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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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und Quittung, offiziell natürlich kostenlos. Die Kleinigkeiten machten es aus, darauf achteten die großen Veranstalter sowie die Fernsehanstalten. Die Begeisterung des Publikums war der einzige Gradmesser, da konnte man schnell aus dem Kreis der Großverdiener rausrutschen, wenn man das Publikum nur ›gut‹ unterhielt, aber nicht zur Raserei brachte. Die tumben Typen im Publikum in einer Schulaula oder in einem Sportlerheim bekamen die Feinheiten gar nicht mit, sie bemerkten auch nicht, wenn er sein Programm spontan veränderte oder daran feilte.
    Wenig begeistert hatte er bei einem der Auftritte die stolz verkündete Mitteilung vernommen, dass Prinz Pitter III. in Zivil im Saal saß. Doch während er routiniert seine Witze riss und dabei auf die Wirkung bei den Zuhörern achtete, kam ihm eine Idee, wie er auf einen Schlag alle seine Probleme, die er mit von Sybar hatte, lösen könnte. Es war ganz einfach, wenn die anderen mitmachen würden. Während seines Auftritts schaute er suchend durch die Reihen, die Printe konnte er jedoch nicht ausmachen, vielleicht war von Sybar schon wieder abgehauen, dachte er sich. Aber einen Versuch würde es wert sein.
    Er schaute, dass er schnell von der Bühne kam, ganz zur Überraschung der nächsten Gruppe ›De Schluppe Juppe‹, die auf ihren Auftritt wartete. Die Musiker wären in der Session wahrscheinlich ganz groß rausgekommen, wenn es nicht den Prinzen aus Aachen gegeben hätte: Für zwei Bands war auf einer Bühne kein Platz. Und Prinz Pitter III. hatte seine Hausband dabei. Zugleich waren ›Schluppe Juppe‹ noch längst nicht so weit, um eine der großen Gruppen wie etwa ›Höhner‹, ›Bläck Fööss‹ oder ›Brings‹ auszustechen. Auf diese Hochkaräter konnte und wollte in Köln keiner verzichten. Da fielen die Kleinen häufig bei der Sitzungsgestaltung aus der Lostrommel.
    Das letzte Drittel seines eigentlichen Programms verkaufte Witze Fritze dem Publikum als Zugabe. Nachdem er seine ›Aufwandsentschädigung‹ kassiert hatte, wie er das Honorar nannte, sprach er noch kurz mit dem Manager der Musikgruppe über die Scheißsituation wegen von Sybar, dann eilte er zu seinem Wagen und fuhr nach Hause. Dort führte Schmitz ein Telefonat. Es war, wie er erkannte, gerade einmal 21 Uhr. Da blieb noch viel Zeit für die Verabredung und er würde es sogar schaffen, noch zwei Auftritte planmäßig wahrzunehmen. Aus Schmitz wurde dort wieder Witze Fritze; er brachte die Leute zum Lachen, während gleichzeitig nicht weit entfernt gestorben wurde.

    Ausgerechnet der Journalist eines Boulevardblättchens riss ihn aus den Träumen, er wollte von ihm eine Stellungnahme zum Tod des Printenprinzen und wie es weitergehe. Seine Freude über von Sybars Ableben konnte Schmitz schlecht ausdrücken, also beließ er es bei vagen Aussagen: Er bedaure, er werde mit dem Organisationskomitee reden, man werde die Trauer der Familie respektieren und einige Tage verstreichen lassen.
    Schmitz war klar, dass er nicht der einzige Karnevalsfunktionär war, der an diesem Tag gefragt werden würde, aber er war sich sicher, dass alle anderen ähnliche Bemerkungen machen würden. Immer wieder hörte er die Nachricht im Radio. Sicherlich wäre ihm lieber gewesen, von Sybar wäre nicht gleicht verreckt, aber nicht immer ließ sich das Absolute ausschließen, wenn nur das Relative beabsichtigt war. Es hätte ihm ausgereicht, wenn von Sybar schwer verletzt überlebt hätte, aber so schwer, dass er nicht mehr während der Session hätte auftreten können. Durch seinen Tod war eine neue Situation eingetreten, Schmitz würde dies ausnutzen, zum Wohle seiner Künstler und zum Wohle seines Kontos.
    In Gesprächen mit Kollegen, Künstlern, Agenten und Veranstaltern wurde vereinbart, an diesem Wochenende auf alle karnevalistischen Veranstaltungen als Zeichen des Respekts vor dem verstorbenen Prinz Pitter III. zu verzichten. In der nächsten Woche würde das Geschäft dann wieder laufen wie seit Jahr und Tag.
    Abends prostete Schmitz sich zufrieden mit einem Glas Kölsch zu: »Et hät noch immer jot jejange.« Und er würde jetzt auch wieder mehr für ›De Schluppe Juppe‹ tun können, gegen Honorar, verstand sich.

    Hermann Weinberg hätte am Freitagmorgen am liebsten lautstark jubiliert. Dass sich sein Mordgedanke so schnell verwirklichen würde, hätte er niemals geglaubt. Vor wenigen Tagen war ein Anschlag auf von Sybar noch graue Theorie gewesen, und jetzt war der Printenfabrikant tot. Damit waren

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