Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Prisma

Prisma

Titel: Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
seinen Körper eingedrungen, aber er hatte es nur deshalb getan, weil es ihm als letzte Möglichkeit zu einer Kommunikation erschienen war. Innerhalb seiner eigenen ethischen Grundsätze hatte das Wesen richtig gehandelt. Evan wusste genau, dass er die Verbindung niemals zugelassen hätte, wenn er bei Bewusstsein und sich darüber klargewesen wäre, was überhaupt geschah.
    »Hast du eine eigene Individualität, oder bist du nur Teil eines Kompositen?«
    »Wie bitte? Ich meine, ich verstehe nicht.«
    »Bei meiner Art wird jedes Individuum durch einen beschreibenden Begriff identifiziert, der allein auf dieses Individuum passt. Ich zum Beispiel bin eine Oberfläche von feiner azurblau getönter Reflexion mit dendritischen Pyroxin-Einschlüssen.«
    Evan wiederholte es in Gedanken. »Was hältst du davon, wenn ich dich nur Azur nenne?«
    Der Tausendfüßler klang enttäuscht. »Das ist nicht ausreichend bildkräftig.«
    »Es ist auf jeden Fall besser als mein Name. Ich werde Evan genannt.«
    »Ev-an. Ist das eine Beschreibung für irgend etwas?«
    »Es beschreibt mich.«
    »Du definierst dich also durch dich selbst. Das gibt wenig her.«
    »Es ist eine abstrakte Bezeichnung.«
    »Mit dem Abstrakten habe ich es nicht so«, gestand Azur. »Das ist eine Angelegenheit für Philosophen und Lehrer. Ich bin nur ein Kundschafter.«
    »Ist das dein Gewerbe?«
    »Gewerbe?« Weitere Verwirrung. »Es ist das, was ich bin. Ein Lehrer ist ein Lehrer. Ein Krieger ist ein Krieger. Ein Kundschafter ist ein Kundschafter. Jeder ist das, was er ist.«
    »So ist es bei uns nicht. Wir können unsere Tätigkeiten wechseln, wann immer wir wollen.«
    »Jetzt bin ich völlig durcheinander. Für ein intelligentes Wesen hast du aber überaus bizarre Ansichten.«
    »Und so was sagt mir ein gläserner Tausendfüßler!« konterte Evan.
    Azur war nicht verletzt. »Ein etwas zutreffenderes Bild, wenngleich ungenau und auf einem unklaren, fremdartigen Bezug basierend.«
    Evan ließ die Finger dem Weg folgen, den die Antennen genommen hatten. »Du bist ganz sicher, dass du meinem Geist und meinen Ohren keinen dauernden Schaden zugefügt hast?«
    »Ich bin nur dort vorgedrungen, wo ich mir ganz sicher sein konnte«, beruhigte Azur ihn. »Wo ich keine Reaktion auslöste, bin ich nicht hingegangen.«
    »Reaktion?«
    »Einen Antwortimpuls. Die Signale deines Gehirns haben mir den korrekten Weg zur Steckverbindung gewiesen. Du kannst dir sicher meine Verblüffung vorstellen, als ich schließlich den Kontakt herstellte und erkennen musste, dass das Organ eingeschrumpft und unbenutzt war. Nie zuvor habe ich versucht, mich mit einem anderen Geist zu verbinden, der über einen bis dahin unbenutzten Stecker verfügt; aber die Reaktionen deines Geistes und Körpers waren so glatt, dass ich beschloss, weiter vorzudringen. Nun, da die notwendigen Modifikationen vorgenommen wurden, wird es dir ein leichtes sein, dich in Zukunft mit jedem zu verbinden.«
    Nur dass dies nicht mehr notwendig sein wird, sagte Evan sich. Er war in der Lage, diesen Gedanken für sich zu behalten, da er die komplizierte Arbeit seines Freundes nicht beleidigen wollte. Er konnte es nur deshalb verheimlichen, weil er, um zu kommunizieren, den Alien andenken musste.
    Er wünschte sich einen Spiegel, obgleich – falls er sich wirklich so dringend betrachten wollte – es in dem Wald von reflektierenden Flächen nur so wimmelte. Er zupfte leicht an den Antennen und wurde dafür mit einem kurzen Schmerzeindruck belohnt.
    »Möchtest du, dass ich die Verbindung unterbreche?« fragte Azur schnell. »Ich spüre nämlich dein Unbehagen.«
    »Ist schon in Ordnung. Ich kann nur meine Hände nicht bei mir behalten. Dies ist eine Form von Wirklichkeit, die ständiger Bestätigung bedarf, damit man ihr vertrauen kann. Wenn ich die Fäden in Ruhe lasse, habe ich keine Schmerzen. Überdies ist das hier wirklich seit drei Jahrhunderten das Phänomenalste an interindividualer Kommunikation.«
    »Demnach bist du eine Bibliothek?«
    »Eine was?«
    »Eine Bibliothek. Ein Verwahrer und Sammler von Wissen, der von Kundschaftern gefüttert wird.« Der kleine Alien erschien plötzlich ungewöhnlich erregt. »Kein Wunder, dass es mir so leichtgefallen ist, die Verbindung herzustellen. Du warst darauf abgestimmt, sie zuzulassen.«
    »Einen Moment mal! Ich bin keine Bibliothe… kein Bibliothekar, meine ich. Ich bin ein Forschungsingenieur mit Spezialisierung auf Makrokonzepte, der – aber wir diskutieren schon wieder

Weitere Kostenlose Bücher