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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Juul
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der Noten. Nach einem klärenden Gespräch mit ihr vereinbarten wir, dass sie unsere Unterstützung gerne in Anspruch nehmen kann, die Initiative aber von ihr ausgehen muss. Wir sind dabei, einen Mittelweg zu finden, mit dem Ziel, dass sie mehr und mehr selbstständig und eigenverantwortlich ihre Aufgaben löst. Mit Ermutigung haben wir auch schon kleine Erfolge erzielt. Das Seminar fand in einer angenehmen Atmosphäre statt, bei guten Rahmenbedingungen. Wir waren angenehm überrascht von der Offenheit und Kooperationsbereitschaft der Eltern und vor allem der Jugendlichen. Es tat uns gut zu sehen, dass wir mit unseren Problemen nicht alleine sind. Dies gibt uns Kraft und Mut. Vermisst habe ich etwas das Appellieren an die Jugendlichen, auch ihren Beitrag zu einem harmonischeren Familienleben zu leisten. Schade, dass die Jugendlichen nicht mehr Zeit hatten, sich kennenzulernen und auszutauschen.

FAMILIE 10
    Wie sollen wir miteinander umgehen?

DABEI SIND: MUTTER. IHRE BEIDEN SÖHNE SIND IM PUBLIKUM UND HÖREN ZU. DER VATER IST VOR EINEM HALBEN JAHR GESTORBEN.
    MUTTER: Ich bin hier, weil mich die Frage beschäftigt, wie ich mit meinem 19-jährigen Sohn umgehen soll, der noch bei mir lebt. Einerseits habe ich schon viel abgegeben, und das ist echt entlastend, mich nicht mehr so verantwortlich zu fühlen. Andererseits sehe ich, dass es ihm nicht gut geht, dass er eigentlich Hilfe bräuchte, aber ich kann ihm diese Hilfe nicht geben. Er ist im Moment zu Hause, hat die Schule abgebrochen, kurz vorm Abschluss, und hängt jetzt rum (wie man so sagt). Am Anfang war es schwer für mich. Ich habe noch versucht, Druck auszuüben und zu sagen: »Du kannst hier wohnen und leben, du musst kein Abitur machen, eine Ausbildung ist auch ok.« Dann habe ich gesagt: »Auch keine Ausbildung, nur einen Job, nur irgendwas oder ein freiwilliges soziales Jahr.« Das hat er bis jetzt nicht geschafft. Durch den Druck, den ich gemacht habe, hat er einen Job begonnen, dann auch gleich wieder fallen lassen. Ich sehe aber auch, dass er nicht böswillig oder faul ist, sondern ich sehe, dass er blockiert ist. Er will mich auch nicht enttäuschen. Er findet es nicht toll, es hemmt ihn noch zusätzlich, dass er uns bzw. mich - mein Mann ist gestorben letztes Jahr - so enttäuscht hat. Ich denke, dass er Hilfe bräuchte von außen. Er hat Kontakt zu einem Therapeuten aufgenommen, das hat er begonnen, aber das hat er nicht zu Ende geführt. Vor Kurzem hat er selber
gesagt: »Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie was vollendet«, und das ist auch so ein bisschen sein Thema. Deshalb nun meine Frage: Wie geh ich damit um? Ich versuche l oszulassen, denn das tut mir ganz gut, mich um meine Dinge zu kümmern, und ich habe auch genügend andere Baustellen. Andererseits, da wir ja noch zusammenleben, bin ich immer wieder konfrontiert damit, und das holt mich immer mal wieder ein, sodass ich wieder mal die Mutter raushängen lasse und irgendwas Blödes sage. Jetzt kommt von außen, von der Verwandtschaft, von Freunden usw.: »Du musst ihn rausschmeißen. Der hat es zu gut zu Haus, solange er so behütet ist und nicht spürt, was es bedeutet, wenn man für sich selber Verantwortung übernehmen muss, dann wird sich auch nichts ändern.« Vom Kopf her kann ich das nachvollziehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich richtig ist und ob es ihm wirklich helfen würde. Dann habe ich auch noch das Problem, dass ich finanzielle Nachteile dadurch habe, dass er keine Ausbildung macht. Ich kriege kein Kindergeld, keine Halbwaisenrente, und er trägt nichts dazu bei. Ich denke, das Finanzielle sollte jetzt nicht so ein Thema sein, aber irgendwo wurmt es mich halt doch, und ich finde es ungerecht und denke, er sollte seinen Beitrag leisten, und am Anfang hat er das auch gemacht. Kurz nachdem mein Mann gestorben ist, hat er so diese Hausmannrolle übernommen und das Kochen und die Küche zu Hause. Und das fand ich auch gut, aber das hat er jetzt ziemlich vernachlässigt, und ich hab mich nicht verlassen können, dass er diese Aufgabe wahrnimmt. Irgendwie denke ich, ob das eine Eltern-Kind-Beziehung ist? (So sehe ich das ja auch nicht mehr.) Auch in der Partnerschaft erwartet man, dass halt jeder seinen Beitrag leistet. Ich hab gedacht, ich muss ihm nur Zeit geben, und das habe ich auch gemacht. Die Frage ist, wie lange. Meine Frage ist: Inwieweit fördere ich diesen Zustand, in dem er sich jetzt befindet, indem ich einfach nichts tue und einfach
nur zugucke?

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