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Psychologische Homöopathie

Psychologische Homöopathie

Titel: Psychologische Homöopathie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip M. Bailey
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sein, reagiert jedoch nicht auf Charles' inständige Bitten, aus dem Käfig herauszukommen, und winselt nur leise wie ein verletztes Tier (Kent: »Delirium mit Schläfrigkeit«, »Stöhnen im Schlaf«).Obwohl sie allmählich wieder zu einer Art normalem Bewußtsein zurückfindet und den Käfig oft verläßt, um mit ihren Kindern zu spielen oder mit ihrer Freundin Tee zu trinken, schläft sie doch jede Nacht darin. Charles stattet ihn mit Seidenkissen, teuren Vorhängen und einer Matratze aus. Er bedient sie wie ein unterwürfiger Sklave, bringt ihr das Essen und den Tee und fleht sie an, ihm zu vergeben. Sie spricht wenig mit ihm (Kent: »will nicht reden«) und straft ihn mit kindischem Schmollen, während sie gleichzeitig nach der Zuwendung schmachtet, die er ihr zeigt, und den Luxus genießt, der sie in ihrem kleinen, sicheren Käfig umgibt, wo sie an ihre zwei jüngsten Kinder gekuschelt schläft. Ich habe nie eine Pulsatilla-Frau erlebt, die sich so hysterisch benimmt, aber Emmas Hysterie paßt sehr gut zu Pulsatilla. Sie ist eine Reaktion auf den plötzlichen Liebesentzug (Kent: »Beschwerden durch Kränkung«), eine sehr passive Reaktion, die an die Art von Hysterie erinnert, die Pulsatilla in Kents Arzneimittellehre zugeschrieben wird (»puerperale Manie bei einer Frau von mildem, sanftem, tränenreichem Gehabe, die später traurig und schweigsam wurde und dann in ihrem Stuhl saß, den ganzen Tag nichts sagte oder nur mit Kopfbewegungen ein Ja oder Nein andeutete«).
    Pulsatilla-Frauen (und auch -Kinder) strafen ihre Familie oft mit einer Art emotionaler Hysterie, die in der Regel auf magische Weise wieder verschwindet, wenn sie sich der Liebe ihrer Angehörigen sicher fühlen. Emmas Hysterie ist interessant, weil sie nicht nur den Ehemann mit größter Hingabe an sie bindet, sondern ihr auch ein kuscheliges Nest und die Art von sinnlichem Luxus verschafft, den Pulsatilla so genießt. Obwohl sie geistig nicht ganz in Ordnung ist, ist sie doch gesund genug, um sich normal mit ihrer Freundin zu unterhalten (solange ihr ungewöhnliches Verhalten nicht zur Sprache kommt) und ihre Kinder zu versorgen. Diese Art von ausgesprochen selektiver Hysterie ist charakteristisch für Pulsatilla. Wenn sie sich in ihrer Partnerschaft nicht sicher fühlt, kann sie sich zwar anderen gegenüber normal verhalten, verlangt jedoch von ihrem Partner absolute Hingabe und ist ständig in Tränen aufgelöst oder zieht sich schweigend zurück, wenn er zu diesem Opfer nicht bereit ist.
    Pulsatilla ist ein launisches Geschöpf, das unter logischen Gesichtspunkten schwer zu ergründen ist, voller Widersprüche (so wie Männer sich eine typische Frau vorstellen). Vor allem ihre Einstellung zur Sexualität ist unberechenbar. Die alten Arzneimittellehren weisen immer wieder darauf hin, daß Pulsatilla eine Abneigung gegen Vertreter des anderen Geschlechts oder gegen Sex als solchen hat. Gleichwohl ist Pulsatilla ein sehr sinnlicher, leidenschaftlicher Typ, und sie hängt gewöhnlich sehr an ihrem Partner. Die Abneigung,auf die sich die alten Texte beziehen, hat wahrscheinlich mit einer Kombination von zwei Faktoren zu tun. Erstens reagiert Pulsatilla kindisch, wenn sie sich unsicher fühlt. Dann behauptet sie, diejenigen zu hassen, die sie eigentlich liebt, und verweigert sich sexuell, um ihren Partner zu strafen. Zweitens ist Pulsatilla leicht zu beeindrucken und nimmt die religiösen Lehren ihrer Erziehung sehr ernst und wörtlich, deshalb die Abneigung gegen Sexualität, die Homöopathen des vergangenen Jahrhunderts beschrieben haben, zu einer Zeit, als die Haltung der Kirchen zur Sexualität noch strenger war und stärker befolgt wurde als heute (Kent: »religiös begründete Abneigung gegen das andere Geschlecht«).
    Pulsatilla ist ein sehr sensibler und verletzlicher Typ. Sie ist leidenschaftlich, aber es geht ihr mehr um Liebe als um Sex als solchen. Man kann sich leicht vorstellen, daß sie einen Widerwillen gegen Sexualität im allgemeinen entwickelt, sofern sie in ihrer Jugend unangenehme sexuelle Erfahrungen gemacht hat. Sie ist ein außerordentlich romantischer Mensch und kann durch die lüsternen Annäherungsversuche von sexhungrigen Durchschnittsmännern unsanft aus ihren Phantasien über den Traumprinzen erwachen. Andererseits steht Pulsatilla in Kents Repertorium auch unter den Rubriken »lasziv« und »Nyrnphomanie«. Emma Badgery gab sich in ihrem Käfig mit fremden Männern ab, während ihr Ehemann bei der Arbeit war, und

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