Prinz für die Köchin
Blick gefolgt war. »Eine von unseren Vorspeisen.«
»Klar.«
»Dann mache ich ein Püree aus den Filets, mit Spargel und Crème fraîche, und dann machen wir aus dieser Mischung eine Art quenelle, du weißt schon, so ähnlich wie ein Kloß.«
»Klingt echt lecker.«
»Lecker?«
»Köstlich.«
»Gourmande, hein?« Bastien zwinkerte ihr zu. »Das ist gut. Nachher lasse ich dich mal probieren.«
Von Bastiens Freundlichkeit (immerhin hatte er sie eine gute Köchin genannt!) ungemein ermutigt hatte Imogen den Kopf eingezogen und es geschafft, ihren Schälmarathon zu Ende zu bringen, wobei sie Dimitri entschlossen ignorierte.
Nach einer Pause, die der erschöpften Imogen unglaublich kurz vorkam, hatte sich die Küche erneut gerüstet, diesmal fürs Abendessen. Sie hatte auch das durchgestanden, war Monsieur Boudin aus dem Weg gegangen und hatte sich alle Mühe gegeben, nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.
Als der Betrieb allmählich nachließ, gestattete sie sich, sich ein wenig zu entspannen – ein fataler Fehler, wie sich herausstellte. Sie schrubbte sich gerade durch einen geradezu lachhaft riesigen Haufen Töpfe und Pfannen, als sie Monsieur Boudins Gegenwart hinter sich spürte. »Das machst du später fertig, okay? Jetzt gehst du erst mal den Eimer ausleeren.«
»Verzeihung?«
Doch nach der anstrengenden Arbeit war der berühmte Küchenchef allmählich müde, so dass jeder, der auf exquisite Höflichkeit seinerseits gehofft hätte, enttäuscht worden wäre. »Los! Den Eimer ausleeren! Geh den Eimer ausleeren! ABER DALLI !«, schrie er, ohne zwischendurch Atem zu holen.
Bastien rettete sie abermals, indem er diskret auf einen weißen Plastikeimer deutete, der auf einem Wandbord stand. Dort hatten die Köche das ganze Fett aus ihren Pfannen hineingeschüttet. Ein unglaublich ranziger Geruch stieg daraus auf, und Imogen würgte, als sie nähertrat. Als sie danach griff, bemerkte sie eine große Pfanne, die neben dem Spülbecken stand. Die musste noch ausgeleert werden. Ein Glück, dass sie sie gesehen hatte, wirklich. Wenigstens würde ihr Boudin nicht vorwerfen können, dass sie es sich leicht machte. Vorsichtig hob sie die schwere Bratpfanne und machte sich daran, das Fett in den Eimer zu kippen.
Wie von einem Dämon besessen rutschte der Eimer nach vorne und schlug einen überraschend anmutigen Salto, ehe er mit einem grässlichen Krachen auf dem Tresen abprallte, unterwegs Fett über den ganzen Herd spritzte und den Rest seines Inhalts auf den Boden ergoss. Und zu guter Letzt schwappte ein Rest davon noch auf die Hose und die stahlkappenbewehrten Schuhe von Monsieur Boudin, der neben ihr gestanden hatte.
Imogen, die während dieses Desasters die Augen fest geschlossen hatte, öffnete sie langsam wieder. In der Küche war es vollkommen still geworden. Was würde Monsieur Boudin jetzt tun? Sie hängen, vierteilen und filetieren lassen? Nein – zu viel Fummelarbeit. Sich eins von Dimitris superscharfen Messern schnappen und sie damit um die Ecke bringen? Sie war hier schließlich in Frankreich, und wenn er das Ganze als crime passionnel bezeichnete, würde kein Gericht im ganzen Land ihn verurteilen. Höchstwahrscheinlich würde er sie zwingen, die Nacht in dem begehbaren Kühlschrank zu verbringen. Aber zuerst würde er natürlich die Gelegenheit nutzen, sie schon wieder anzubrüllen.
»Es tut mir schrecklich leid«, stieß Imogen erstickt hervor. »Ich hole schnell einen Lappen.«
»Das«, sagte Monsieur Boudin mit merkwürdig ruhiger Stimme, während er auf das verschüttete Fett hinunterblickte, »war Spezial-Gänsefett von unserem besten Lieferanten. Das hatte ich für die pommes de terres à la sarladaise aufgehoben, die wir morgen Mittag servieren, für eine private Veranstaltung.«
Imogen lief tiefrot an. Also hatte sie sein Spezialgericht ruiniert. Super. Fantastisch. Was für ein wundervoller Anfang.
Ohne ein weiteres Wort bedachte ihr Boss sie mit einem Blick voll unendlicher Verachtung und ging davon. Seine Schuhe quatschten beim Gehen ein wenig.
6
Noch immer schluchzend hörte Imogen, wie hinter ihr die Tür des Restaurants aufging und wieder zuklappte. Irgendjemand schloss für heute Abend ab.
»Eh bien alors!« , ließ sich eine mitfühlende Männerstimme vernehmen. »Alles okay?«
Imogen blickte auf. Durch den Tränenschleier hindurch bemerkte sie die überschwängliche Freundlichkeit der Gestalt vor ihr. Es war Bastien, jetzt in Jeans und einem dunkelblauen Pullover mit
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