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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Order gestanden, der jetzt nicht mehr an seinem Platz ist.« Er ging weiter und deutete ein zweites Mal auf ein Regal. »Und hier fehlt ein zweiter Ordner.«
    »Sie meinen …«
    »Richtig«, bestätigte Böhnke. Er wusste wieder, wie sein ehemaliger Mitarbeiter tickte. »Hier war jemand und hat zwei Ordner entnommen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was ich denke?«
    »Nein.« Landmann und Elisabeth von Sybar waren in dem Büro gewesen. Diese Antwort lag wohl auf der Hand. Die spannendere Frage lautete, worin bestand der Inhalt der beiden Ordner?
    »Das werden wir jetzt nicht herausbekommen«, sagte Böhnke. Er schaute sich ein letztes Mal um und ging zum Ausgang. »Und jetzt werfen wir noch einen Blick in das Büro meines Auftraggebers. Kommen Sie, Herr Hamacher!«
    »Wie bitte?« Erstaunt eilte Hamacher hinter Böhnke her, der ohne Zaudern das Schloss zu Heinrich von Sybars Büro öffnete.
    Geradezu ehrfürchtig folgte der verblüffte Wachmann dem Kommissar in den Raum.
    An ein Büro fühlte sich Böhnke bei von Sybars Reich nicht gerade erinnert, sondern an ein Wohnappartement der gehobenen Klasse. Das Deckenlicht brannte, wie Böhnke feststellte.
    »Das ist so eine Marotte vom alten von Sybar«, klärte ihn Hamacher auf. »In seinem Büro muss immer das Licht brennen, egal, ob er da ist oder nicht.«
    Eine gemütliche Sitzgarnitur mit einem Tisch, eine breite helle Wand, vor der dekorativ nur ein massiver, wahrscheinlich uralter und deshalb höllisch teurer Schrank aus Eiche stand, ein dunkelblauer Teppich auf hellem Parkett, es fehlte nichts, um sich in diesem Raum wie in einem Wohnzimmer zu fühlen, nicht einmal ein breiter Schlafsessel, aus dem heraus ein Blick durch die Fensterfront gen Osten ebenso möglich war wie auf den großen Flachbildschirm, der an der Wand hing. Einen Schreibtisch oder einen Computer konnte Böhnke nicht sehen, allerdings ein altes Schreibpult, auf dem aufgeklappt ein in Leder gebundenes Buch lag.
    Ungeniert blickte Böhnke auf die aufgeschlagene Seite und las zu seiner Verwunderung eine handschriftliche Aufzeichnung, datiert auf den Tag, an dem der Seniorchef von Sybar bei ihm war. ›Treffen mit Böhnke positiv. Hat sich Bitte angehört und erledigt Auftrag‹.
    »Das ist wohl der beste Beweis, dass ich Ihnen nichts vorspiele, Herr Hamacher«, meinte Böhnke mit dem Hinweis auf die Sätze.
    Hamacher nickte stumm. Es fiel ihm schwer zu verstehen, wieso einem nicht zur Familie gehörenden Mann der Zutritt zum Allerheiligsten gewährt wurde, in dem der Seniorchef ausschließlich seine Tochter und seinen Schwiegersohn als Gesprächspartner begrüßte.
    Böhnke blätterte zurück und erkannte sofort, dass es sich bei dem Buch um eine Art Tagebuch von Heinrich von Sybar handelte. Die erste Seite ließ ihn erkennen, dass es sich um Aufzeichnungen handelte, die am 3. Februar dieses Jahres begonnen hatten.
    »Das spricht dafür, dass es ein Fortsetzungsband ist«, dachte Hamacher laut und schaute sich suchend um. Mit einer Mischung aus Zustimmung und Ablehnung betrachtete er Böhnke, der sich an den Schranktüren zu schaffen machte.
    Wie fast nicht anders möglich, fand Böhnke dahinter aneinandergedrängt knapp 20 Kladden wie die auf dem Schreibpult. Der Griff zur ersten machte deutlich, was der alte von Sybar bezweckt hatte. ›Mit dem Ausscheiden aus der aktiven Firmenleitung werde ich mich jetzt meinem Tagebuch widmen und von nun an notieren, was sich in unserem Betrieb tut, damit später nachgeprüft werden kann, ob meine Entscheidung zum Rückzug richtig war oder falsch‹, las Böhnke. Datiert war der erste Eintrag auf einen Tag vor etwas mehr als zehn Jahren.
    »Das war der Tag nach seinem 65. Geburtstag«, ließ sich Hamacher vernehmen. »Ich weiß das so genau, weil es an diesem Datum zum 75. ein großes Firmenfest gab.«
    »Aha«, bemerkte Böhnke nichtssagend. Er verschloss den Schrank wieder und griff zu dem Buch auf dem Schreibpult. »Das wird eine schöne Sonntagslektüre«, erklärte er Hamacher. »Sie haben doch nichts dagegen, dass ich es mitnehme?«
    Der Wachmann zögerte, bevor er sich entschied. »Nein, natürlich nicht. Sie sind ja im Prinzip der Vertreter vom alten von Sybar, Chef.«
    Böhnke lächelte. »Und wir waren nicht hier oben, nicht wahr?«
    »Richtig.« Hamacher nickte beflissen. »Ich weiß gar nicht, dass Sie hier waren, Chef. Ist doch Ehrensache.«
    Und eine Sache der Loyalität, dachte sich Böhnke, während er nach seinem Handy griff, um Lieselotte

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