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Professor Mittelzwercks Geschöpfe

Professor Mittelzwercks Geschöpfe

Titel: Professor Mittelzwercks Geschöpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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überzeugt, daß niemand etwas dagegen haben könnte, wenn auf Tisch, Bett, Stuhl und überall auf dem Fußboden ihre verschiedenen Utensilien herumlagen. Vielleicht rechnete sie auch mich dazu.
    So verstanden wir uns glänzend. Aber sobald das Gespräch auf den co n viva ludibundus kam, gab es Meinungsverschiedenheiten.
    Friederike fragte, ob die Ludibundi schön seien.
    Ich hielt das für nebensächlich. Es sind Strukturen, sagte ich, die sich u n ter bestimmten Bedingungen herausbilden. So kann man sie weder für schön noch für häßlich halten. Diese Strukturen sind eben notwendig. Der Ludibundus compositus baut sich nicht aus ästhetischen Gründen zu einer menschenähnlichen Gestalt auf, sondern aus hydroökonomischen Erforde r nissen. Die grüne Muschel ist nicht aus ästhetischen Gründen grün, so n dern wegen ihres hohen Chlorophyllgehalts. Die Menschen reden sich ein oder bekommen eingeredet, die Natur sei schön, aber alles in ihr hat praktische biologische Ursachen.
    Ich befürchtete schon, Friederike würde wie die Naturschwärmerinnen, die mich von dauerhaften Beziehungen zu Frauen zeit meines Lebens a b schreckten, in Verzückung geraten, wenn ein Ludibundus zu uns hereinsp a ziert käme.
    Ich begleitete sie nie auf dem Chang, wo sie, wie sie erklärte, neue Ei n drücke auf sich wirken lassen wollte und wo sie, wie ich befürchtete, die Augen vor der Natur verdrehte. Schließlich, dachte ich, verfallen auch die natürlichsten Frauen der Naturanbetung.
    Die Natur ist total nüchtern, sagte ich, und besonders nüchtern, wenn sie in bio-elektronischen Systemen auftritt. Mir graute davor, wie Friederike die Ludibundi malen würde. Und natürlich auch mich, wie einen fabelhaften Hexenmeister, der die grüne Muschel im Verein mit dem Zaubersystem herbeizaubert.
    Das ist alles ganz nüchtern und im Grunde langweilig, sagte ich, zwec k gebunden.
    Kutz widersprach. Es gibt in der Natur auch Luxusbildungen, die zu nichts zu gebrauchen sind, zum Beispiel verrückt verästelte Geweihe, mit denen die Hirsche überall hängenbleiben.
    Es steht zwar im naturwissenschaftlichen Lexikon, sagte ich, aber findest du diese Geweihe schön?
    Nein, sagte sie, ausgefallen, irr, merkwürdig. Oder diese unpraktischen Riesenschnäbel mancher Vögel, die sie sogar beim Fressen hindern.
    Jaja, sagte ich, da probiert die Natur viele mögliche Bildungen aus. Es werden alle morphologischen Sonderausprägungen durchgespielt, vielfält i ge physiologische Entwicklungstendenzen werden getestet. Ich bestreite nicht, daß es interessant ist, dal? es mich faszinieren kann. Ästhetische Kategorien sind hier aber nicht anwendbar.
    Ich hatte selbst das Gefühl, knochentrocken zu sein. Ich konnte nun ei n mal Naturgewundere nicht ausstehen. Darum sprach ich auch übertrieben sachlich. Das ist nichts weiter, da gibt es nichts hineinzugeheimnissen, nichts zu mystifizieren. Beinah hätte ich gegen meine tiefere Überzeugung gesagt, es ist alles durchschaubar, belegbar, erklärbar.
    Kutz sagte, du lieferst mir selbst die Beweise. Eben: Alles wird durchpr o biert, durchgespielt, alles verwandelt sich. Ob dabei Schönes oder Häßl i ches herauskommt, ist unwichtig, die Verwandlung ist die Hauptsache. Und weil der conviva ludibundus sich dauernd verwandelt, darum habe ich Lust, mit ihm zu spielen, ihn in vielen Variationen zu malen, ein Lied über ihn zu machen. Vielleicht läßt sich mit ihm noch viel mehr anfangen, vielleicht könnte er selbst Kunst produzier en, eben weil er ein großer Ver wandler ist.
    Dies erschien mir nun als der irrste Einfall. Ein Lied, meinetwegen, wir sind die lustigen Ludibundi, holladihü, holladiho. Ich bin ludibundus comp o situs, weil ich mein Wasser halten muß. Das würde sich in der Quallnik-Bar vielleicht gut verkaufen. Aber daß dieses bio-elektronische System selbst als Künstler auftreten sollte, hielt ich für blödsinnig.
    Das sind nur Ideen von mir, sagte die Kutz. Ich will ihm nicht befehlen, los, Ludi, mach jetzt Kunst. Ich lasse mir ja auch nicht sagen, los, Kutze n bacher, jetzt Kunst gemacht und pünktlich abgeliefert. Da würde ich ganz steif werden, da würde nichts kommen. Ich möchte einfach mit ihm ein bißche n spielen, er heißt doch Lu dibundus, der Spielende.
    Spielen ist nicht gleich Spielen, sagte ich, es handelt sich hier um einen wissenschaftlichen Spielbegriff.
    Ich langte nach den gelblichen Stöpseln, die Doktor Klimm mir überlassen hatte, und stopfte mir die Ohren zu. Ich hörte

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