Puerta Oscura - 01 - Totenreise
Anstrengung forderte ihren Tribut, und hier in der geschützten fließenden Umgebung ließ die Anspannung in ihm endlich nach. Beatrice bemerkte es und lächelte; Schlaf war das Beste, um die Stunden der Zeitreise zu nutzen.
***
Jules reagierte noch immer nicht. Doch Daphne konnte sich jetzt nicht darum kümmern; dem Vampir durfte keine Gelegenheit gegeben werden, sich zu erholen. Sie bekreuzigte sich und näherte sich ihm langsam, das Medaillon auf ihrer Brust gut sichtbar und mit einem angespitzten Pflock in Händen. Leise murmelte sie dabei Zaubersprüche, uralte Formeln, die ihn, zusammen mit der Aura der Dunklen Pforte, weiter schwächten. Das Monster spürte die Kräfte der alten Frau, trotzdem gelang es ihm, als sie die Ecke, in der er lag, erreichte, ihr einen Stoß zu versetzen und den Pflock zu entreißen. Daphne stürzte schwer gegen mehrere Sessel und blieb wie benommen liegen. Auf einmal waren feste Tritte zu hören, doch Varney achtete nicht darauf. Er konzentrierte sich, um endlich diese Wahrsagerin loszuwerden, die ihm andauernd einen Strich durch die Rechnung machte.
»Gautier!«, rief da eine männliche Stimme.
Alle hörten die Stimme, und die Ruhe und Nachdrücklichkeit, die in ihr lagen, erfüllten auf einmal den Raum.
Daphne erhob sich und ihre Lebensgeister kehrten zurück, als sie den Neuankömmling als den Gerichtsmediziner erkannte, auf den sie im Institute Anatomique Forense getroffen war. Daphne brauchte nicht lange, um das Schwert zu identifizieren, das er bei sich trug, und auf einmal fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Er war der Wächter der Pforte. Also war es doch kein Mythos.
Überrascht musste der Vampir feststellen, dass er den Mann von der Bruderschaft nicht getötet hatte, und er machte sich bereit zum Kampf. Doch sein Gegner hatte nicht die Absicht, ihm eine Gelegenheit zum Angriff zu geben; zu viel Blut war in den letzten Tagen durch dieses Ungeheuer vergossen worden. Varney sah gerade noch, wie Marcel Laville mit seinem japanischen Schwert nach ihm stieß und ihn mit der Silberklinge durchbohrte. Der Vampir brüllte, als er das brennende Silber spürte. Seine unmenschlichen Augen füllten sich mit dunklem Blut und traten aus den Höhlen, doch der Wächter ließ sich nicht einschüchtern. Er hielt aus und stieß tiefer, bis der Griff seiner Waffe auf die Brust des Vampirs traf. Dann trat er einen Schritt zurück, um den Todeskampf dieses schrecklichen Wesens mit anzusehen. Das Schwert ragte weit aus dem Rücken des Vampirs hervor, die Klinge bedeckt von Resten dunklen, verwesten Fleischs. Doch nun geschah etwas Überraschendes: Mit zitternden Händen packte Varney den Griff des Schwerts, und ohne den Blick von seinem Angreifer abzuwenden, zog er es langsam wieder aus seinem Körper, während er sich rückwärts entfernte.
Marcel Laville, der Wächter, war wie gelähmt. Selbst jetzt noch war der Vampir in der Lage, ihn und die anderen mit seiner Kraft zu beeindrucken. Er fragte sich, was wohl nötig war, um dieses Höllenwesen endgültig zu vernichten.
Der Vampir lächelte, und von seinen Lippen tropfte schwärzliches Blut, das über seinen Hals bis hinab zu der offenen Wunde lief. Seine zunehmende Schwäche gab ihm plötzlich ein menschliches Aussehen. Seine Fingernägel waren keine tödlichen Waffen mehr, und seine Gesichtszüge wurden weich und sahen nun dem echten Varney viel ähnlicher. Seine spitzen Eckzähne allerdings besaß er noch.
Noch immer war Laville bewegungslos, was der Vampir nun als seine letzte Chance erkannte. Er holte zu einem Gegenschlag aus, der den Wächter völlig unvorbereitet traf.
Blitzschnell war er bei Marcel und legte seine Eiseshände fest um seinen Hals. Dann drückte er zu.
Die beiden stürzten zu Boden, und obwohl sich Marcel mit aller Kraft wehrte, gab Varney nicht nach.
Das Gesicht des Wächters verzerrte sich, während er vergeblich versuchte, sich aus dem stählernen Griff zu befreien, der ihm die Luft abschnürte. Dominique versuchte, sich zu ihnen schleppen, um das Weihwasser zum Einsatz zu bringen, das er auf dem Boden wiedergefunden hatte. Auch Daphne setzte sich in Bewegung, um Laville zur Hilfe zu eilen.
In diesem Moment donnerte eine Stimme: »Polizei! Hände hoch, Varney, oder ich schieße!«
Die offene Tür des Dachbodens füllte eine massige Gestalt, die ihren Revolver auf den Vampir gerichtet hielt.
50
ALS PASCAL ERWACHTE, fühlte er sich viel besser.
Der schützende Zeitkanal spuckte sie aus, und die drei
Weitere Kostenlose Bücher