Pubertaet fuer Anfaenger
bedeutet, das Richtige auch dann zu tun, wenn es die Eltern empfohlen haben.«
Mark Twain | US-amerikanischer Schriftsteller, 1835–1910
Die Erziehungswissenschaft verkündet in diesem Zusammenhang eine weitere beunruhigende Einsicht: Für Pädagogen ist die Pubertät beendet, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind:
erfolgreich abgeschlossene Schulausbildung,
selbstständiger Verdienst des Lebensunterhalts,
eigene Wohnung.
Gehen Sie also davon aus, dass heutzutage die ganze erste Hälfte des Lebens eines Europäers aus Pubertät besteht, und in manchen Fällen ist sie nicht nur vorübergehend. Sicher kennen auch Sie leicht ergraute Männer und Frauen in den besten Jahren, die unter dem Motto »Midlife-Crisis« oder »Wechseljahre« fröhlich vor sich hin pubertieren. Um wie ältere Geschwister ihrer Kinder auszusehen und deren Kleidergrößen tragen zu können, gehen sie ins Fitnessstudio oder unterziehen sich Operationen.
Warum gönnen wir also unseren Kindern nicht ebenfalls eine Langzeitpubertät? Immerhin wurde ja bereits das Renteneintrittsalter nach oben korrigiert.
Was Sie nun alles wieder tun können
Sie müssen jetzt ganz stark sein: In den allermeisten Fällen findet auch die ereignisreichste und fröhlichste Pubertät irgendwann ein Ende, weil der Pubertist auszieht, um zu studieren, eine Ausbildung zu beginnen oder die Welt zu entdecken. Er nimmt die Pubertät dann einfach mit. Von nun an müssen Sie selbst Türen schlagen, die Musik bis zum Anschlag aufdrehen und für heimeliges Chaos sorgen. Um die Leere auszufüllen und sich einigermaßen zu trösten, schlagen wir Ihnen alternative Aktivitäten vor:
Sie können nach dem Partner Ausschau halten, mit dem Sie zu Beginn der Pubertät glücklich zusammenlebten.
Sie können auf Reisen Kirchen und Museen besichtigen.
Sie können bei Familienfesten über den missratenen Nachwuchs der anderen lästern.
Sie können alle Fenster aufreißen und die Wohnung lüften, wann und so lange Sie wollen.
Sie können sich bei Nachbarn über laute Musik beschweren.
Sie können sicher sein, dass die Kosmetik, die Sie nachmittags gekauft haben, abends noch an ihrem Platz liegt.
Sie finden Ihr Auto da, wo Sie es abends geparkt haben. Es ist sogar noch vollgetankt.
Sie können wieder ans Telefon gehen. Der Anruf gilt Ihnen!
Sie können wieder Telefonrechnungen und Kontoauszüge zur Kenntnis nehmen, ohne ein Sauerstoffzelt zu benötigen.
Sie können morgens um 10 Uhr staubsaugen, ohne von einem verschlafenen und restalkoholisierten Pubertisten angepöbelt zu werden.
Sie können Ihr Selbstwertgefühl wieder aufbauen.
Sie können wieder kochen, was Ihnen schmeckt. Daran herummäkeln müssen Sie schon selbst.
Sie können unbeschwert zum Briefkasten gehen. Sie finden darin keine Mitteilungen von Schule, Polizei oder Justiz.
Sie können sich bei Telefonaten mit Ihrem Nachwuchs in gute Stimmung versetzen mit Sätzen wie »Ich habe keine Zeit« oder »Ich habe etwas anderes vor«.
»Jemand zu Hause?«
Der folgende Dialog zeigt beispielhaft die typischen Unabhängigkeitsbestrebungen von Eltern, deren Pubertisten vor kurzem flügge geworden sind. Er lässt aber auch ahnen, dass die elterlichen Instinkte niemals verstummen.
Das Telefon klingelt. Die 20-jährige Tochter, die vor kurzem ausgezogen ist, ruft an:
Vater: »Hallo?«
Tochter: »Hallo, Papa, schön, dass du mal da bist.«
Sie ist leicht angesäuert: »Endlich ist jemand zu Hause.«
Vater (verwundert) : »Wie meinst du denn das? Hast du es schon öfter probiert?«
Tochter: »Ständig rufe ich euch an, aber nie geht einer ans Telefon. Und keiner ruft zurück. Bin ich für euch gestorben?«
Vater: »Na hör mal, natürlich bist du für uns nicht gestorben. Aber wir haben zu tun. Ich gebe dir mal Mama, denn ich muss jetzt zum Joggen. War gerade auf dem Sprung! Ich hab dich lieb ... und meld dich mal wieder.«
Der Vater ruft nach der Mutter und flüstert dann: »Unser Fräulein Tochter ist dran und übel gelaunt. Ich geh dann mal.«
Mutter (freut sich ehrlich) : »Hallo, schön von dir zu hören.«
Tochter: »Stör ich?«
Mutter: »Nein, nein. Ich habe grade dein Zimmer gestrichen. Ich richte mir da ein Arbeitszimmer ein, das hab ich mir schon so lange gewünscht. Deine restlichen Sachen hab ich in Kisten gepackt und in den Keller gestellt. Ist alles beschriftet!«
Tochter: »Sehr nett von euch, dass meine Sachen nicht gleich auf den Sperrmüll gewandert sind. Ihr konntet es ja anscheinend kaum erwarten, mich
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