum kommt ihr denn so spät?«
    Seine Mutter eilte mit ungelenken Schritten die Treppe herunter. Den Mantel hatte sie über die Schultern geworfen und nur den obersten Knopf geschlossen.
    »Denk an deine Hüfte, Mama, fall jetzt nicht hin!«
    Seine Mutter nahm seinen Kopf in ihre Hände und küsste ihn auf beide Wangen.
    »Wie kalt du bist.«
    Dann schaute sie sich um.
    »Aber wo ist denn Annika?«
    Thomas nahm Anlauf, presste die Lippen aber einen Augenblick zusammen, ehe er antwortete.
    »Sie muss arbeiten.«
    Seine Mutter war ehrlich erstaunt.
    »Arbeiten? Heute? Nein, das kann doch nicht wahr sein!«
    »Es tut mir Leid, dass wir so spät dran sind, aber das einzige Boot, das ich kriegen konnte, war die
Norrskär,
und es gab so viel zu schleppen.«
    Plötzlich fühlte er sich unglaublich niedergeschlagen und allein gelassen. Verdammte Annika.
    »Aber mein Guter, hast du das alles den ganzen Weg hierher geschleppt? Komm, ich helfe dir.«
    Ellens Eis war geschmolzen und fiel auf den Weg. Das Mädchen streckte sich danach und weinte.
    »Das Zelt habe ich nicht dabei«, sagte Thomas, »ich müsste mal reinkommen und die Kinder umziehen. Können wir irgendwo

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