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Psychologische Homöopathie

Psychologische Homöopathie

Titel: Psychologische Homöopathie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip M. Bailey
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fühlen. Das würde bei Natrium zu Schuldgefühlen führen, die er nicht ertragen kann. (Das ist eine Folge der Schuldgefühle, die er als Kind hatte, als er nicht bedingungslos geliebt wurde.) Zweitens könnte man emotional werden, was um jeden Preis zu vermeiden ist, denn es reißt die inneren Wunden auf, und drittens könnte man bedürftig oder närrisch wirken, was ebenfalls unerträglich wäre, denn es ist eine Art von Zurückweisung, die sowohl das Gefühl der Verlassenheit als auch das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit wieder aktiviert.
    Die Natrium-Konstitution ist ein direktes Ergebnis unserer Zivilisation. Ich gehe davon aus, daß es, bevor der weiße Mann auftauchte, in den »unzivilisierten« Lebensgemeinschaften der pazifischen Inseln nur relativ wenige Natrium-Typen gab. In solchen idyllischen, primitiven Paradiesen lieben dieFrauen ihre Kinder noch auf eine natürliche, nichtemotionale Weise. Sie verbringen viel Zeit mit ihnen, ohne erdrückend zu sein, und sie geben ihnen viel Körperkontakt, vor allem solange die Kinder noch klein sind. Der Vater geht jagen oder fischen, aber seine Arbeit ist ihm nicht wichtiger als seine Familie, sondern sie dient der Familie, und diese Sichtweise behält er auch bei. Das unterscheidet ihn von vielen zivilisierten Männern, die mehr und mehr Energie in ihren Job investieren und sogar zu Hause noch an ihre Arbeit denken.
    Wenn die Menschen zivilisiert werden, werden sie unnatürlich. Man erwartet von ihnen, daß sie ein bestimmtes Verhalten an den Tag legen, ganz gleich wie sie sich fühlen, und wenn das nicht geschieht, müssen sie mit schweren Strafen rechnen. So lernen sie, ihre Gefühle zu unterdrücken und Äußerlichkeiten immer wichtiger zu nehmen. Sie verlieren die Verbindung zu ihren Angehörigen und investieren mehr und mehr Zeit, um Prestige, Anerkennung und Sicherheit zu gewinnen. Sie lernen, erst andere und dann sich selbst zu belügen, um sich den Zwängen dieser unnatürlichen Welt anzupassen. Auf der globalen Ebene hat die Menschheit eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie das Natrium-Kind. Sie hat allmählich ihr Herz verloren und gelernt, mit einem armseligen Ersatz zurechtzukommen. Die Gesellschaft bringt Natrium-Charakteristika hervor, und Natrium-Menschen sind der Motor der gesellschaftlichen Entwicklung.
    Es gibt tausendundeinen Weg, wie Natrium sich selbst und sein Leben kontrollieren kann. Das deutlichste Beispiel einer umfassenden Natrium-Kontrolle, das mir einfällt, ist das Viktorianische England, wo die Menschen eine extrem lange Zeit damit verbrachten, »angemessen« zu erscheinen und alle Unannehmlichkeiten unter den Teppich zu kehren. Freundlichkeit war die höchste Tugend, und Etikette war ein absolutes Muß, wenn man »vorwärts«-kommen wollte. Überall auf der Welt legen die relativ wohlhabenden Mitglieder der herrschenden Klassen großen Wert auf Zeremonien, gute Manieren und eine aufrechte Haltung. Solche Leute sind konstitutionell fast immer Natrium muriaticum, obwohl das soziale System so eingerichtet ist, daß auch manche anderen Typen gut dazu passen, vor allem Kalium und Arsenicum.
    Natrium kontrolliert sich selbst, indem er sich nicht erlaubt, irgendwelche Gefühle auszudrücken. Dadurch kann er sehr starr und unnatürlich wirken. Er kontrolliert aber auch andere Menschen in seinem Umfeld, und zwar gewöhnlich ohne es zu merken. Über bestimmte Themen darf nicht gesprochen werden, und dafür kann Natrium auf verschiedene Weise sorgen. Dazu gehört beispielsweise das nonchalante Abtun mit einem Lachen oder einem »Sei nicht albem!« oder ein geschickter Themenwechsel. Dann gibt es das stille,beharrliche Leugnen, das um so beharrlicher wird, je mehr man es ignoriert: »Aber wir wissen doch, daß das nicht stimmt, nicht wahr?« Das kann schließlich in einer verschleierten Drohung enden, gewöhnlich als eine Art von Erpressung, die mit zusammengebissenen Zähnen herausgezischt wird: »Liebling, ich bin sicher, Mrs. Huntsford-Smythe würde liebend gerne etwas über deine neuesten literarischen Interessen erfahren«, sagt sie, wenn sie in seinem Arbeitszimmer gerade einen Stapel Playboy -Magazine gefunden hat. (Diese Art von Drohung wirkt als Parodie sehr komisch, so beispielsweise in der beliebten Lustspielserie Fawlty Towers , in der Sybil, eine außerordentlich typische Natrium-Frau, ihren Ehemann Basil terrorisiert, damit er den äußeren Schein im gemeinsamen Gästehaus aufrechterhält.)
    Wenn man das Haus oder die

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