Projekt Atlantis
interessieren, was Sie uns über das Projekt erzählen können. Wie Sie auf die Idee zu dieser Unternehmung gekommen sind und was uns erwartet.«
Peter räusperte sich, legte sein Besteck auf den Teller, faltete seine Serviette und lehnte sich zurück. Dann begann er von seiner Arbeit zu erzählen und davon, wie er und der Franzose sich kennengelernt hatten. Er beschrieb den Fund in Alexandria und erklärte, was Patricks Expedition in Guatemala ans Licht gefördert hatte.
»Sehen Sie: Atlantis war stets nur eine Legende. Eine vielfach beachtete Legende zwar, aber es gab keinerlei historische Grundlagen. Außer jenem Text von Platon, der allerdings nur wenige konkrete Hinweise enthielt und der ja auch ebenso gut bloß eine Parabel hätte sein können.«
»Der Kritias- Dialog«, warf Kathleen ein.
»Dieser, so wie der Timaios- Dialog, ganz genau. Die wenigen Anhaltspunkte, die man aus den Texten ziehen kann, und die in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder herangezogen wurden, sind zum Teil widersprüchlich, sodass man nie sicher sein konnte, welcher Teil davon Wahrheit war – wenn überhaupt.
Nun kann man sich fragen, was die Legende von Atlantis zu einer so erfolgreichen Geschichte machte, die niemals in Vergessenheit geriet. Zum einen handelt es sich dabei um das archetypische Motiv des Sündenfalls. Wir finden es bei fast allen Völkern der Welt. Eine glanzvolle Kultur, die sich von seinen Werten entfernte und daher unterging. Aber darüber hinaus faszinierten seit jeher auch die Mutmaßungen über den hohen Zivilisationsstand. Atlantis wird beschrieben als ein Weltreich, dessen Ausdehnung dem des Römischen Reichs um nichts nachstand. Platon berichtet, Atlantis sei eine Insel so groß wie ein Kontinent gewesen, die sich außerhalb der Säulen des Herakles befunden habe. Dies war die alte Bezeichnung der Meerenge von Gibraltar. Demnach müsste Atlantis im Atlantik gelegen haben.«
»Ist das der Grund, weswegen der Atlantische Ozean so heißt?«, fragte John.
»Nein, eher andersherum«, sagte Peter. »Der Name des Ozeans geht auf den Gott Atlas aus der griechischen Mythologie zurück. Er wurde bereits vor Platon nach ihm benannt. Kritias, der in Platons Dialog die Geschichte erzählt, erklärt, die Namen, die er verwende, seien bloße Übersetzungen. So hätten die Ägypter, von denen ja die Überlieferung stamme, ihrerseits bereits die ursprünglichen Namen ins Ägyptische übersetzt, und Solon, der die Geschichte von dort mitbrachte, habe sie ins Griechische übertragen. Das war natürlich eine geschickte Erklärung dafür, dass sich im Atlantis-Mythos nur griechische Namen befinden. So sind also der Staat, die Herrscher und Götter alle nach griechischem Vorbild benannt, und die damaligen Zuhörer konnten sich besser mit dem Szenario identifizieren.«
»Und was ist nun im Einzelnen über Atlantis bekannt?«, fragte John.
»Dem heutigen Mythos von Atlantis ist im Laufe der Zeit viel hinzugedichtet worden, das gar nicht aus Platons Feder stammt, ähnlich wie man heute viele christliche Mythen kennt, die mit der Bibel nichts zu tun haben, sondern aus apokryphen Schriften stammen, aus der jüdischen Mystik oder aus esoterischen Quellen. Auch hier sehen wir eine Folge der Globalisierung, wenn Sie so wollen. Immer mehr Geschichten werden in einen Topf geworfen, durchdringen einander, vermischen sich, und daraus wird von Hollywood inszenierter und mit Coca-Cola beworbener Mythenbrei, in dem jeder auf der Welt irgendwelche Aspekte wiedererkennt, der aber nur noch homöopathische Dosen der wahren Inhalte enthält. Es ist eine Schande.«
»Atlantis, Peter«, erinnerte Patrick.
»Ja, sicher. Also, die Atlanter sollen eine Seefahrernation gewesen sein, die weit über den Ozean hinaus Handel betrieb. Ihre Hauptstadt befand sich auf der größten Insel und lag dort auf einer großen Ebene, die von einer Seite vom Meer und von den anderen drei Seiten von einem Gebirge begrenzt war. Die Stadt selbst war von drei breiten Ringen umgeben, Wasserkanälen, so breit und tief, dass Schiffe darin fuhren. Von allen vier Himmelsrichtungen führte je eine Straße mittels Brücken über die Kanäle und direkt in die Stadt. In der Stadt befand sich der Poseidontempel, das höchste Heiligtum, ganz mit Gold und Silber verkleidet.
Überhaupt sollen die Atlanter nicht nur architektonische Meister, sondern überaus zivilisiert und wohlhabend gewesen sein. Zum einen, weil ihre Insel fast paradiesisch fruchtbar und sehr effektiv
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