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Psychologische Homöopathie

Psychologische Homöopathie

Titel: Psychologische Homöopathie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip M. Bailey
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abspaltet.
    Der Prozeß der Identifikation mit dem Intellekt vollzieht sich beim Phosphor-Menschen nur teilweise und unvollständig. Phosphor neigt dazu, die Welt wie ein kleines Kind zu erleben. Die sinnlichen Stimuli sind für Phosphor lebendiger und direkter, weil sie nicht im selben Ausmaß wie bei anderen Menschen durch den Verstand gefiltert werden (Kent: »sensibel für äußere Eindrücke«), infolgedessen wirken sie stärker auf ihn. Das gilt für angenehme und unangenehme Stimuli gleichermaßen. Ein schöner Sonnenuntergang kann Phosphor in Entzücken versetzen, wie nur wenige andere Sterbliche es je erleben, ein Entzücken, das den Verstand nicht mit einbezieht. Auf dieselbe Weise leidet Phosphor direkt unter der Häßlichkeit und Verwahrlosung eines Slums. Dies ist nicht die aufgebrachte Sorge von Causticum und auch nicht nur das Mitgefühl von Natrium, sondern Phosphor nimmt die Schwingungen des Ortes oder des Ereignisses durch eine Art psychischer Osmose auf, die wir alle in einem gewissen Grad erleben, aber durch Schichten der Empfindungslosigkeit und Ego-Verwurzelung abblocken. Phosphor ist wie ein Schwamm, der alle Eindrücke aus der direkten Umgebung aufnimmt und dann sowohl die angenehmen als auch die unangenehmen Wellen der Gefühle erlebt, die diese Eindrücke hervorrufen.
    Für Phosphor ist die Welt der Intuition und der Gefühle sehr lebendig und real, und das schließt auch die Gefühle anderer Menschen ein. Phosphor kann die Gefühle anderer übernehmen, manchmal sogar ohne es zu merken. So kann zum Beispiel eine Phosphor-Frau plötzlich ängstlich werden, ohne zu wissen warum, einfach weil sie neben jemandem sitzt, der große Angst hat. Sie kann auch ängstlich werden, weil jemand, den sie liebt, Hunderte von Kilometern entfernt in Gefahr ist (Kent: »Hellsichtigkeit«).
    Der romantische Dichter John Keats beschreibt in einem Brief an einen Freund sehr klar, wie beeindruckbar Phosphor ist: »Der Charakter des Dichters hat kein eigenes Selbst; er ist alles und nichts; er hat keinen Charakter; er genießt Licht und Schatten. Ein Dichter … hat keine Identität – er ist ständig auf der Suche nach einem anderen Körper, den er ausfüllt – die Sonne, den Mond, das Meer. Wenn ich mit anderen Menschen in einem Raum bin und dabei ausnahmsweise nicht über die Schöpfungen meines eigenen Gehirns nachdenke, dann gehe ich nicht als ich selbst nach Hause, sondern die Identität eines jeden Menschen im Raum beginnt mich zu prägen, so daß ich in sehr kurzer Zeit ausgelöscht bin.« (Das könnte auch auf Mercurius passen.)
    Weil Phosphor psychisch so außergewöhnlich offen ist, erlebt er die Wirklichkeit sehr viel umfassender und reicher als die meisten anderen Sterblichen, aber auch als verwirrender. Obwohl Phosphor über eine bemerkenswerte Intuition oder einen siebten Sinn verfügt, kann es ihm genausogut passieren, daß er seine Gefühle und Wünsche als Intuition mißdeutet und dadurch irregeführt wird. Seine Intuition ist nicht zuverlässig, weil sie in einem Meer von Sinneseindrücken, Gefühlen und Vorstellungen verlorengeht. Der Phosphor-Mensch treibt in einem Ozean ständig wechselnder Ereignisse (Kent: »Chaos«), bewundert dessen Schönheit, fürchtet die Schrecken und kämpft darum, an der Oberfläche zu bleiben und nicht vollständig in den Wellen zu versinken.
Naivität
    Kein Typ ist naiver als Phosphor (obwohl Pulsatilla, Barium und China ihm nahekommen). Phosphor ist so offen, daß er beinahe transparent wirkt, und das verleiht ihm die kindlichen Eigenschaften, die viele Menschen so an ihm mögen, während einige wenige dadurch in Wut geraten. Ein perfektes Beispiel für die Naivität von Phosphor findet man in der Gestalt der Maria, die Julie Andrews in dem Film The Sound of Music spielt. Alle Nonnen lieben sie, aber sie sind wütend über ihre flatterhaften Späße und ihre Unfähigkeit, erwachsene Konventionen wie Bescheidenheit und Anstand ernst zu nehmen (Kent: »achtlos«). Die Unschuld ist bei Phosphor Stärke und Schwäche zugleich. Wie Kinder bleiben manche Phosphor-Menschen auch in einer korrupten Welt unkorrumpierbar. Sie sind extrem idealistisch, aber sie können die Grausamkeit der Welt viel klarer sehen als die meisten und empfinden sie als sehr fremd. Maria kann die Strenge nicht ertragen, mit der der Nux-Kapitän seine Kinderschar behandelt, und während er nicht da ist, bringt sie den Kindern das Singen bei und läßt sie wieder das Wunder des Lebens erfahren.

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