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Prinzessin oder Erbse

Prinzessin oder Erbse

Titel: Prinzessin oder Erbse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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sagt Felix beeindruckt. »Und da warst du wirklich erst neun Jahre alt?« Ich nicke, dabei bin ich mir sicher, dass ich erst acht gewesen bin. Schon nach den ersten Sätzen war die Erinnerung an Annabelle wieder da, und ich frage mich, wie ich sie so lange vergessen konnte. Auf dem Papier, das meine Mutter in der Hand hält, befindet sich die erste, aber nicht die letzte Geschichte, die ich im Laufe meiner Kindheit über Annabelle, meine kleine, rothaarige Heldin, geschrieben habe. Zum neunten Geburtstag bekam ich von meiner Omi Ursel ein Tagebuch geschenkt, rot und weiß gestreift und mit einem kleinen Vorhängeschloss, damit niemand meine geheimsten Gedanken und Wünsche würde lesen können, so erklärte sie mir. In dieses Buch schrieb ich Dutzende Geschichten von dem kleinen Mädchen, das Diamanten weinen konnte. Ob ich das Tagebuch wohl noch auf irgendeiner Kiste auf meinem Speicher finden kann? Oder bei meinen Eltern im Keller?
    »Wie weise. Du hast schon damals erkannt, dass der Schmerz des Künstlers sein Talent erblühen lässt«, reißt Julia mich aus meinen Gedanken.
    »Na ja, das halte ich jetzt aber doch für eine Überinterpretation«, wehre ich ab. »Darf ich das haben?« Meine Mutter reicht mir den Bogen und zieht dann ein rot-weißes Büchlein aus der Tasche hervor.

    »Und hier ist noch mehr.«
    »Toll. Ich habe mich gerade gefragt, wo es wohl ist.«
    »Noch mehr Geschichten?«, fragt Julia und klatscht in die Hände, aber ich schüttele den Kopf und nehme das Buch an mich.
    »Nein, das reicht jetzt.«
    »Ich habe natürlich zu Hause Kopien davon gemacht«, erklärt mein Vater stolz. »Wir haben doch jetzt diesen neuen Drucker, mit dem man auch fotokopieren kann.«
    Wir verbringen noch einen vergnügten Nachmittag miteinander, gegen vier verabschieden sich meine Eltern.
    »Sollen wir an die Elbe fahren und Marshmallows grillen?«, schlage ich vor und lächele David in Erinnerung an unser erstes Date an. Er wirft einen Blick aus dem Fenster.
    »Von da hinten ziehen ganz dunkle Wolken auf. Ich glaube, bald regnet es«, gibt er zu bedenken, als draußen im Flur ein Handy zu klingeln beginnt. »Das ist meins, bin gleich wieder da.«
    »Wir könnten ins Kino gehen«, schlägt Julia vor und gemeinsam beugen wir uns über die Zeitung mit dem aktuellen Kinoprogramm.
    »Der neue Fatih-Akin-Film läuft im Abaton. Hast du Lust?«, frage ich David, als er wieder in die Küche kommt.
    »Ich muss leider los.«
    »Was? Wohin denn?«
    »Ich bin verabredet. Hab ich total vergessen.« Verwundert bemerke ich, dass er schon seine Lederjacke und Schuhe angezogen hat.
    »Moment mal. Soll das heißen, du gehst jetzt sofort? «

    »Bin spät dran. Tut mir leid.« Er gibt mir einen flüchtigen Kuss, hebt an die anderen gerichtet grüßend die Hand und schon ist er verschwunden.
    »Meint ihr, der Besuch von meinen Eltern war doch ein bisschen zu viel?«, frage ich besorgt.
    »Aber er hat sich doch prima mit ihnen verstanden.« Aufmunternd tätschelt Julia meinen Arm.
    »Genau. Das ist sicher nur reiner Zufall«, pflichtet Felix ihr bei. »Er war eben einfach verabredet und hat es verpennt. Das kann doch mal passieren.«
    Kurz bevor wir uns auf den Weg zum Kino machen, öffnet der Himmel, wie von David angekündigt, seine Schleusen. Mit zwei großen Schirmen bewaffnet trotzen wir dem schlechten Wetter.
    »Geht ruhig schon mal rein«, sage ich zu den anderen, als wir schließlich im Foyer des Abatonkinos stehen. »Ich muss nochmal kurz …«
    »Was?«, erkundigt sich Julia. »Aufs Klo, Popcorn kaufen oder David hinterhertelefonieren?« Ertappt zucke ich zusammen. »Dachte ich es mir doch. Das kommt überhaupt nicht infrage.«
    »Warum denn? Ich möchte ihm doch bloß einen schönen Abend wünschen. Er war so schnell weg.«
    »Fanny, jetzt reiß dich zusammen. Es ist ausgesprochen wichtig, dem anderen innerhalb der Beziehung auch seine Freiräume zu lassen. Damit man sich auch mal wieder vermissen und aufeinander freuen kann.«
    »Ich vermisse ihn schrecklich«, winsele ich.
    »Aber es ist doch noch nicht einmal drei Stunden her, seit du ihn das letzte Mal gesehen hast.«
    »Ich weiß. Aber es tut trotzdem richtig weh. Siehst du, hier.« Ich zeige mit dem Daumen auf meine Brust.

    »Das Herz ist auf der linken Seite, Süße«, sagt Julia trocken. »Und jetzt komm mit rein.«
    »Ja, ja, schon gut. Ich will nur noch schnell aufs Klo.«
    »Fanny!«
    »Nur aufs Klo, ich rufe ihn nicht an. Versprochen.«
    »Na gut. Dann bis

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