Puerta Oscura - 01 - Totenreise
klar ist nur, dass der Vampir vor seiner Attacke mit ihm gesprochen hat und dann verschwunden ist.«
»Der Vampir hat mit ihm gesprochen?« Dominique war verblüfft. Pascal, der die ganze Zeit an Michelle denken musste, hörte kaum zu.
»Ja. Er hat ihm eine Frage gestellt, die mich überrascht hat: nicht über den Wanderer zwischen den Welten, sondern über den Ort, an dem sich die Dunkle Pforte befindet. Es war nur so, dass Edouard bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts von einer Dunklen Pforte wusste.«
»Das heißt …«, begann Pascal endlich.
»Das heißt, dass der Vampir nicht nur dich sucht, sondern eben auch die Pforte«, beendete Dominique den Satz. »Also bist du nicht in Gefahr, oder?«
»Warum sollte der Vampir dann Michelle entführen?«, fragte Pascal verständnislos.
»So einfach ist das alles nicht«, bemerkte Daphne. »Könnt ihr euch nicht vorstellen, warum er die Pforte finden will?«
»Nein, ich versteh’s nicht«, stellte Pascal fest. »Angenommen, er will nicht in seine Welt zurück, dann müsste er sich ganz im Gegenteil von der Pforte möglichst fernhalten.«
Daphne nickte.
»Das wäre logisch. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass er auf der Suche nach dir ist, weil du als Wanderer über besondere Fähigkeiten verfügst und eine Bedrohung für ihn bist. Du kannst ihn nämlich zerstören oder ihn wieder in die ewige Finsternis verbannen. Doch das Vorgehen des Vampirs ist viel ausgeklügelter. Überlegt doch: Wenn er die Pforte nämlich findet und sie zerstört, kann er auf jeden Fall in dieser Welt bleiben.«
»So perfekt ist der Plan nicht«, behauptete Pascal, das Bild von Michelle vor Augen. »Mich gibt es dann ja immer noch. Wenn du also sagst, dass ich ihn zerstören kann … Ich werde alles tun, um Michelle zu retten.«
»Und ich helfe dir dabei«, fügte Dominique hinzu.
Daphne kratzte sich nachdenklich am Kopf.
»Der Plan wäre perfekt, wenn es dem Vampir gelingt, die Dunkle Pforte zu vernichten, während du dich im Reich der Toten aufhältst«, stellte sie fest. »Dann kommst du nämlich nicht mehr zurück.«
»Verdammt«, Pascal schnappte nach Luft. »Dann ist ab sofort Schluss mit meinen Reisen ins Jenseits. Ich habe allerdings sowieso nicht daran gedacht, mich jetzt von der Stelle zu rühren, ehe ich herausgefunden habe, wo Michelle ist.«
Voller Mitgefühl schüttelte Daphne den Kopf: »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, sie zu finden, zumindest nicht in dieser Welt.« Sie seufzte. »Und an dieser Stelle kommt die Entführung eurer Freundin ins Spiel. Was ich euch dazu zu sagen habe, wird euch nicht gefallen.«
Daphne erhob sich aus ihrem Sessel und trat vor die Bücherwand. Dort zog sie einen dicken Band mit einem speckigen schwarzen Einband heraus, auf dem ein fünfeckiger Stern in Rot abgebildet war. Daphne öffnete das Buch mit einer gewissen Beklommenheit und blätterte darin, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Sie las ein paar Zeilen still für sich.
»Hier steht es«, sagte sie. »Es gibt ein verbotenes satanisches Ritual, das es ermöglicht, einen lebenden Menschen als Opfergabe ins Reich des Bösen zu schicken.« Sie sah die beiden Jungen an. »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht; der Vampir muss diesen Weg mit Michelle gegangen sein. Und allein das passt zu meiner Vision; sie ist nicht tot, aber auch nicht mehr in unserer Welt, das spüre ich.« Daphne hielt inne und überlegte. »Das satanische Ritual, es ist so geheim …«, sagte sie dann, »ich kann mir nicht vorstellen, dass mehr als zwei oder drei Menschen es kennen. Außerdem benötigt man dafür ein paar Dinge, die sehr schwer zu bekommen sind. Deshalb ist auch nicht bekannt, dass irgendjemand es jemals angewandt hätte. Bis jetzt.«
Pascal konnte nicht mehr still sitzen. Wollte Daphne ihnen etwa weismachen, dass man Michelle in die Hölle gebracht hatte? Ihm wurde ganz schwindlig.
»Die einzig mögliche Auslegung meiner Vision ist diese«, schloss Daphne ernst. »Da der Vampir ein Wesen der Dunkelheit ist, kennt er natürlich das Ritual, und dank seiner Verbrechen hat er auch«, sie räusperte sich, »das Material, um es zu vollziehen.«
Verbrechen. Der einzige Mord, von dem die beiden Freunde wussten, war der an Delaveau, doch Daphne hatte im Plural gesprochen: Es gab also noch mehr Opfer. Und sie waren die Voraussetzung für das satanische Ritual.
»Willst du etwa sagen …?«, stammelte Pascal.
»Ja«, gestand Daphne. »Mein Gefühl sagt mir, dass er die Zeremonie mit
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