Printenprinz
damit oberste Stockwerk. »Hier finden Sie alles, was Sie über die Printenfabrik von Sybar brauchen. Das Archiv, die Finanzabteilung und die Büros der Führungsspitze.« Er winkte Böhnke nach rechts auf den Flur. »Zur Straße hin haben Landmann und der Junior ihre Büros. Dazwischen liegt das von ihnen gemeinsam genutzte Sekretariat. Gegenüber gibt es das Sekretariat des Seniors und sein eigenes Büro. Aber, wie gesagt, das Schloss zu diesem Raum kann nur der Boss alleine öffnen. Das Sekretariat steht im Prinzip leer, weil er keine Sekretärin mehr braucht. Den Raum nutzen die ab und zu für Konferenzen.«
»Und was ist mit Elisabeth von Sybar, gehört die nicht zur Firmenleitung? Hat die kein Büro?«
Hamacher betrachtete Böhnke zweifelnd. »Die soll lieber die Finger vom Betrieb lassen. Die hat keinen blassen Schimmer, wie der Laden funktioniert. Elisabeth ist Tochter von Beruf und für diesen Beruf braucht sie keinen Schreibtisch.«
Der Pensionär schwieg dazu. Er beobachtete Hamacher, wie dieser eine Bürotür aufschloss.
»Dann wollen wir einmal eintreten in das Reich von Landmann. Nach Ihnen, Chef!«
Langsam trat Böhnke in den großen Raum, dessen breite Fensterfront einen schönen Ausblick über die Dächer der gegenüberliegenden Gebäude erlaubte bis hin zu den Wäldern, die sich weit hinter der Stadt auf den Höhen von Südlimburg erstreckten. Das Büro wirkte aufgeräumt, auf dem gläsernen Schreibtisch mit Laptop und Telefonanlage lag kein Papierfitzelchen herum. Die Türen der modernen, weißen Schränke waren geschlossen. Es wirkte, als befänden sie sich im eleganten Musterraum einer Büromöbelmesse.
»Kühl und nüchtern«, bemerkte Böhnke.
»Das trifft den Kern, kühl und nüchtern, genauso wie Landmann auftritt, Chef.« Aber das sei auch die Schule des Alten, wenn die Büros so leer aussähen. »Alles was abends bei Feierabend noch auf dem Schreibtisch liegt, ist unerledigte Arbeit. Also verlässt keiner das Büro, bevor er nicht alles abgehakt hat.«
Zufriedenstimmen konnte ihn das Ergebnis dieser Besichtigung nicht, sagte sich Böhnke. Aber was hatte er erwartet? »Sehen die anderen Büros von den von Sybars genauso aus?«
»Wie das vom Senior aussieht, weiß ich nicht. Der lässt ja keinen hinein. Beim Junior sind die Regale offen. Der stellt alle seine Aktenordner zur Schau.« Hamacher verschloss die Tür und näherte sich der übernächsten. Wieder fuhrwerkte er am Türschloss. »Und nun hineinspaziert ins Reich von Peter von Sybar beziehungsweise ins ehemalige Reich.«
»Was hielten Sie von ihm?«, fragte ihn Böhnke, während er langsam in dem Raum trat.
»Der war in Ordnung. Immer freundlich und höflich, aber bestimmt in der Sache. Der wusste, was er wollte, und wer nicht mit ihm an einem Strang zog, der suchte sich besser einen anderen Job, der nicht in von Sybars Einflussbereich lag. Deshalb hat es firmenintern immer wieder Versetzungen gegeben. Von Sybar hat nie einen rausgeschmissen, nur weil ihm dessen Nase nicht gefiel. Das war ein guter Chef, wenn auch anders als wie Sie.«
Der Blick ins Freie ähnelte dem aus Landmanns Büro. Doch stellte sich die Einrichtung ganz anders dar. Hinter einem großen Schreibtisch aus schwarzem Klarlack stand ein imposanter Schreibtischsessel aus schwarzem Leder. Statt mit einen flachen Laptop arbeitete von Sybar mit einem Rechner. Das Gerät war rechts an der Seite des Schreibtischs aufgestellt worden, gleich zwei Flachbildschirme standen auf der Platte. Hinter einer Gesprächsecke mit einem Couchtisch und zwei Sesseln, die Böhnke ein wenig an sein früheres Büro erinnerten, erstreckte sich entlang der breiten Kopfseite des Raumes ein wandhohes Regal. Schwarze Aktenordner reihten sich aneinander in einer Systematik, die Böhnke nicht durchschaute. Mal waren die Ordner nummerisch, dann alphabetisch sortiert, dann wieder mit Zeichen versehen.
»Blicken Sie da durch?«, fragte er Hamacher.
Der Wachmann lachte nur: »Da versteh ich nichts von. Ich behaupte einmal, die Ordner mit den Zeichen, die haben was mit Karneval zu tun. Das sind so typische Karnevalssymbole wie Pappnase, Clownsgesicht oder Tröte.«
Darauf hätte er selbst kommen können, schimpfte Böhnke mit sich.
»Darauf hätten Sie selbst kommen können, Chef«, gab Hamacher kritisch zu bedenken. Er beobachtete Böhnke, der an der Regalwand entlangging und dann stehen blieb. »Sehen Sie, Herr Kollege«, er deutete auf die Ordner. »Hier ist eine Lücke. Hier hat ein
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