Prinz für die Köchin
verkündete er niederschmetternd. »Du bist keine Köchin, nicht wahr? Du bist hier, um auszuhelfen, zu assistieren. Also los. Allez!«
Entgeistert starrte Imogen ihn an. Aber das war doch ganz und gar nicht das, was Daphne ihr zu verstehen gegeben hatte! Sie war also als … als Mädchen für alles angestellt worden, mehr nicht. Schon öffnete sie den Mund, um zu widersprechen, dass sie sehr wohl Köchin sei, doch Boudin brüllte: »Geh und schäl die Zwiebeln … da drüben … sofort!«
Erschüttert begann Imogen Zwiebeln zu schälen, und bald weinte sie dicke Krokodilstränen. Es war nicht hilfreich, dass Monsieur Boudin lange mit verschränkten Armen dastand und jede ihrer Bewegungen beobachtete. Schließlich wurde er zum anderen Ende der Küche gerufen, und sie konnte freier atmen. Als sie innehielt, um sich das Gesicht abzuwischen, schaute sie zu Dimitri hinüber. Ihre Blicke begegneten sich.
»Also du schon wieder«, bemerkte er ohne besondere Wärme.
Imogen bedachte ihn mit einem gezwungenen Lächeln. Vielleicht war er ja gestern unhöflich zu ihr gewesen, aber es war trotzdem eine Erleichterung, in dieser brutalen Umgebung ein vertrautes Gesicht zu sehen.
»Hi. Das ist ja komisch, dass du auch hier arbeitest!«
»Das ist nicht komisch«, erwiderte er. »Ich bin Koch. Und du?«
»Also, ehrlich gesagt koche ich schon seit einer Ewigkeit«, sagte Imogen und straffte die Schultern ein wenig. »Zum Vergnügen, und in dem Kindergarten in London, wo ich arbeite. Meine Fischpastete und mein marokkanisches Hühnchen sind da inzwischen nicht mehr vom Speiseplan zu streichen! Die Kinder wollen es immer wieder haben.«
»Oh!« Dimitri nickte mit übertriebener Ehrerbietung. »Du machst Mittagessen für kleine Kinder. In London. Sehr beeindruckend.«
Nach längerem Schweigen, währenddessen Imogen ihren Ärger hinunterzuschlucken versuchte, fragte sie in einigermaßen verbindlichem Tonfall: »Also, wie lautet das Rezept?«
»Was?«, knurrte Dimitri unfreundlich.
»Kannst du mir sagen, was du da zubereitest, damit ich eine Vorstellung davon habe, was hier läuft?«
»Bist du fertig mit den Zwiebeln?«
»Ja«, verkündete Imogen triumphierend.
»Dann fang mit den Karotten an. Die liegen gleich da drüben.«
»Aber ich hatte gehofft, ich könnte dir auf deinem Posten helfen«, wandte Imogen ein, erschrocken über den finsteren Unheilsblick des jungen Mannes. »Im Entbeinen bin ich echt gut. Schau mal –«
Sie griff hinüber, und Dimitri schlug ihr auf die Hand. »Hé! Fass ja meine Messer nicht an!«, fauchte er. »Das ist nichts für eine gamine wie dich.«
»Kleine Aushilfe!«, brüllte Monsieur Boudin von der anderen Seite der Küche her. »Schäl die Karotten! Und dann die Kartoffeln!«
Dimitri bedachte sie mit einem sardonischen Lächeln. »Hast du gehört? Mach schon. Zerbrich dir bloß nicht den Kopf über das Rezept für mein Gericht.«
Rasch sah Imogen sich um. Überall in der ganzen Küche wurden wundervolle Dinge gekocht, bei denen einem das Wasser im Munde zusammenlief, und ihr wurde nicht erlaubt, bei der eigentlichen Zubereitung mitzumachen. Es war zum Verrücktwerden.
Mit erheblicher Mühe gelang es ihr, sich zu beherrschen, und sie schüttelte resolut den Kopf. Ihr blieb nichts anderes übrig, als diesen Tag zu überstehen und zu sehen, was sich morgen tun ließ. Genau in diesem Moment schob sich ein anderer junger Koch an sie heran und flüsterte: »Glaubst du, nur weil du eine gute Köchin bist, hast du es nicht mehr nötig, Kartoffeln zu schälen?«
Die hatten es alle darauf angelegt, sie zu ärgern! Imogen fuhr herum und war drauf und dran zurückzugiften, doch das offene, freundliche Gesicht des jungen Mannes nahm ihr den Wind aus den Segeln. Blond und blauäugig, mit einer breiten Löwennase und leicht geröteter Haut, sah er aus wie ein unbekümmerter bretonischer Matrose. Er lächelte sie an, stellte sich als Bastien vor und kehrte wieder zu seinem Posten zurück, gegenüber dem von Dimitri. Während seine Frage in ihrem Inneren widerhallte, schüttelte Imogen den Kopf und errötete, denn tatsächlich hatte sie genau das gedacht.
»Du bist heute dran, das ist alles«, fuhr Bastien fort und wandte seine Aufmerksamkeit kleinen silbernen Fischen zu. »Wir mussten alle schon mal Kartoffeln schälen – ich, Dimitri, Monsieur Boudin, alle. Okay?«
»Okay«, murmelte Imogen.
»Gut. Ich filetiere gerade Sardinen für die mousseuse«, fuhr Bastien fort, der ihrem faszinierten
Weitere Kostenlose Bücher