Prinz für die Köchin
feierlichen Ernst, obwohl das Wort »Spaziergang« ganz offensichtlich gut bei ihm ankam, vor allem nachdem er so lange im Auto gehockt hatte – sein Schwanz wedelte heftig.
»Oh, vielen Dank!«, sagte Imogen. »Das ist sehr nett von Ihnen. Im Restaurant wären sie bestimmt nicht besonders begeistert, wenn ich da mit ihm aufkreuzen würde.«
»Du wirst feststellen, dass die Franzosen Hunde lieben« , erwiderte Daphne. »Es würde mich nicht überraschen, wenn sie ihm innerhalb einer Woche einen eigenen Tisch geben, einschließlich Serviettenring mit Monogramm. Aber es ist sehr vernünftig, dass du die Dinge am ersten Tag schön langsam angehen lässt. Also, gehen wir einen Kaffee trinken? Bis später, Sandrine!«, rief Daphne ihrer freundlichen brünetten Gehilfin zu, als sie mit Monty und Imogen den Laden verließ.
Als sie sich auf einer Terrasse ganz in der Nähe niederließen, sah Imogen sich mit großen Augen um. Ihr war, als wären über ihr Leben, das bisher in Schwarzweiß gefilmt worden war, urplötzlich leuchtende Farben hereingebrochen. Fasziniert schaute sie auf die Straße hinab mit den in mediterranen Rosa- und Ockertönen gestrichenen Häusern und blickte dann auf die Bucht hinaus, die sich träge zwischen smaragdgrünen Hügeln erstreckte. Das friedliche Meer, mit weißen Segelbooten gesprenkelt, war von einem klaren Aquamarinblau und hier und dort mit dunklem Saphirblau oder leuchtendem Türkis marmoriert. Der blaue Himmel strahlte und war fast wolkenlos. Bei so vielen verschiedenen Blautönen konnte man leicht verstehen, warum die Riviera die Côte d’Azur genannt worden war, dachte Imogen. Die Blaue Küste.
Sie wandte sich wieder Daphne zu und bemerkte ihre hübsche Sonnenbräune, die einen deutlichen Kontrast zu ihrer eigenen Blässe bildete. »Also …«, erkundigte sie sich im respektvollen Tonfall des Gastronomie-Enthusiasten, »Di hat gesagt, Michel Boudin ist ein guter Freund von Ihnen. Wie ist er denn so als Chef?«
»Michel ist ein wunderbarer Freund und ein absoluter Schatz«, antwortete Daphne strahlend. »Er wird sich bestimmt ein Bein ausreißen, damit du dich bei ihm wohlfühlst. Außerdem braucht er in dieser Küche wirklich dringend eine Frau, das habe ich ihm oft gesagt.«
Imogen grinste, und ihr Herz schlug schneller. Sie war diese dringend benötigte Frau! Oh, es war ja so aufregend, sie konnte es gar nicht erwarten, Monsieur Boudin zu zeigen, was sie konnte! Glückselig begann sie, darüber nachzusinnen, welchen Posten er für sie wohl im Sinn hatte. Fleisch vielleicht? Oder Gemüse? Soßen? Oder sogar Desserts? Es spielte wirklich keine Rolle. Sie war eine gute Allrounderin, und jede dieser Aufgaben wäre wunderbar.
»Wie reizend!«, schnurrte Daphne, nachdem sie Monty mit der Hand über den Rücken gestrichen hatte. »Du bist ja wie eine riesige Nagelbürste!«, stellte sie an den Hund gewandt fest, ehe sie Imogen ansah und hinzufügte: »Wo wir gerade von Borsten sprechen, man hat mir gesagt, Michel kann manchmal ein bisschen, äh, explosiv sein, aber das dauert nie lange.«
»Es ist bestimmt unheimlich stressig, ein Restaurant wie das Boustifaille zu führen«, meinte Imogen mitfühlend.
»Nun ja, er nimmt das alles natürlich extrem ernst – der liebe Michel! Und in letzter Zeit war nicht alles … aber ich kann doch keinen Klatsch und Tratsch verbreiten. Du wirst es ja selbst sehen. Also, das hier«, sagte Daphne und griff in ihre elegante Basttasche, »ist der Schlüssel für dein Zimmer. Es ist gleich neben dem Restaurant.«
»Vielen Dank.« Imogen steckte den Schlüssel ein.
Daphne warf einen raschen Blick auf die Uhr. »Und jetzt solltest du dich lieber auf den Weg machen, Liebes. Das Boustifaille ist ganz leicht zu finden«, fügte sie hinzu und deutete mit einer anmutigen Geste in Richtung Strand. »Geh die Straße hinunter, dann nach rechts, und dann siehst du es schon – direkt am Hafen.«
Mit klopfendem Herzen erhob Imogen sich eilig und stieß dabei fast ihren Stuhl um. Daphne lächelte sie mit ansteckender Unbekümmertheit an. »Keine Sorge, Liebes, es geht bestimmt alles gut. Ich füttere Monty, und du kannst ihn abholen, bevor du schlafen gehst. Meine Wohnung ist über der Konditorei, und ich bleibe immer lange auf. Viel Spaß!«
Als sie fünf Minuten später das Restaurant betrat, wurde Imogen von einem geschniegelten dunkelhaarigen Mann im schwarzen Anzug begrüßt, der sich, nachdem er ihre legere Aufmachung begutachtet hatte, erkundigte,
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