Printenprinz
und setzte sich neben Böhnke. »Ich hoffe, er ist nicht zu stark, Chef.«
Böhnke schlürfte an dem dampfenden Getränk. Sein Blick fiel auf den Teller mit Printen und auf die beiden Boulevardblätter auf dem Tisch. Hamacher hatte die Seiten aufgeschlagen, auf denen über den Tod von Peter von Sybar geschrieben wurde. Erstaunlicherweise hatten sowohl die Boulevardzeitung aus Köln als auch das bundesweite Blatt die gleichlautende Überschrift ›So starb Pitter III.!‹
»Darf ich?«, fragte Böhnke.
Hamacher nickte zustimmend. »Lohnt sich aber nicht. Da steht nicht mehr drin als wie in den Aachener Nachrichten.«
Und damit nicht mehr als in der Aachener Zeitung, denn beide Blätter wurden, wie Böhnke wusste, in derselben Redaktion hergestellt. Doch die Bilder interessierten Böhnke. In einem der Blätter war die Seite komplett mit einem Motiv unterlegt, das bei dem anderen das Aufmacherbild war. Es zeigte Feuerwehrleute, die sich über das Wrack beugen, in denen offensichtlich von Sybar noch eingeklemmt war.
»Wie kommen die an diese Bilder?«, fragte er verblüfft. »Beim WDR und in der Zeitung haben sie doch gesagt, man dürfte sich dem Einsatzort nicht nähern.«
Hamacher grinste und rieb wieder die Finger gegeneinander. »Irgendeiner hat die Aufnahmen mit seiner Handykamera gemacht und meistbietend verscherbelt. Aber viel ist sowieso nicht zu erkennen. Es heuchelt uns nur Dramatik vor, die es gar nicht gegeben hat und nur die Schaulust befriedigt.«
Weitere Bilder zeigten Peter von Sybar im Porträt und in seinem früheren Prinzenkostüm. Die Texte waren keineswegs aufschlussreich. Böhnke spürte, dass die Textredakteure keine Informationen hatten, also begaben sie sich ins Reich der Spekulation und der Fantasie.
Das Kölner Boulevardblatt sorgte sich um den weiteren Verlauf der jungen Session: ›Können die Jecken überhaupt noch feiern?‹ und ›Wird es ein neues Dreigestirn geben?‹ lauteten die Fragen, auf die es nur eine knappe, nichtssagende Antwort eines nicht namentlich genannten Karnevalsfunktionärs gab: ›Noch trauern wir geschlossen um Prinz Pitter III. Wie es weitergeht, werden die nächsten Wochen zeigen.‹
›Was machte Prinz Pitter privat in Köln?‹, fragte die Zeitung mit den vier Buchstaben.
»Blöde Frage«, kommentierte Hamacher, »die hätten nur mal vernünftig recherchieren müssen. Der hat sich am Donnerstagabend ordnungsgemäß bei mir verabschiedet, wie immer seinen Schlüssel abgeliefert und mir gesagt, dass er zu einer Veedelssitzung fährt.«
»Allein?«
»Gute Frage«, lobte Hamacher, »aber nicht gut genug, um sie zu beantworten.« Er nippte am Kaffee. »Also, Chef, was treibt Sie hierher?«
Böhnke schaute nachdenklich in die Pfütze in seiner Tasse. Er hatte Hamacher stets als loyal und aufrichtig gekannt, der seine Meinung äußerte und das Rollenverhältnis akzeptierte. Wahrscheinlich würde er sich nicht geändert haben.
»Sind Sie loyal, Herr Hamacher?«
»Chef, immer gewesen, wie Sie wissen. Deshalb bin ich jetzt auch loyal. Aber nicht Ihnen gegenüber, wenn Sie wissen, was ich meine.« Er schaute Böhnke entschlossen an.
»Wem gegenüber sind Sie loyal? Peter von Sybar ist tot.«
»Aber Heinrich von Sybar nicht, auch wenn er von der Bildfläche verschwunden ist und niemand weiß, wo er ist. Das ist mein Chef und nur ihm habe ich Rechenschaft abzulegen.«
Böhnke pflichtete ihm bei. »Ich wollte Sie nicht in einen Gewissenskonflikt bringen. Ich will nur wissen, woran ich bei Ihnen bin.«
»Versteh ich nicht«, sagte Hamacher erstaunt. »Worauf wollen Sie hinaus?«
Der Pensionär zauderte. Wenn er Hamacher richtig einschätzte, ging er nur ein geringes Risiko ein, wenn er Glück hatte, würde er einen verlässlichen Mitstreiter gewinnen. Er kramte von Sybars Bescheinigung aus der Innentasche seiner Jacke. »Ich habe vor wenigen Tagen mit Ihrem Chef gesprochen. Lesen Sie!«
Hamacher ließ sich Zeit. Ohne Regung las er mehrmals den Text. Dann pustete er durch und staunte Böhnke an. »Das is ’n Ding, Chef. Sie sind ja im Prinzip jetzt so was wie der Generalbevollmächtigte.«
»Kann man sagen«, meinte Böhnke, auch wenn er wusste, dass diese Folgerung nicht unbedingt den Tatsachen entsprach. »Aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn das zunächst unser Geheimnis bleibt. Kann ich darauf bauen?«
Wieder grinste Hamacher. »Sie haben doch eben von Loyalität gesprochen, Chef. Oder etwa nicht?« Er reckte sich, erhob sich und trug die leeren
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