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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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Ende jedes Fließbandes fielen die Scheiben auf eine Leuchtfläche. Licht durchdrang sie, an manchen Stellen mehr, an manchen Stellen weniger. Dann begann es von oben zu tropfen.
    „Da regnet es Zeit! Ohne Ende, ja“, knarzte der Gnom, und die Meisterin erklärte: „Jeder Solterraner erhält genau die seinen Talenten angemessene Zeit zugeteilt. Soundso viele Stunden für Lernen, soundso viele für Basteln und Bauen, für gedanklichen Austausch, Auseinandersetzung mit sich selbst und was es alles an sinnvollem Zeitvertreib gibt.“
    Als sich die gerade vollgetröpfelte Scheibe zu einer Kugel krümmte, die nur noch ein winziges Loch oben offen ließ, ging durch die Reihen der Kinder ein Raunen. Ana flüsterte ergriffen: „So entstehen also die Stundenkugeln ...“
    „Wieder was gelernt, ja“, kommentierte der Gnom. „Und da hinten wird dann das Gonggebräu zugesetzt, ja.“ Der Kauz zeigte auf einen überdimensionalen Bottich, in dem eine rote Pampe schwamm. „Kennt ja jeder. Wenn’s rot wird, gongt’s, und dann geht’s weiter mit dem Leben, zack zack, nur nicht trödeln. Man hat ja nicht ewig Zeit, ja.“
    Skaia hatte das nervige Rot in ihrer Kugel noch nie leiden können. Und hier gab es gleich einen ganzen Bottich davon. Angenehm fand sie dieses Haus der Zeit nicht. „Noch so ’ne Brühe“, murmelte sie trübsinnig, als die Gruppe über eine Brücke gelotst wurde, unter der ein braunes, schäumendes Nass gurgelte.
    „Richtig erkannt, ja“, plärrte das hässliche Männchen über alle Köpfe hinweg Skaia zu. So zu gewuchert seine Ohren auch waren, offenbar hörte es jede Bemerkung. „Das ist Abschaum. Unnötige Minuten, Zeit, die heutzutage keiner mehr hat.“
    Die Klasse war auf der Brücke stehen geblieben und sah fragend auf die beiden Meister der Zeit.
    „Jeden Tag ein paar Minuten sparen, das ist immer drin! Wer muss schon in den Himmel schauen, wenn er nicht gerade Wettervorhersager ist, wer muss an einem Kanal entlanggehen, wenn er nicht die Fahrrinnentiefe für die Schnelllastboote auszumessen hat, und wer muss sich sinnlos mit seinen Geschwistern streiten? Niemand! Dafür gibt’s keine einzige Minute mehr bei den neuen Stundenkugelmodellen. So gelingt es uns, immer effektiv zu bleiben!“ Es war nicht zu überhören, wie stolz die Meisterin auf diese Entschlackungstat war.
    Begeistert begann Klirr zu klatschen. Kygo, Ana und die meisten der anderen Kinder fielen in den Applaus ein.
    Und dann kam, was kommen musste. Klirr legte den Kopf schief und erkundigte sich treuherzig bei der Meisterin: „Ist es denn möglich, dass eine Ihrer Stundenkugeln nicht richtig funktioniert?“ Bevor diese noch antworten konnte, hastete er auf Skaia zu und riss an ihrer Kugel. „Das Mädchen“, fuhr er fort und blickte Skaia scheinheilig bedauernd an, „hat ein Problem damit! Es ist nicht rechtzeitig aufgewacht, weil die Kugel versagt hat.“
    „Bist du mit gutem Schlaf gesegnet, ja?“, wollte der Gnom wissen.
    Doch Skaia konnte gar nicht antworten, denn schon rief Klirr, und seine Stimme verstieg sich in schrille Höhen: „Wollen Sie das nicht untersuchen?“
    „Seltsam ist das“, gab die Meisterin nachdenklich zu.
    „Wenn nicht gar komisch, ja.“
    „Gibst du mir die Kugel, mein Mädchen?“ Die Meisterin streckte ihre Hand mit den schlanken, zarten Fingern nach Skaia aus.
    „Natürlich“, rief Klirr und zerrte an Skaias Kette. Sie verfing sich in ihren Haaren. Skaia schrie auf und versuchte, die Kette zu fassen. Aber Klirr war schneller, zog ihr die Kette samt Kugel über den Kopf und präsentierte sie der Meisterin. Skaia wusste nicht, ob sie heulend davonlaufen oder lieber Klirr mit aller Kraft gegen das Schienbein treten sollte. Sie tat weder das eine noch das andere. Sie stand nur stumm da und ertrug die ebenso hämischen wie erwartungsvollen Blicke ihrer Mitschüler.
    Die Meisterin hob Skaias Kugel hoch und hielt sie prüfend vors Auge. Die milchige Flüssigkeit suppte wie gewöhnlich mit trägen Schlieren darin herum.
    „Sieht gut aus“, urteilte die Meisterin. Trotzdem reichte sie die Kugel an den Gnom weiter. Der griff danach, als könne er es kaum erwarten, das Ding gründlichst zu untersuchen. Aber natürlich würde dabei nichts herauskommen ― außer Klirrs Triumph, Skaia als Lügnerin überführt zu haben. Und was war in Solterra schlimmer als die Unwahrheit? Mit Inbrunst schüttelte der Gnom die Kugel erst vor seinem rechten, dann vor seinem linken Ohr. „Hm, hm, hm, hm ...,

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