Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
ist von einem Stümper, wenn Sie mich fragen.“
„Ich finde es großartig.“
Der Wirt zuckte mit den Schultern. „Geschmackssache.“
„Können Sie mir Adresse dieses großartigen Künstlers geben? Ich möchte mir vielleicht so ein Fenster machen lassen.“
Der Wirt glotzte ihn an. „Das ist nicht Ihr Ernst!“
„Haben Sie nun die Adresse oder nicht?“
„Ich schreib Sie Ihnen auf 'nen Bierdeckel.“
„Danke.“
Zwei Empfindungen beherrschten Berringer, als er wenig später in die nasskalte Nacht hinaustrat. Einerseits war er froh darüber, dass sein Instinkt offenbar noch funktionierte. Mit der nächtlichen Gestalt am Hafenbecken hatte es doch mehr auf sich. Der Zusammenhang mit dem Fall, den seine Detektei bearbeitete, war mehr als offensichtlich.
Abgesehen davon aber empfand er Verwirrung. Was hatte der Sohn des großen Textilbarons von ihm gewollt? Es stand für Berringer fest, dass Till Gerath seinetwegen in den Hafen gekommen war. Es fragte sich nur, warum er quasi geflüchtet war. Hatte den großen Künstler der Mut verlassen? Oder war ihm bewusst geworden, dass er sich vielleicht ein bisschen zu viel davon angetrunken hatte, um noch eine vernünftige Unterhaltung führen zu können?
Vielleicht werde ich ihn einfach mal fragen, dachte Berringer. Zumal seine Wohnung quasi auf dem Weg zu ihm nach Hause lag.
Das Düsseldorfer Hafenviertel wandelte sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Revier für Medienleute und Künstler. Restaurants der gehobenen Klasse waren ebenso wie Pilze aus dem Boden geschossen wie die Produktionsstudios für Film und Fernsehen an der Kaistraße. Dazwischen gab es Werbeagenturen und Galerien.
Till Gerath bewohnte eine loftartige Wohnung, die wohl gleichzeitig auch als Atelier diente. Berringer fragte sich, wie sich ein relativ unbekannter Künstler das leisten konnte. Offenbar war Till Gerath in der glücklichen Lage, einen Mäzen zu haben.
Berringer musste mehrfach klingeln, bevor jemand reagierte und sich die Tür öffnete.
Volltreffer, dachte der Detektiv, als er den Lockenkopf vor sich sah, dem er in der vergangenen Nacht begegnet war. Der Mann hatte eine Kognakflasche in der Linken und erstarrte zur Salzsäule, als er Berringer erkannte. Von einem Augenblick zum nächsten schien Till Gerath so nüchtern wie ein reformierter Prediger.
„Guten Abend“, sagte Berringer ruhig. „Wir kennen uns flüchtig.“
„W-was wollen Sie?“
„Dasselbe könnte ich Sie fragen. Oder wollen Sie mir jetzt erzählen, dass Sie zur zufällig genau dort waren, wo ich mein Hausboot vertäut habe?“ Till Gerath wirkte nervös. „Wollen Sie hereinkommen?“
„Gern.“
Berringer folgte dem jungen Mann in die Wohnung, die bei Tag wegen der großen Fensterflächen vermutlich lichtdurchflutet war.
Berringer ließ den Blick über das selbst für ihn erschreckende Maß des Chaos schweifen, das sich ihm darbot. Dagegen wirkte ja sogar sein Schiffchen wie die Wohnung eines Zwangskranken, der seine Büroklammern abzählte und die Bleistifte nach Länge sortierte.
Das Atelier und die Wohnung waren eins. Ein halb fertiges Gemälde ruhte auf einer Staffelei. Es fiel Berringer auf, dass überall nur rote Farbe verwendet wurde. Mehrere volle Eimer standen im Raum. Man musste aufpassen, nicht in einen der Kleckse auf dem Fußboden zu treten.
Eine junge Frau saß an einem niedrigen Wohnzimmertisch aus Glas. Sie trug nur ein Hemd, das nicht zugeknöpft war. Sie schien Berringer gar nicht zu bemerken, war voll und ganz darauf konzentriert, ein kleines Häufchen Kokain in ihre rote entzündete Nase zu saugen. Aber sie war schon zu weggetreten dafür. Vielleicht hatte sie vorher auch noch getrunken. Jedenfalls war sie nicht in der Lage, die Hand mit dem abgeschnittenen Strohhalm ruhig zu halten. Außerdem fing sie im entscheidenden Moment immer an zu kichern. Den Großteil des Kokainhäufchens blies sie sich dann in einer ziemlich unbedachten Aktion selbst weg.
Sie fluchte, kehrte den kärglichen Rest des Kokains mit einem kleinen Stück Karton zusammen und versuchte es noch mal. Als sie es endlich geschafft hatte, stieß sie ein wohliges Brummen aus, stand taumelnd auf und kicherte wieder.
Plötzlich erstarrte sie.
Ihre Augen wurden so groß, dass sie aus den Höhlen zu fallen drohten. Sie starrte Berringer an wie ein Gespenst und schrie. Ein Schrei, so schrill und durchdringend, wie man ihn aus den Edgar-Wallace-Verfilmungen der Sechziger kannte. Ein Fanal des ultimativen
Weitere Kostenlose Bücher