Projekt Atlantis
nicht hätte verkneifen können, wusste nicht gleich, was er dazu sagen sollte. Es stimmte, bei ihren letzten Projekten hatten sie die Spur einer Wissensquelle verfolgt, die sie immer weiter in die Vergangenheit geführt hatte. Sie hatten damals in Ägypten sogar ein Artefakt gefunden, dessen Alter jeder Lehrmeinung widersprach. Stammte es vielleicht aus Atlantis, und war Atlantis diese ursprüngliche Quelle des Wissens und der Weisheit? Es müsste lächerlich sein, absurd, aber der Gedanke kam ihm seltsam vertraut vor, fast so, als sei er eine Erinnerung aus seiner Schulzeit oder Kindheit.
Es war der Kapitän, der die Unterhaltung fortsetzte: »Was genau haben Sie denn nun gefunden, das Sie so sicher macht, dass Atlantis existiert, dass Sie es finden können?«
»Es gibt ja zwei wesentliche Fragen, die Platons Dialoge aufwarfen. Erstens: Handelt es sich hier um Wahrheit oder Fiktion? Und zweitens: Wo genau lag denn nun Atlantis? Über beide Punkte gibt der verlorene Teil des Kritias- Dialogs Aufschluss. Ich könnte die Dokumente holen, wenn Sie möchten...«
Peter machte bereits Anstalten aufzustehen, doch John schüttelte den Kopf, und Kathleen sagte: »Das wird nicht nötig sein. Erzählen Sie es uns einfach.«
Peter lehnte sich wieder zurück. »Die Frage nach der Authentizität wird durch Sokrates beantwortet. Er ist einer der Personen, die sich in Platons Dialog unterhalten. Kritias erzählt die Geschichte, und Sokrates nimmt am Ende die Rolle des kritischen Publikums ein. Er stellt dabei explizit eben jene Fragen, die sich auch spätere Historiker gestellt haben. So fragt er zum Beispiel, wie es sein könne, dass Atlantis einen Krieg gegen Athen geführt habe, schließlich sei Athen keine neuntausend Jahre alt. Es stellt sich dann heraus, dass tatsächlich nicht Athen gemeint sei, sondern dass es sich um ein Sinnbild handelte, damit man sich besser damit identifizieren konnte. In der ägyptischen Version der Geschichte war daher stattdessen Memphis genannt worden – das natürlich damals ebenfalls noch nicht existierte. Auf die Frage, ob dann Atlantis vielleicht ebenfalls ein Sinnbild sei, beteuert Kritias, dass die Beschreibungen sämtlich der Wahrheit entsprächen. Sokrates fragt als Nächstes, wie ein Land, das so groß wie Libyen und Asien zusammen gewesen sei, jenseits der Säulen des Herakles, also draußen auf dem endlosen und unerforschten Meer, existieren könne, wo man das Ende der Welt oder allenfalls grauenvolle Monster vermutete. Damals verwendete man den Begriff Libyen für ganz Nordafrika abzüglich Ägyptens, und unter Asien verstand man immerhin die bekannten Länder Vorderasiens. Atlantis müsste der Beschreibung nach also fast so groß wie Westeuropa gewesen sein. Kritias erklärt daraufhin noch einmal, was an anderer Stelle des Dialogs auch schon steht, dass es sich bei Atlantis um eine Inselgruppe gehandelt habe, die tatsächlich so groß gewesen sei. Er beschreibt, dass man mit dem Schiff eine wochenlange Reise zurücklegen musste, um sie zu erreichen, und dass jenseits von Atlantis ein weiteres Festland läge, das so groß sei, dass man es neben den drei von Herodot genannten Kontinenten Europa, Libyen – also Afrika – und Asien, ebenfalls als einen eigenen Kontinent ansehen müsse.«
»Der erste geschichtliche Hinweis auf Amerika?«, fragte Kathleen.
»So scheint es, ja. Nachdem Atlantis versank, heißt es in der Erzählung, sei ein Meer aus Schlamm übrig geblieben, das für kein Schiff passierbar sei. Und tatsächlich gibt es die sogenannte Sargassosee. Das ist ein Bereich des Meeres, der östlich der Bermuda-Inseln beginnt und sich länglich fast bis zu den Azoren ausdehnt. Die Meeresströmungen umschlingen dieses Gebiet. Fährt man von Europa aus mit dem Schiff westwärts, folgt man üblicherweise den Strömungen und Winden weiter südlich, und fährt man zurück nach Europa, folgt man dem Golfstrom oberhalb. Immer umfährt man die Sargassosee, jedenfalls galt dies, solange man auf Segel und die Kraft des Meeres angewiesen war. Dieser Bereich des Meeres ist salziger als normal, Flauten sind häufig, es existieren keine hilfreichen Strömungen, und das Wasser ist streckenweise mit einem dicken Teppich aus gelbbraunen Algen bedeckt, in dem kleinere Schiffe leicht stecken bleiben können. Historiker haben schon häufiger vermutet, dass das »unpassierbare Meer aus Schlamm‹ nichts anderes als eine Beschreibung der Sargassosee sein könnte.«
»Aber wenn da wirklich einmal
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