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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Bie übernehmen und dann wie jedes Jahr im Sommer den Ministerpräsidenten draußen auf Harpsund interviewen.
    Mach’s gut und viele Grüße.«
    Annika wandte sich ab, der Stein in ihrer Brust drehte sich einmal um seine Achse. Sehnsucht erfasste sie wieder und vermischte sich mit dem Gefühl der Erniedrigung.
    In ihrer Heimatstadt war man von ihrer Arbeit, ihrer Karriere und ihren Ambitionen nicht beeindruckt.
    Man bemitleidete sie.
    Gunnar Antonsson erhob sich langsam von seinem Bett in dem stickigen Zimmer im Südflügel und sah auf die Uhr.
    Kein Wunder, dass er Hunger hatte. Er holte seine kleine französische Kaffeemaschine, ging zum Waschbecken und spülte den Kaffeesatz aus. Dann füllte er frisches Wasser in den Wasserkocher und tat vier Löffel Kaffeepulver in die Kanne. Während das Wasser zischte, schaute er aus dem Fenster und betrachtete die zarten Kronen der Laubbäume und hinter dem Regen das undurchdringliche Grau des Himmels.
    Als der Kocher sich ausgeschaltet hatte, schüttete er das heiße Wasser in die Kanne, drückte den Filter herunter und goss sich Kaffee in ein Zahnputzglas. Er nahm einen Schluck und besah sich im Spiegel über dem Waschbecken. Die Hand brannte, er stellte das Glas ab, das auf dem Porzellan klirrte.
    Dann strich er sich übers Kinn und fühlte die Stoppeln schaben. Eigentlich musste er sich rasieren.
    Eigentlich müsste er jetzt mit dem Bus auf dem Weg nach Dalarna sein. Dort sollten sie zu Mittsommer eine Sendung in dem stillgelegten Kalkwerk Dalhalla aufzeichnen, ein großes Opernkonzert mit Werken von Wagner, Alfvén und Beethoven.
    Er hatte sich auf das Konzert gefreut, nicht nur weil es dem Betrieb willkommene Einnahmen bringen würde, sondern weil er Wagner liebte.
    Michelle Carlsson mochte Opern auch, musste er plötzlich denken. Sie wäre gern mitgefahren, um das Konzert live zu erleben. Der Gedanke war seltsam erregend. Er begegnete seinem Blick, ohne sich jedoch wirklich zu sehen. Stattdessen sah er die weißen Beine, das sorgfältig gestutzte Haarbüschel im Schoß, die Feuchtigkeit, die immer noch zwischen den Schenkeln glitzerte. Er spürte, wie sein Glied erwachte, und dann die Scham. Was machte er denn da?
    Seit 6 Uhr 12 am Morgen hatte er kein Auge zugetan. Da hatte er den Schlüssel in das Schloss vom Outside-Broadcast-Bus Nummer fünf gesteckt, die Tür aufgezogen und den seltsamen Geruch bemerkt. Noch nie in seinem Leben hatte er so etwas gerochen. Süß, sauer, eklig – alles gleichzeitig.
    Das Absurde der ganzen Situation wurde ihm erst klar, als er die Tür schon geöffnet hatte und der Geruch ihn in seiner Unerträglichkeit umgab. »Wieso wollt ihr hier rein, und was wollt ihr alle hier?«, hatte er die Gesichter hinter sich gefragt, die ihn mit glasigen Augen und mehr oder weniger betrunken ansahen.
    »Wir müssen mit Michelle reden«, hatte der kleine Vertrocknete gesagt, dieser Manager. Er hatte versucht, sich vorbeizudrängen, aber Gunnar hatte sich ihm in den Weg gestellt.
    »Hier im Bus ist schon alles weggeräumt und verpackt«, hatte er gesagt. »Hier hat keiner mehr was zu suchen.«
    »Aber Michelle ist da drin«, sagte Anne Snapphane, und wenn Anne Snapphane redete, dann hörte er hin.
    »Kann gar nicht sein. Ich hab doch eben erst aufgeschlossen.«
    Er stand da, verschlafen, gerade erst geweckt, in seiner Hose, dem offenen Hemd und in Schuhen ohne Strümpfe. Da begriff er, dass die anderen noch gar nicht im Bett gewesen waren. Sie hatten ihn geweckt, damit er den Bus aufschloss.
    Erst da wurde er wütend.
    »Was wollt ihr eigentlich?«, fragte er. »Was ist das hier für ein Blödsinn?«
    Er hatte die Schlüssel in die linke Hosentasche zurückgesteckt und spürte die wohlbekannte Schwere an der Leiste, die Spitzen des Metalls durch das Taschenfutter. Er hatte den letzten Schritt in den Regieraum gemacht, ins Halbdunkel geblinzelt, Der schmale Gang zum Produktionsbereich wurde von ein paar Monitoren schwach erleuchtet, rechts die Sicherungskästen, die Elektronik, er hatte reingeschaut und die CCUs kontrolliert, hatte die Tür zum Technikgang aufgemacht, in den VB-Raum geschaut, hatte den Blick über die Betas, die Digibetas, die VHS, alle Aufnahmegeräte schweifen lassen. Alles verpackt und gesichert.
    Dann war er wieder in den Gang hinausgetreten und hatte Anne Snapphane in der Türöffnung gesehen, die anderen drängelten sich hinter ihr.
    »Also, Gunnar, Darling, es regnet in Strömen«, hatte sie gesagt, und es war ihm schon immer

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