Psychologische Homöopathie
Hitze, Kälte und Trockenheit. In der Regel hat sie eine deutliche Aversion gegen Milch, die ihre Symptome auch verschlimmert, was bei Muriaticum selten vorkommt. (Viele Muriaticum-Typen meiden Milch, weil sie dadurch stärker verschleimen, aber das ist nicht dasselbe.) Eine Verschlimmerung lösen oft auch Säuren wie Essig und Zitrusfrüchte aus. Abgesehen von häufigen Klagen über Absonderungen im Nasenrachenraum konzentriert sich die Pathologie von Carbonicum auf die Därme und die Gelenke, was sie von Muriaticum unterscheidet. Natrium carbonicum neigt zu Blähungen und unspezifischen Bauchschmerzen wie auch Muriaticum, aber letztere kann ebenso unter schwerwiegenderen entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa leiden, was ich bei Carbonicum nicht erlebt habe. Ein sehr charakteristisches Symptom von Carbonicum ist das Gefühl des Brennens, vor allem unter den Fußsohlen, aber auch in den Gelenken.
Die körperliche Erscheinung von Carbonicum läßt sich leichter vorhersagen als die von Muriaticum. Meist sind sie dünn und knochig, was für das Gesicht ebenso gilt wie für den Körper. Das Gesicht ist meist von zahlreichen Fältchen gezeichnet, die die Ängstlichkeit widerspiegeln, und der Teint ist fast immer sommersprossig, obwohl das Haar im allgemeinen nicht rot oder blond, sondern eher mittelbraun und meist glatt ist.
Natrium muriaticum
Grundzug: unterdrückter Seelenschmerz
Natrium muriaticum ist – zumindest in den modernen Industriegesellschaften – der am weitesten verbreitete Konstitutionstyp. Nach meiner Erfahrung als Homöopath in England, Nordamerika und Australien würde ich schätzen, daß ungefähr ein Drittel aller Menschen in diesen Ländern Natrium sind. Dazu kommen etwa 20 Prozent Lycopodium und weniger als je 2 Prozent für die meisten der anderen Konstitutionstypen. Natrium muriaticum ist der vorherrschende Typ der modernen Zeit, ein Spiegelbild der Unterdrückung emotionaler Schmerzen, die mit der durchschnittlichen Erziehung in der heutigen Gesellschaft verbunden sind. Der Typ ist so verbreitet, daß viele Homöopathen die Hälfte seiner geistigen Charakteristika für »normal« halten und deshalb nicht erkennen, welches Mittel ihre Patienten brauchen. Außerdem weiß Natrium den inneren Schmerz und die Verwundbarkeit meist so gut zu verbergen, daß mancher Homöopath einen Patienten für offen und ausgeglichen hält, wenn dieser nur seinen emotionalen Schmerz nicht zeigt. Das Problem verschärft sich noch dadurch, daß viele Homöopathen selbst Natrium muriaticum sind, oft ohne es zu wissen, und deshalb das Mittel nicht erkennen können, weil es ihnen zu nahe ist. Kein Konstitutionstyp wird so oft und so leicht verfehlt wie Natrium muriaticum, obwohl das Arzneimittelbild zu den ersten gehört, die man lernt, und man allgemein davon ausgeht, es sei leicht zu erkennen.
Traditionell heißt es, Natrium-Typen seien introvertierte Menschen, die ihre Gefühle verbergen, Gesellschaft meiden und Sympathie hassen, die nicht weinen können und nicht fähig sind, ihre Zuneigung zu zeigen. Das mag soweit richtig sein, aber es ist eine grobe Vereinfachung, und die Homöopathen, die nur diesen »Archetyp« von Natrium erkennen, werden die Mehrheit ihrer Natrium-Patienten nicht einzuordnen wissen.
Ursprünge
Im Garten Eden war Natrium unbekannt, bis Adam und Eva den Zorn des Schöpfers erregten. Von diesem Moment an schämten sie sich und führten ein hartes Leben fern vom Paradies. Sie hielten sich für Sünder und sehnten sich zurück nach Hause. Diese kleine Allegorie eignet sich gut, um die Ursprüngeder Natrium-Psyche zu beschreiben, der inzwischen die Mehrheit der Menschen entspricht.
Der emotionale Schmerz, der im Zentrum der Natrium-Pathologie steht, hat seine Wurzeln in der frühen Kindheit, als die bedingungslose Liebe, die ein Kind braucht, nicht ausreichend gewährt wurde. Die Eltern meinen es gewöhnlich gut und lieben das Kind auf ihre Weise, aber ihre Liebe wird nicht bedingungslos und frei gewährt, weil die Erwachsenen ihren eigenen emotionalen Schmerz unterdrücken. Manchmal sind die Eltern auch ganz offen kalt und feindselig, und die Kinder solcher Menschen werden dann zu extrem verschlossenen und unglücklichen Natrium-Typen, wie sie im Lehrbuch stehen. Weit häufiger sind die Eltern jedoch einfach durchschnittliche Natriums, die sich nicht nur davor fürchten, ihre Gefühle zu zeigen, sondern sogar Angst haben, sie überhaupt zu fühlen. Die emotionale
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