Prinz der Nacht
vergönnt. Hoffentlich erinnerte er sich daran, wenn er erwachte.
Sie führte ihn in eine Einkaufspassage, wo sie sich an einem Spielautomaten amüsierten. Danach aßen sie Junkfood, und Zarek erklärte, davon hätte er bisher nur online gelesen. Obwohl er niemals lachte, wirkte er in seiner Neugier wie ein Kind.
»Probier das mal«, sagte sie und reichte ihm einen kandierten Apfel. Wie sie ein paar Sekunden später merkte, war es gar nicht so einfach, mit spitzen Fängen kandierte Früchte zu essen. Als es ihm endlich gelungen war, einen Bissen hinunterzuschlucken, fragte sie erwartungsvoll: »Nun, wie schmeckt' s?«
»Gut. Aber dieses Experiment werde ich nicht wiederholen. Nicht gut genug, dass sich die Mühe lohnen würde.«
Belustigt warf sie den restlichen Apfel in einen Mülleimer. Dann brachte sie ihm Skee-Ball bei, ihr Lieblingsspiel, und er stellte sich erstaunlich geschickt an. »Wo hast du das gelernt, Zarek?«
»Ich lebe in Alaska, Prinzessin. In einem Land voller Schnee und Eis. Diese Bälle unterscheiden sich nicht allzu sehr von Schneebällen.«
Wie erstaunlich, dachte sie. Zarek tollte im Schnee herum? Unvorstellbar, das passte nicht zu seinem Charakter.
»Wen hast du mit Schneebällen beworfen?«
»Niemanden.« Er rollte noch einen Ball die Rampe hinauf, direkt ins mittlere Loch. »Früher warf ich Schneebälle auf die Bären, damit sie sich ärgerten und nah genug herankamen, sodass ich sie erlegen konnte.«
»Also tötest du kleine Bären?«
Zarek verdrehte die Augen. »Sei versichert, Prinzessin, die waren nicht klein. Im Gegensatz zu einem Hasen ergibt ein Bär mehrere Mahlzeiten, und man braucht nicht so viele Felle für einen Mantel oder eine Decke. Als es noch keine Geschäfte gab, musste ich mich von Bären ernähren, oder ich wäre verhungert.«
Wenn sie auch wusste, wie schwer es ihm gefallen war, in dieser Eiswildnis zu überleben, was sie da hörte, erschien ihr grauenvoll. Am liebsten hätte sie ihn wieder in die Arme genommen. »Wie hast du sie getötet?«
»Mit meinen Silberklauen.«
Astrid hielt entsetzt den Atem an. »Was, mit Klauen? Bitte, sag mir, dass es einfachere Methoden gab - einen Speer, Pfeil und Bogen, ein Gewehr?«
»Damals hatte man die Schusswaffen noch nicht erfunden. Und den Bären gegenüber wär 's unfair gewesen, so was zu benutzen. Aus der Ferne konnten sie mich nicht angreifen. Aber sie hatten Krallen, ebenso wie ich, also waren sie mir ebenbürtig.«
Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Eins musste man ihm zubilligen - er war ein guter Sportsmann. »Wurdest du nie verletzt?«
»Doch.« Zarek zuckte nonchalant die Achseln. Dann rollte er wieder einen Ball die Rampe hinauf. »Besser als Verhungern. Und ich bin an Blessuren gewöhnt.« Er warf ihr einen ironischen Blick zu. »Soll ich dir ein Bärenfell schenken, Prinzessin? Daheim habe ich eine ganze Sammlung.«
Diesen Vorschlag fand sie gar nicht witzig. Was er soeben erzählt hatte, trieb ihr beinahe Tränen in die Augen.
Beklemmende Visionen gingen ihr durch den Sinn - Zarek, mutterseelenallein und verwundet, schleifte einen Bären, der mindestens zehnmal so viel wog wie er selbst, durch den arktischen Schnee. Nur um seinen Hunger zu stillen. In seiner Hütte musste er seine Jagdbeute ausnehmen, häuten und kochen. Niemand half ihm dabei. Wie viele Tage hatte er ohne Nahrung ertragen?
»Was hast du im Sommer gemacht, Zarek, wenn es fast vierundzwanzig Stunden taghell war? So lange konntest du das Bärenfleisch nicht aufbewahren. Und du durftest dich nicht lange genug im Freien aufhalten, um irgendwas zu pflanzen und zu ernten.«
»Da habe ich gehungert und den Winter herbeigesehnt, Prinzessin.«
»Tut mir so leid ... «, flüsterte sie, den Tränen nahe.
In seinem Kinn zuckte ein Muskel, er wich ihrem Blick aus. »Nicht nötig. Deine Schuld ist es ja nicht. Außerdem war der Hunger nicht so schlimm wie der Durst. Den Göttern sei Dank für die Wasserflaschen ! Bevor es die gab, musste ich immer wieder Tage überstehen, an denen ich nicht zum Brunnen vor meiner Tür gehen konnte, obwohl das nur ein kurzer Weg ist.«
Er griff nach einem neuen Ball. Aber Astrid hielt seine Hand fest. Mit leicht geöffneten Lippen wandte er sich zu ihr.
Da umarmte und küsste sie ihn, wollte ihn wenigstens ein bisschen trösten.
Voller Leidenschaft presste er sie an seine Brust, und sie erwiderte seinen Kuss mit gleicher Glut, um ihn möglichst intensiv zu schmecken, um sich von seiner Kraft durchdringen zu
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