Prinzessin oder Erbse
ich finde, wir sollten
erstmal miteinander reden, bevor wir uns aller Welt als Paar präsentieren.«
»Du hast Recht«, sagt er und greift meine Hand. »Lass uns reden.«
Fünfzehn Minuten später setzt uns die Limousine vor einem kleinen italienischen Restaurant namens »Alberto’s« ab, dessen Gäste angesichts dieses nicht gerade unauffälligen Auftritts neugierig die Köpfe heben, sich dann aber wieder schnell ihrer jeweiligen Unterhaltung zuwenden. Von Alberto, dem Inhaber, werden wir freundlich und mit Handschlag begrüßt, bevor er uns zu einem Tisch im hinteren Teil des Lokals führt. Zunächst sitzen wir uns noch ein wenig verlegen gegenüber, dann holt David tief Luft und beginnt zu erzählen. Von der Zeit, in der er noch ein erfolgloser Schauspieler war, der kaum genug Geld zum Leben verdiente. Von seinen Depressionen, dem Alkohol, missglückten Entzugsversuchen, den Anonymen Alkoholikern und Leila. Von seiner Angst, rückfällig zu werden, von seiner Angst, meinen Erwartungen nicht standhalten zu können. Er redet die ganze Nacht, und als er geendet hat, sind wir alleine in dem kleinen Restaurant. Ich sehe David lange an und greife schließlich nach seiner Hand.
»Vielleicht ist es unpassend, das jetzt zu sagen, aber du glaubst nicht, wie erleichtert ich bin, dass du gar nicht so perfekt bist, wie ich immer dachte.«
»Ich bin alles andere als perfekt.«
»Und das ist gut so. Mit einem Traumprinzen kann man keine Beziehung führen.«
»Also gibst du mir noch eine Chance?« Seine grünen Augen sind voller Hoffnung, und ich frage mich, wie er
auch nur eine Minute an meiner Antwort zweifeln könnte.
»Natürlich.« Nun küss mich doch endlich. Ich will jetzt geküsst werden. Aber David macht keine Anstalten.
»Ich habe etwas für dich. Eine Überraschung.« Fassungslos sehe ich ihm dabei zu, wie er in seiner Innentasche herumkramt, und habe das Gefühl, gleich ohnmächtig werden zu müssen. Das kann schließlich nur eines bedeuten, oder nicht? Aber das kann doch nicht sein Ernst sein.
»Wir wollten es doch langsam angehen lassen«, sage ich mit bebender Stimme. Doch entgegen meiner Erwartung zieht er in diesem Moment keine mit Samt überzogene Schmuckschatulle hervor, sondern ein zusammengefaltetes Blatt Papier.
»Ist heute für dich angekommen. Was hast du gesagt?«
»Ach nichts«, sage ich schnell und finde mich selber albern, dass ich nun doch enttäuscht bin.
»Was machst du denn für ein Gesicht?«
»Mache ich doch gar nicht.«
»Doch. Aber keine Sorge, das hier wird dich aufheitern. « Mit einem geheimnisvollen Lächeln wedelt er mit dem Zettel vor meiner Nase herum. »Ich kenne da nämlich jemanden, der jemanden kennt, und mit dem habe ich über dich gesprochen.«
»Über mich? Aber weshalb denn? Worum geht es überhaupt?«
»Sei doch nicht so ungeduldig.«
»Nun gib schon her.«
»Erst einen Kuss«, verlangt er, und in diesem Moment wird mir klar, dass dies unser erster Kuss seit fast zwei
Monaten sein wird. Ich beuge mich zu ihm hinüber, doch er steht auf, zieht mich vom Stuhl hoch und in seine Arme. »Ich muss wissen, dass du es aus freien Stücken tust und nicht aus lauter Dankbarkeit, weil du das hier liest.« Er grinst mich frech von oben herab an.
»Jetzt machst du mich aber wirklich neugierig. Nun küss mich endlich!«
»Willst du das wirklich?«
»Ja, doch«, sage ich ungeduldig und schließe die Augen. Kurz darauf spüre ich seine Lippen auf meinen, und dieser zweite erste Kuss ist der beste Kuss meines Lebens. Als David seine Lippen von meinen löst, seufze ich enttäuscht.
»Mehr«, murmele ich.
»Ich liebe dich«, flüstert er. »Und wenn du mich lässt, will ich dich für den Rest meines Lebens küssen. Aber jetzt kommt erstmal deine Überraschung!«
BUCHVERLAG SILBERMANN Herzogstraße 15, 80993 München
Frau Annabelle May
c/o David Mory
Hofweg 14
22085 Hamburg
Betreff: Ihr Manuskript
Sehr geehrte Frau May,
vielen Dank für die Einsendung Ihres Manuskripts »Geborgte Stunden«. Ich habe es mit großem Interesse gelesen und denke, dass es gut in unser Hardcover-Programm des nächsten Jahres passen könnte.
Lediglich über den Schluss des Romans würde ich gerne noch einmal mit Ihnen sprechen. Vielleicht können wir uns auf ein etwas optimistischeres Ende einigen? Ich bin sicher, wir finden eine beide Seiten zufriedenstellende Lösung.
Bitte setzen Sie sich unter der Nummer
089 – 4563 6334 mit mir in Verbindung.
Mit freundlichen
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