Projekt Babylon
erklimmbar schien und die deswegen anscheinend unbeachtet geblieben war.
Er sah sich auf der Terrasse um und prüfte den Fels auf allen Seiten. Bis hierher war es nicht allzu schwer gewesen. Wenn er nun weiter außen am Felsen vordrang, musste er aber besonders darauf achten, dass er denselben Weg auch wieder zurückgehen konnte.
Eng an den Berg gepresst, schritt er auf einem etwa einen Meter breiten Sims weiter. Sein Blick wanderte vom Stein vor ihm immer wieder nach unten, um abzuschätzen, ob er von unten zu sehen war und ob man ihn vielleicht beobachtete. Aber er machte sich nichts vor. Jemand, den er von hier aus im Wald nicht ausmachen konnte, würde ihn mit ziemlicher Sicherheit an der Felswand gut sehen können. Er konnte nur hoffen, dass einfach niemand da war, der zufällig nach oben schaute. Und er rechnete sich gute Chancen aus, unentdeckt zu bleiben, denn schließlich erwarteten die Ranger Eindringlinge bestimmt eher am Zaun als auf dem Berg.
Als sei er künstlich angelegt, führte der Sims an der Wand entlang, bis der Förster auf der anderen Seite des Berges angelangt war. Der Blick nach unten ließ nun das hier etwas sanfter abfallende Gelände erkennen und sogar einige Wiesen zwischen den spärlich stehenden Bäumen. Dies wäre die Stelle gewesen, an der man für den leichten Aufstieg hochgekommen wäre und die er sich gemerkt hatte. Und er hatte sich nicht getäuscht: Dort wäre er niemals unbemerkt hindurchgekommen. Er konnte eine Schneise und frische Reifenspuren wie von einem schweren Geländefahrzeug erkennen. Das war also tatsächlich schon das Gebiet, auf dem sich die Forscher und die Ranger aufhielten. Angestrengt hielt er nach weiteren Einzelheiten Ausschau, als er plötzlich stockte.
Den ziemlich steilen Felshang unter ihm führte ein Seil hinauf, das professionell verankert war. Offensichtlich diente es dazu, sich daran nach oben zu arbeiten. Und es endete direkt unter ihm!
Vorsichtig beugte sich der Förster nach vorn und erkannte, dass sich wenige Meter unter ihm ein anderer Felsabsatz befand. Das Seil führte dorthin. Deutliche Spuren auf dem Boden ließen erkennen, dass dort gearbeitet worden war. Als er schließlich noch einen Ölkanister entdeckte, war seine Neugier endgültig geweckt. Er sah sich fieberhaft nach einer Abstiegsmöglichkeit um und fand bald ein paar kleine Steinvorsprünge, die ihm sicher vorkamen. Kurz darauf hatte er den Felsvorsprung unter sich erreicht, und ein zweites Mal hielt er erstaunt inne. Was von oben wie ein kleiner Vorsprung ausgesehen hatte, war eine breite Terrasse, die in den Fels hineinführte. Dicht an der Wand standen Fässer und zwei Stromgeneratoren. Von hier aus führten Kabel zu einem Höhleneingang und verschwanden darin. Der Eingang selbst war aber mit einem schweren Stahltor verschlossen.
Das Tor war solide und mit einem Sicherheitsschloss versehen. Unmöglich, hier einzudringen. Doch was verbarg sich dahinter? Hatten die Forscher Gold entdeckt? Uran? Oder unternahmen sie geheime Experimente? War dies der Eingang zu einem Labor oder einem Lager?
Er betastete das Stahltor und versuchte, durch die schmalen Spalten zu spähen, die zwischen der unregelmäßigen Wand und den Bolzen lagen, mit denen der Rahmen des Tores im Eingang verspannt war. Im Inneren war es jedoch zu dunkel, um irgendetwas auszumachen. Aber er hatte es geahnt: Mit einer Tollwutseuche hatte dies so wenig zu tun wie Louis de Funés mit Charles de Gaulle.
Er bedauerte, dass seine Nachforschung hier ein jähes Ende fand. Er war so kurz davor! Aber es hatte keinen Zweck, zu versuchen, hier einzudringen oder darauf zu warten, dass sich doch noch ein Ranger hierher verirrte. Mehr würde er jetzt nicht erfahren. Nun konnte er sich nur noch direkt an die Forscher halten, und er hatte auch schon einen Plan, wie er es anstellen würde.
9. Mai, ein Gewölbe bei Albi
Lediglich ein halbes Dutzend mannshoher Kerzenständer erleuchteten den steinernen Saal. Fast hätte man es für einen romantischen Weinkeller halten können, wenn nicht die düsteren Möbel und die drohenden Wandmalereien eine andere Sprache gesprochen hätten. Auch der Boden war verziert. Mehrere konzentrische Kreise umschlossen ein übergroßes Pentagramm. Verschiedene magische Symbole waren um den Drudenfuß gruppiert, neben Beschriftungen in einer unleserlichen, archaisch anmutenden Schrift. Das Pentagramm schien auf dem Kopf zu stehen; es war so ausgerichtet, dass es mit einer Spitze zum unteren Ende des
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