Projekt Babylon
hatte genug gehört. »Ihr könnt beide gehen«, wies er die Männer an, die sich nach einem tiefen Nicken umdrehten und entfernten.
Eine Weile blieb er still im Halbdunkel sitzen und lächelte in sich hinein. Was für ein Fest! Professor Peter Lavell hier im Languedoc, zum Greifen nahe, und bei ihm die Untersuchungsergebnisse über den »Kreis von Montségur«!
Es wurde Zeit, dass die Hand von Belial ihre Fänge ausstreckte.
9, Mai, Büro des Bürgermeisters, St.-Pierre-Du-Bois
Didier Fauvel kochte vor Wut. Manche Leute behaupteten, es fehle nie viel, um ihn zur Weißglut zu bringen. Aber das stimmte nicht. Im Grunde war er ein sehr geduldiger Mensch. Er versuchte immer, es allen recht zu machen und auf alle Rücksicht zu nehmen. Und dann war es auch sein verdammtes Recht, dass man auf ihn Rücksicht nahm! Er stellte nun wirklich keine großen Ansprüche an die Intelligenz oder Opferbereitschaft seiner Mitmenschen, aber die Leute hatten ihn zu respektieren. Bei allem, was er für sie tat, war das nicht zu viel verlangt. Aber manchmal hatte er das Gefühl, nur von Idioten umgeben zu sein!
Heute war ein solcher Tag.
Luc hatte sein Hotel verkauft. Das Hôtel de la Grange. Einfach verkauft!
Mal abgesehen davon, dass sich Luc keinen beschisseneren Zeitpunkt dafür hätte aussuchen können, hatte er ihn gefälligst vorher von seinen Plänen zu informieren. Er war schließlich hier der Bürgermeister!
Wie hatte er Luc unterstützt, ihm Genehmigungen besorgt und ihm mit seinen Verbindungen geholfen, am Flughafen in Béziers Werbung zu machen, einen Eintrag im Michelin zu bekommen, ganz zu schweigen von den Subventionen. Gemeinsam hatten sie den Tourismus angekurbelt und nach St.-Pierre-Du-Bois geholt. Und nun hatte Luc nichts Besseres im Sinn, als sich an eine Schlampe aus Genf zu verkaufen.
Didier Fauvel schenkte sich einen Cognac ein und stürzte ihn hinunter.
Verdammt, was hatte sie ihm geboten? Hundert Millionen Euro? Ein Kasino in Monaco? Einen Sitz im Europarat?
Er schenkte sich nach und trat ans Fenster. Als er dabei mit der Hüfte an seinem Sessel hängen blieb und sein Glas fast überschwappte, versetzte er dem Möbel einen wütenden Tritt. Doch er bereute es sofort. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Zehen, und mit pochendem Fuß blieb er vor dem Fenster stehen.
Merde!
Er sah kopfschüttelnd in die Abenddämmerung hinaus. Er hatte keine Idee, wie er die Forscher jetzt einigermaßen elegant loswerden konnte. Sie richteten sich nun erst recht in ihrem neuen Privathotel häuslich ein. Es würde ihn nicht wundern, wenn nach und nach alle übrigen Gäste hinauskomplimentiert und in den nächsten Wochen ganze Horden von Wissenschaftlern auf Geheiß der GNES hier ihre Zelte aufschlagen würden!
Er fragte sich, wie oft es wohl vorkam, dass die Vereinten Nationen in Genf ein Hotel kauften, um eine Tollwut-Untersuchung in Südfrankreich zu unterstützen...
Er fragte sich auch, wie oft wichtige Industrielle in Paris ein Interesse daran hatten, dass ebendiese Untersuchungen eingestellt wurden...
Offensichtlich ging es hier um wesentlich mehr als um ein paar tote Füchse, auch wenn sein Förster mit dieser Lesart keine Probleme zu haben schien. Aber mit Levasseur hatte er sich nie gut verstanden. Fachlich mochte der Mann seine Qualitäten haben, aber er hatte keine Ahnung von Politik und von Wirtschaft. Nicht mal von Tourismus wollte er etwas wissen, im Gegenteil, er wollte ein Naturschutzgebiet errichten, wegen ein paar dämlicher Viecher und irgendwelcher seltenen Sumpfgräser oder was immer es gewesen war.
Nein, hier ging es um mehr, das roch förmlich nach einer großen Sache. Vielleicht hatte man eine Leiche gefunden, und nun war Europol im Spiel? Vielleicht einen alten geheimen Bunker mit den sterblichen Resten irgendwelcher prominenten Kriegsverbrecher? Ein Spionagefall, der nun aufgeklärt werden sollte, oder so etwas? Vielleicht hatte es auch mit Giftmüll zu tun, einem illegalen radioaktiven Endlager?
In jedem Fall musste es so Aufsehen erregend sein, dass man in Paris deswegen sehr nervös wurde.
Didier Fauvel ließ sich die Situation wieder und wieder durch den Kopf gehen. Er war nicht dumm, sonst hätte er diesen Posten nie bekommen, wäre nie dort, wo er heute angekommen war. Er wägte die Lage ab und seine Optionen. Im Grunde musste er Luc sogar dankbar sein. Erst durch den Verkauf des Hotels waren die Fronten und das Spiel offensichtlich geworden. Nun musste sich erweisen, wie gut er
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