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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Juul
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Oder ist es nicht meine Aufgabe, ihn zu konfrontieren? Denn wenn ich es nicht tue, wer tut es dann?
    JUUL: Das Letzte kann ich beantworten. Er konfrontiert sich jeden Tag selbst. Das ist also nicht notwendig. - Zu deiner ersten Frage gibt es viele Ideen und Theorien. Hier in Deutschland hört man es oft so, wie es deine Verwandten gesagt haben. Ich weiß es nicht. Ich würde gerne mal eine große Untersuchung durchführen, um festzustellen, ob dieser Weg etwas geholfen hat oder ob das nur etwas ist, was man eben so macht. Also so ein Elternspiel. Ich glaube, wie du das bis jetzt gemacht hast, ist es sehr vernünftig, d.h. sich nicht für eine gewisse Strategie zu entscheiden. Denn Strategien gehören zum Krieg oder zur Werbung. Aber es geht um deine wahren Grenzen: Womit kannst du leben und womit kannst du nicht leben?
    MUTTER: Ja, das ist schwierig. Diese Frage habe ich mir ja schon gestellt. Einerseits ist da die Ratio oder diese Konzepte, die man hat: Das muss so und so sein. Andererseits ist aber auch das Gefühl dabei, dass ich da vielleicht nicht wirklich dahinterstehe. Das ist das, was ich eigentlich nicht wirklich weiß.
    JUUL: Ich denke immer, wenn ich solche Geschichten höre, an einen der großen Künstler dieser Welt, den Schauspieler Danny Kaye, mittlerweile verstorben. Er hat eine wunderbare Geschichte erzählt: Er war der Jüngste einer jüdischen Bankiersfamilie in New York. Jeden Sonntag trafen sich alle zum Mittagessen, Großeltern, Onkel usw., und redeten über ihre Kinder: »Mein Sohn ist in Harvard, mein Sohn ist hier, mein Sohn verdient so viel …« Und sie fragten: »Wie geht es mit Danny?«, und der Vater antwortete: »Schlecht, er macht eigentlich nichts, er schläft bis zwei Uhr nachmittags, und die ganze Nacht ist er in den kleinen Theatern am Off-Broadway unterwegs.« Alle Verwandten schimpften den Vater und sagten: »Du musst etwas tun!«, und jeden Sonntag antwortete der Vater: »Ja, ich muss etwas tun.« Was er eigentlich machte, war, jeden Morgen, bevor er
in die Bank ging, fünf Dollar unter Dannys Kopfkissen zu legen. Das war die einzige Unterstützung, die er ihm im Geheimen geben konnte, denn in der Öffentlichkeit musste er dieses Spiel mitmachen. Das hat nicht nur das Leben von Danny Kaye gerettet, es hat aus ihm auch einen wunderbaren Künstler gemacht. - Also, was ist richtig, was ist falsch? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir als Eltern mit diesem Rollenspiel aufhören können. Wir sind noch wichtig als Sparringspartner, wir sind noch wichtige Vorbilder und Modelle für unsere Kinder. Man sollte seine wahren Grenzen, seine eigenen Werte, seine eigenen Gefühle nicht für seine Kinder opfern. Man sollte nicht eine Beziehung aufbauen oder ständig haben, in der man sagt: »Mit dir zusammen zu sein tut mir weh, kostet mich immer viel, aber weil ich dich liebe, mache ich das mit.« Das ist, glaube ich, furchtbar für beide und für die Beziehung. Aber wenn man spüren kann: »Das ist eigentlich für mich ok, ich fühle mich wohl«, dann kann man weitermachen oder ändern, wenn es sich ändern lässt. Aber für solche Ideen wie die deiner Verwandten habe ich sehr wenig Respekt. Ich glaube, Goethe hat das gesagt: »Man merkt die Absicht und ist verstimmt.« Es ist immer eine Art von Manipulation: Ich verhalte mich auf eine bestimmte Weise, weil ich eigentlich will, dass du anders wirst, und das funktioniert nie in Liebesbeziehungen. Nie.
    MUTTER: Ja. Ich weiß.
    JUUL: Ich kann mich als Mutter fragen: Kann ich mir vorstellen, dass ich in fünf Jahren zu meinem Sohn komme und sage: »Jetzt habe ich so viel für dich geopfert und deine Schuld dafür ist so groß.« (Juul zeigt einen halben Meter an.) Wenn das eine Möglichkeit ist, dann muss man aufhören! Es muss nicht notwendigerweise ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen entstehen. Aber kann ich meinem Sohn, meiner Tochter, meiner Frau etwas mit einer offenen Hand geben, ohne dass ein Preis dahintersteht? Das ist wichtig, alles andere ist Quatsch. Ich kenne
deinen Sohn ja nicht, aber für mich hört es sich so an, als befindet er sich in einer Art existenzieller Krise, und das kann lange dauern. Für Erwachsene (also so »richtig« Erwachsene) haben wir ganz andere Normen. Wären eine Frau wie du oder ein Mann wie ich in einer solchen Situation, dann würde unser Hausarzt und Therapeut sagen: »Sie müssen sich krank melden. Sie brauchen mindestens ein halbes Jahr, wo Sie sich um sich selbst kümmern können.« Aber

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