Prinz der Nacht
Eisbärenweibchen mit seinen Jungen. »Unglaublich ! «
»So etwas habe ich noch nie gesehen«, bemerkte Syra. »Irgendwie finde ich ' s nicht richtig, jemanden zu töten, der all die Jahrhunderte hier ausharren musste.«
»Und ich finde es nicht richtig, dass er weiterleben durfte, nachdem er all die Bewohner seines Dorfs niedergemetzelt hat«, konterte Allen.
Interessiert drehte Otto sich zu ihm um. Hätte Jess es nicht besser gewusst, hätte er geglaubt, der Mann würde überlegen, ob er Zarek tatsächlich beseitigen sollte. Ihre Blicke trafen sich. Nein, zweifellos ein Irrtum. Vermutlich war Otto aus anderen Gründen hierher geschickt worden. So wie er selbst.
»Okay, Leute, das hat Spaß gemacht«, sagte Bjorn. »Aber in Jess' und Syras Nähe schwinden meine Kräfte. Und wir müssen noch herausfinden, was die Daimon-Völkerwanderung bedeutet. Hat irgendjemand eine Idee?«
Alle schauten Syra an, die Älteste. »Was gibt' s?«, fragte sie.
»Haben Sie so was schon mal erlebt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Klar, ich hörte von Daimons, die sich zusammenrotteten. Vor ein paar Jahrhunderten, vor eurer Geburt, gab es Krieger-Daimons. Aber seit mindestens einem Jahrtausend ließ sich kein Spathi mehr blicken. Ich begreife das alles nicht. Ein Jammer, dass wir Acheron nicht erreichen. Sicher hat er einige Informationen.«
»Gehen wir.« Bjorn verließ von den anderen gefolgt die Hütte.
Ein letztes Mal schaute Jess sich um. Verdammt, er bemitleidete Zarek. Welch ein elendes Leben musste sein Freund in dieser tristen Hütte führen ! Vor allem im Sommer, bei dreißig Grad, in Holzwänden gefangen ... Kein Wunder, dass Ash sich um ihn sorgte.
Sechs Knappen gingen zu den SUVs und luden Benzinkanister aus.
»Was macht ihr?«, fragte Jess argwöhnisch.
»Wir räuchern ihn aus«, antwortete ein rothaariger Knappe. »Auch Sie wollen ihnjagen ... «
»Den Teufel will ich ! « Jess entriss ihm den Kanister und schleuderte ihn in den Wald. »Diese Hütte ist alles, was er auf dieser Welt hat. Ich erlaube euch nicht, ihm das wegzunehmen ! «
Allen grinste spöttisch. »Obwohl er diese Frau zusammengeschlagen hat?«
Mit schmalen Augen starrte Jess ihn an. »Das müssen Sie mir erst einmal beweisen.«
Ungeduldig seufzte Allen, als würde er nicht begreifen, wie man einen solchen Verbrecher verteidigen konnte.
»Wenn Zarek es nicht war - wer dann?«
»Ich.«
10
Jess musterte die größte Daimon-Herde, die er je gesehen hatte. Mindestens vierzig mussten es sein. Aber es war schwer, sie zu zählen, er vermutete, nicht alle wären sichtbar. Wie ihm sein Dark Hunter-Instinkt verriet, versteckten sich weitere Biester im Wald, um als Reservisten zu fungieren. Einige trugen Lederkleidung, andere Pelzmäntel. Außer Männern entdeckte er auch Frauen. Alle hatten etwas gemein - blonde Haare, spitze Fänge und eine übernatürliche Schönheit, ein Merkmal dieser Spezies.
Trotzdem genügte ihm ein Blick, um den Anführer auszumachen. Diesen Daimon kannte er, weil der seinen Freund verfolgt hatte. Aber statt vor Zarek zu fliehen wie die meisten seiner Artgenossen, war er ihm nachgerannt. Einen Kopf größer als die anderen, stand er vor der Truppe, der Einzige, dessen Augen keine Furcht bekundeten - nur zielstrebige Entschlusskraft und eine Bösartigkeit, die seine ganze schwarze Seele erfüllte.
Halb ungläubig, halb belustigt hob Syra die Brauen. »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
Der Daimon-Anführer lächelte: »Eigentlich müsste ich sagen: >Sie erblicken Ihren schlimmsten Albtraum.< Aber ich hasse Klischees.«
»Mamma mia, also existieren Sie tatsächlich.«
Alle auf der »guten« Seite wandten sich zu Otto, der den Anführer anstarrte, als wäre ihm der Teufel persönlich erschienen.
»Wer ist der Kerl, Varvalletti?«, fragte Jess.
»Den kenne ich nur zu gut«, seufzte Otto. »In meiner Kindheit erzählte mir mein Vater von einem Daimon namens Thanatos. Aber wir dachten alle, er hätte ihn erfunden.«
» Wen erfunden?«, wollte Bjorn wissen und konzentrierte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Daimon-Boss.
»Geschichten über einen Dark Hunter-Henker namens Tagestöter. In meiner Familie wurden sie von einer Generation zur anderen weitergegeben. Von einem Knappen zum nächsten.«
»Versuchen Sie mir einzureden, das Arschloch da drüben ist dieser Typ?«, fragte Bjorn.
»Der Dark Hunter-Henker?«, wiederholte Syra, und Otto nickte.
»Angeblich erschuf Artemis einen Schlächter, der euresgleichen
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