Prinzessin oder Erbse
neuen Liebe zu erzählen. Sie hat mir wieder so mit dem Wunsch nach Enkelkindern in den Ohren gelegen, dass ich glaubte, ihr zumindest ein Krümelchen Hoffnung hinwerfen zu müssen. Wie man sich vorstellen kann, war sie ziemlich aus dem Häuschen über die Neuigkeiten, und ich musste sie schwören lassen, dass sie niemandem ein Sterbenswort davon erzählt.
»Wir sollten wirklich langsam mal aufstehen«, sage ich mit einem Blick auf die Uhr, kuschele mich aber entgegen dieser Aussage noch näher an ihn. »In einer halben Stunde kommt Felix zum Brunch, und wir können doch Julia nicht alles alleine machen lassen.« Wie auf ein Zeichen klopft es in diesem Moment an meiner Zimmertür.
»Vögelt ihr gerade oder kann ich reinkommen?«
»Komm rein.«
»Morgen, ihr Schlafmützen. Ihr wisst aber schon, dass wir gleich Besuch bekommen, oder?«
»Wir wollten gerade aufstehen und dir helfen.«
»Da kommt ihr zu spät. Es ist schon alles fertig. Wenn du nur noch so nett wärest, das Rührei zu machen?«, fragt sie David.
»Klar, mache ich.«
»Oder du verrätst mir deine geheime Zutat, dann könntet ihr noch ein bisschen liegen bleiben«, schlägt Julia mit unschuldigem Augenaufschlag vor, doch er schüttelt lachend den Kopf.
»Netter Versuch. Ich bin gleich da.« Schmollend zieht Julia ab, und David steigt aus dem Bett.
»Was ist denn die geheime Zutat?«, erkundige ich mich neugierig, während er in seine Boxershorts schlüpft.
»Fanny, du weißt, ich bin sehr verliebt in dich, aber ein paar kleine Geheimnisse musst du einem Mann schon lassen.« Er gibt mir einen schnellen Kuss auf den Mund und verlässt das Zimmer, während vor meinem inneren Auge plötzlich ein weibliches Gesicht auftaucht, das ich in den letzten Wochen erfolgreich aus meinen Gedanken verbannt hatte. Melanies Gesicht. »Du weißt nichts von ihm. Er hat seine Schattenseiten.« Was hat sie damit bloß gemeint? Ich sehe seit drei Wochen ganz genau hin, aber kann an David weit und breit keine dunkle Seite entdecken.
Fünfundvierzig Minuten später sitzen wir zu viert um unseren großen Küchentisch herum und genießen ein köstliches Frühstück. Wie schön das Leben sein kann. Selbst Felix hat schließlich seine Feindseligkeit gegenüber David aufgegeben, weil er zugeben musste, dass er ein wirklich feiner Mensch ist. Die beiden unterhalten sich gerade über das letzte Spiel des HSV, und Julia isst mit konzentrierter Miene ihre zweite Portion Rührei, ohne die Geheimsubstanz ausmachen zu können, als es an der Tür klingelt.
»Wer kann das denn sein?«, frage ich überrascht, und Julia zuckt mit den Schultern.
»Kannst du bitte gehen? Ich glaube, gleich komme ich drauf. Senf, oder? Es ist Senf«, richtet sie sich an David, der aufsteht.
»Ich gehe schon. Nein, es ist kein Senf.« Zwei Minuten später dringen Stimmen aus dem Flur zu uns herein.
»Wer ist es denn?« David erscheint in der Küchentür.
»Deine Eltern.«
»Wie bitte?«, frage ich perplex. »Wessen Eltern?«
»Deine.« Kein Zweifel, er meint mich.
»Aber wieso …?«, frage ich mit kaum verhohlenem Entsetzen in der Stimme und erhebe mich mit wackeligen Beinen, als mein Vater und meine Mutter die Küche betreten.
»Guten Morgen«, trällert meine Mutter und reißt mich an ihren üppigen Busen, den ich leider nicht von ihr geerbt habe. Dann küsst sie Julia auf beide Wangen und gibt Felix die Hand. »Hallo, ich bin Ute, es freut mich sehr. Ja, und David haben wir ja auch schon kennengelernt. Nun komm doch auch endlich richtig rein, Karl-Heinz!« Mein Vater drückt mir einen Kuss auf die Wange und wispert mir dabei ins Ohr: »Das war nicht meine Idee.« Mir ist eigentlich ziemlich egal, wessen Idee es war. Ratlos stehe ich da und sehe in die Gesichter um mich herum, mein Vater zerknirscht, meine Mutter begeistert und meine Freunde irgendwo zwischen perplex und amüsiert.
»Was macht ihr denn hier?«, erkundige ich mich schwach, während David geistesgegenwärtig zwei Stühle aus meinem Zimmer herbeischleppt.
»Sehr aufmerksam, vielen Dank, David.« Meine Mutter schenkt ihm ein strahlendes Lächeln und lässt sich auf den Stuhl plumpsen. »Was wir hier machen? Na,
frühstücken natürlich. Du hast mir doch gestern erzählt, dass ihr heute ein großes Frühstück macht. Oder nein, wie hast du es genannt? Karl-Heinz, wie ist noch dieser englische Ausdruck?«
»Brunch«, sagt mein Vater geduldig.
»Genau. Brunch.« Davon habe ich ihr tatsächlich erzählt. Aber ich kann mich
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