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Prophezeiung der Seraphim

Prophezeiung der Seraphim

Titel: Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Vassena
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Bäume boten ihnen Schutz vor der Mittagshitze. Trotzdem quälte sie bald der Durst, denn sie hatten seit Tagesanbruch nichts mehr getrunken.
    Julies Kehle wurde so trocken, dass das Schlucken schmerzte, und ihre Lippen fühlten sich geschwollen an. Obwohl niemand sich beklagte, sah sie, dass es den anderen nicht besser ging. Erst am späten Nachmittag hörten sie Wasser plätschern und kamen, als sie dem Geräusch folgten, zu einer Quelle. Das Wasser war köstlich und kühl und gab ihnen Kraft, weiterzugehen. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass Nicolas’ Lackschuhe für längere Wegstrecken gänzlich ungeeignet waren. Er begann zu hinken und stöhnte bei jedem Schritt, bis Julie alle anhalten ließ und ihn zwang, den Schuh auszuziehen. Nicolas’ Seidenstrumpf hatte Falten geschlagen und ihm eine blutige Blase beschert, die jeden Schritt zur Qual machte.
    »Wunderbar«, sagte Fédéric. »Rache an Erzengel wegen schlech tem Schuhwerk gescheitert.«
    Julie warf ihm einen Blick zu, der ihn verstummen ließ.
    »Ich kann ihn heilen«, sagte Ruben, der die ganze Zeit über trotzig geschwiegen hatte.
    »Wenn du deine Gabe anwendest, haben wir innerhalb kürzester Zeit die Cherubim auf dem Hals. Wir sind noch viel zu nah an Paris, und meine Mutter würde spüren, wenn du Magie anwendest. Ich ziehe es vor, mit einer Blase am Fuß herumzulaufen«, sagte Nicolas verächtlich.
    Ruben antwortete nicht, sondern setzte sich einige Schritte entfernt unter einen Baum. War er schon wieder beleidigt? Julie zuckte die Schultern und kniete neben Nicolas nieder, um seinen Fuß zu untersuchen. Es war ihr ein wenig peinlich, und auch ihm war es offensichtlich unangenehm, dass seine blassen Zehen nicht den besten Geruch verströmten.
    »Ich hätte ein Paar Ersatzstrümpfe einstecken sollen«, scherzte er mühsam.
    Julie musste lachen. »Ich halt’s schon aus.«
    Sie hatte keine Ahnung, wie man eine solche Verletzung am besten behandelte, doch ihr war klar, dass Nicolas nicht weitergehen konnte, wenn sein Schuh ständig an der wunden Haut rieb. Kurzerhand wickelte sie den Seidenstrumpf wie einen Verband um Nicolas’ Fuß.
    Danach konnte er wieder besser laufen, aber trotzdem kamen sie nur langsam voran. Fédéric schimpfte leise vor sich hin, und wenn sie ihn auch nicht verstehen konnte, ahnte Julie, auf wen sich seine Verwünschungen bezogen. Alle atmeten auf, als sie endlich aus dem Wald heraustraten.
    Zwischenzeitlich hatten sie befürchtet, sie hätten sich verlaufen oder wären im Kreis gegangen. Doch nun lag vor ihnen, vielleicht eine halbe Stunde Fußweg entfernt, ein kleines Städtchen. Das Glockengeläut, das jetzt zu ihnen herüberklang, sagte ihnen, dass es sechs Uhr abends war. Julie beriet sich mit Nicolas und Fédéric, ob sie es wagen konnten, sich im Dorf zu zeigen.
    »Die Cherubim werden kaum ins Gasthaus reinplatzen«, meinte Fédéric.
    »Späher können überall sitzen«, widersprach Nicolas. »Vermutlich sind wir in der Nähe von Versailles. Dann wimmelt es hier von Leuten, die mit dem Hof zu tun haben.«
    »Wir gehen trotzdem«, entschied Julie. »Wir müssen essen und trinken.«
    »Wie Ihr wünscht, Mademoiselle.« Nicolas verbeugte sich.
    Habt ihr denn Geld dabei? Songe schien wie immer unbeteiligt und sprang einer Fliege hinterher. Julie kramte in ihrer Rocktasche, fand aber nur ein paar Sous.
    »Hier.« Nicolas zog mehrere Silbermünzen hervor. »Viel ist es nicht, da unser Aufbruch so überstürzt vonstattenging. Aber für eine warme Mahlzeit reicht es allemal.«
    Die Aussicht auf ein Abendessen beschleunigte ihre Schritte, und bald trafen sie in der Ortschaft ein. Sie schien wohlhabend zu sein, denn die Häuser waren ordentlich verputzt und das Pflaster sauber. In den Gassen waren viele Leute unterwegs, und Nicolas hielt eine junge Wäscherin an, die einen Weidenkorb mit Schmutzwäsche schleppte. »Liebchen, würdest du mir verraten, wie diese Stadt heißt?«
    Sie wurde rot, als Nicolas sie anlächelte, dann schob sie sich eine Haarsträhne unter die Haube. »Viroflay, Herr.«
    Nicolas küsste seine Fingerspitzen und blies ihr den Kuss zu, worauf die junge Wäscherin kichernd die Hüften schwenkte, ihren Weg aber erst fortsetzte, als er sich abwandte.
    »Laffe«, murmelte Fédéric.
    Julie war vollkommen seiner Meinung und setzte sich in Marsch, bevor Nicolas wieder zu ihnen aufgeschlossen hatte.
    Das Gasthaus, das sich links neben der Kirche auf dem länglichen Dorfplatz befand, war ein großes,

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