Prinzessin oder Erbse
beim besten Willen nicht daran erinnern, sie dazu eingeladen zu haben.
»Du hast uns zwar nicht direkt eingeladen«, bestätigt meine Mutter, »aber wir dachten, das wäre eine tolle Gelegenheit, unseren zukünftigen Schwiegersohn kennenzulernen. «
»Mama!«, rufe ich entsetzt und möchte vor Scham im Erdboden versinken. Meine Mutter zwinkert ihrem Schwiegersohn in spe vertraulich zu, und der grinst gutmütig zurück.
»Wir haben auch Brötchen mitgebracht, schließlich wollen wir euch ja nichts wegessen. Karl-Heinz?«
»Oh nein, die Brötchen. Die habe ich im Auto gelassen. «
»Na, dann hol sie bitte!« Mein Vater fährt von seinem Stuhl hoch wie ein Stehaufmännchen.
»Papa, bleib sitzen, wir haben genug Brötchen.« Besorgt sehe ich zu David herüber. Der sieht eigentlich ganz entspannt aus. Nicht so, als würde er gleich die Flucht ergreifen wollen. Was ich ihm nicht übelnehmen würde. Na gut, mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Rausschmeißen kann ich sie ja schlecht.
»Wir wollen euch keine Mühe machen, nur ein bisschen gemütlich zusammensitzen«, beteuert meine Mutter, als hätte sie meine Gedanken erraten, und plötzlich
finde ich es gar nicht mehr so schlimm, dass sie gekommen sind.
»Okay, dann mache ich euch mal einen Kaffee«, sage ich friedfertig, und mein Vater nickt dankbar.
»Das wäre toll, vielen Dank, Fanny.«
»Aber bitte entkoffeiniert«, wirft meine Mutter ein, während ich ihr einen Teller und Besteck reiche. »Du weißt ja, unser Blutdruck.«
»Wo soll ich denn jetzt bitte entkoffeinierten Kaffee hernehmen?«, frage ich leicht gereizt.
»Im Schrank steht welcher.« Julia reicht meiner Mutter die Schüssel mit dem Rührei. »Ute, das hier musst du probieren. Hat David gemacht«, fügt sie mit einem Zwinkern hinzu, »und er will mir einfach nicht seine geheime Zutat verraten.«
»Ich bin gleich wieder da«, murmele ich und greife nach Davids Hand. »Kommst du mal bitte kurz mit?«
Draußen im Flur lehne ich mich erschöpft gegen seine Brust, und er streichelt sanft meinen Rücken. Dann sehe ich zu ihm hoch und sage: »Hör zu, ich weiß, man sagt, schau dir ihre Mutter an, dann weißt du, wie deine Freundin irgendwann mal werden wird, aber ich schwöre dir, in meinem Fall stimmt das nicht.«
»Ach, das sagt man?«
»Das wusstest du nicht?«
»Noch nie gehört.«
»Dann vergiss es am besten gleich wieder. Es ist überhaupt nicht wahr.« Beruhigend zieht er mich an sich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
»Entspann dich. Ich mag deine Mutter.«
»Geschmolzener Schweizer Käse, oder?«, ruft diese in diesem Moment zu uns nach draußen.
»Stimmt«, ruft David zurück, und dann, an mich gewandt: »Jetzt kennst du auch dieses Geheimnis.« Er küsst mich zärtlich auf den Mund, und wir gehen Hand in Hand in die Küche zurück.
»Schweizer Käse, natürlich, warum bin ich da nicht selber drauf gekommen?«, sagt Julia kopfschüttelnd und schiebt sich eine weitere Gabel Rührei in den Mund.
»Ach, Fanny«, wendet sich mein Vater an mich, während ich mich an der Kaffeemaschine zu schaffen mache, »Frau Breuer hat uns dein Buch mitgegeben. Zum Signieren. Ute, gib doch mal das Buch her.«
»Ja, richtig, das hätte ich fast vergessen.« Meine Mutter beginnt, in dem riesigen bunten Strandbeutel, den sie als Handtasche benutzt, herumzukramen. »Hier.« Sie reicht mir eine etwas lädierte Ausgabe von »Kalte Welt«. »Schreib ihr doch was Liebes rein, da freut sie sich.«
»Okay, das mache ich später.« Es wäre mir lieber, wenn wir das Thema »Fannys Autorenkarriere« möglichst schnell fallen lassen würden. Aber leider handelt es sich dabei ja um das Lieblingsthema meines Vaters. Er nimmt das Buch, das ich achtlos auf dem Herd abgelegt habe, in die Hand und betrachtet es stolz. Dann wendet er sich an David.
»Ein wunderschönes Buch, das Fanny da geschrieben hat. Wir sind sehr stolz auf sie.«
»Dazu haben Sie allen Grund.«
»Haben Sie es denn gelesen?«
»Papa«, sage ich empört.
»Natürlich«, antwortet David. Vollkommen perplex sehe ich ihn an. Ich muss nämlich zugeben, dass ich
mich nie getraut habe, ihn danach zu fragen, obwohl er mir ja schon bei unserem ersten Date angekündigt hatte, meine Bücher lesen zu wollen. Und das hat er nun also wirklich getan? Und mir nichts davon erzählt? Das kann eigentlich nur eines bedeuten: Er findet sie schrecklich. Unbehaglich sehe ich David an.
»Das hast du mir ja gar
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