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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verüben nur Selbstmord. Die meisten anderen aber fallen über andere her.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Soweit wir das beurteilen können, fallen alle anderen über andere her.« Wie als Bestätigung fiel auf der anderen Straßenseite ein weiterer Schuss, dann folgte eine Pause, nach der rasch nacheinander noch drei Schüsse auf dem schattigen Vorplatz des Hotels Four Seasons knallten, der jetzt mit einem Gewirr aus zersplittertem Glas, zerschmetterten Körpern, demolierten Autos und vergossenem Blut bedeckt war. »Wie in der beschissenen Nacht der lebenden Toten.« Officer Ulrich Ashland, dessen Hand weiter auf dem Pistolengriff lag, wandte sich ab, um über die Boylston Street zurückzugehen. »Bloß dass diese Leute nicht tot sind. Das heißt, außer wir verhelfen ihnen dazu.«
    »Rick!« Das war ein Polizist auf der anderen Straßenseite, der da aufgeregt rief. »Rick, wir müssen zum Logan rausfahren! Großalarm! Sieh zu, dass du rüberkommst!«
    Officer Ashland sah sich nach allen Seiten um, aber im Augenblick herrschte kein Verkehr. Abgesehen von den Autowracks, war die Boylston Street vorübergehend leer. Aus der Umgebung waren jedoch weitere Explosionen und Zusammenstöße zu hören. Der Rauchgeruch wurde stärker. Er ging über die Straße davon, drehte sich auf der Hälfte aber noch einmal um. »Sehen Sie zu, dass Sie irgendwo reinkommen«, sagte er. »Gehen Sie in Deckung. Einmal haben Sie jetzt Glück gehabt. Das nächste Mal vielleicht nicht.«
    »Officer Ashland«, sagte Clay. »Ihre Leute benutzen keine Handys, oder?«
    Ashland betrachtete ihn von der Mitte der Boylston Street aus -nach Clays Meinung nicht gerade ein sicherer Aufenthaltsort. Er musste an das durchgegangene Duck Boat denken. »Nein, Sir«, sagte Ashland. »In unseren Wagen haben wir Funkgeräte. Und diese hier.« Er schlug leicht auf das Funksprechgerät, das dem Halfter gegenüber an seinem Gürtel hing. Clay, ein Comicsüchtiger, seit er lesen konnte, kam kurz Batmans wundervoller Gerätegürtel in den Sinn.
    »Benutzen Sie bloß keine«, sagte Clay. »Sagen Sie's auch den anderen. Keine Handys benutzen!«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Weil die es getan haben.« Er zeigte auf die tote Frau und das bewusstlose Mädchen. »Kurz bevor sie übergeschnappt sind. Und ich gehe jede Wette ein, dass auch der Kerl mit dem Messer ...«
    »Rick!«, brüllte der Polizist auf der anderen Straßenseite noch einmal. »Scheiße, beeil dich, Mann!«
    »Gehen Sie also in Deckung«, sagte Officer Ashland wieder, dann trabte er zum Four Seasons hinüber. Clay wünschte sich, er hätte seine Warnung vor Handys wiederholen können, aber insgesamt war er ebenso froh, den Cop in Sicherheit zu sehen. Nicht, dass er glaubte, dass irgendjemand das in Boston wirklich war, nicht an diesem Nachmittag.

4
    »Was machen Sie?«, fragte Clay den Mann, der Tom McCourt hieß. »Fassen Sie ihn nicht an, er könnte, ich weiß nicht, infiziert sein.«
    »Ich fasse ihn nicht an«, sagte McCourt, »aber ich will meinen Schuh zurückhaben.«
    Wenigstens hatte der Schuh, der in der Nähe der gespreizten Finger der linken Hand des Verrückten lag, nichts von der Blutfontäne aus der Austrittswunde abbekommen. McCourt hakte zwei Finger vorsichtig über den hinteren Rand und zog ihn zu sich her. Dann setzte er sich auf den Randstein der Boylston Street - genau dort, wo der Mister-Softee-Wagen zu einer Zeit, die Clay jetzt wie ein anderes Leben erschien, gestanden hatte - und schlüpfte mit dem Fuß hinein. »Der Schnürsenkel ist gerissen«, sagte er. »Dieser verdammte Irre hat den Schnürsenkel zerrissen.« Er begann wieder zu weinen.
    »Vielleicht geht's irgendwie«, sagte Clay. Er machte sich daran, das Schlachtmesser aus der Künstlermappe zu ziehen. Es war mit gewaltiger Wucht hindurchgestoßen worden, und er merkte, dass er es nur freibekam, wenn er damit hin und her wackelte. Es kam widerstrebend heraus: mit einer Serie von Rucken und hässlichen Scharrgeräuschen, bei denen er sich am liebsten gekrümmt hätte. Er fragte sich immer wieder, wer dort drinnen wohl am meisten abbekommen hatte. Das war zwar dämlich, nichts als Schock-Denken, aber er konnte nicht anders. »Können Sie ihn nicht weiter unten binden?«
    »Doch, ich glaube sch...«
    Clay hatte ein mechanisches Mückensurren gehört, das sich jetzt zu einem näher kommenden Brummen steigerte. McCourt verrenkte sich auf dem Randstein sitzend den Hals. Clay drehte sich um. Die vom Four Seasons

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