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Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)

Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)

Titel: Puppenbraut: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May B. Aweley
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wie es tatsächlich gemeint war? Wieso half das geteilte Mitgefühl nicht, selbst wenn es so herzlich war? Es schmerzte sie, diese Menschen so zu sehen. Leidend. Zerstört. Es gab einen einzigen Menschen auf dieser Welt, der sie im nächsten Augenblick unendlich glücklich machen konnte. Wenn er gnädig gewesen wäre. Wenn...
     
    „Raffaella ist noch beim Pflegepersonal, um nach Amys Befinden zu fragen“, hörte sie Larry metallisch sagen, der die bedrückende Stille krampfhaft zu durchbrechen versuchte. Dafür, dass er in diesem Moment nicht nach ihren Artikel-Recherchen fragte, hatte sie vollstes Verständnis. Zoey musste sie dennoch erwähnen, um wenigstens an dieser Stelle weiterzukommen. Offensichtlich sind sie zum Duzen übergegangen, was Ell manchmal in ihrer Arbeit half.
     
    „Es tut mir leid, wenn ich das anspreche, doch vielleicht können Sie mir bei meinen Recherchen weiterhelfen. Es geht um Zoey.“
     
    Der Mann drehte energisch seinen Kopf in Doreens Richtung, verschnaufte ausgiebig. Dann erhob er sich von der Bettkante. Als ob er Angst hatte, dass diese Unterhaltung einen negativen Einfluss auf Amys derzeit eher bewusstlosen Zustand nehmen würde, ging er in Richtung der Journalistin.
     
    „Was möchten Sie über meine Tochter wissen?“, flüsterte Larry.
     
    „Einfach wie sie ist. Aus Ihrer Sicht! Was sie mag. Was sie hasst. Kurzum, ob Ihnen aufgefallen ist, dass sich etwas in letzter Zeit geändert hat?“, schoss sie ihre Fragen etwas unsensibel heraus. Alle Worte, die sie jetzt hätte sagen können, waren in dieser Situation und bei diesem Mann falsch, der gerade um die zwei wichtigen Personen in seinem Leben trauerte. Daher konnte sie auch diesen schmerzhaft direkten Weg nehmen.
     
    „Zoey…“ Seine Stimme brach zusammen. Er versuchte, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Doreen war ergriffen von diesem doch so persönlichen Moment zwischen ihr und dem ihr fremden Mann. Plötzlich kämpfte sie mit ihrer eigenen Verfassung. Kindheitserinnerungen kamen in ihr hoch, auch wenn sie sie nicht genauer benennen konnte. Die Nerven gingen wohl mit ihnen allen durch.
     
    Larry Andrews räusperte sich. „Zoey“, er war ernsthaft daran bemüht, seine Selbstbeherrschung wiederzuerlangen, „sie ist tapfer. Das ist die tapferste Prinzessin, die ich kenne. Sie ist so vernünftig. Viel vernünftiger als ihre Eltern! Was tut sie gern?“ Er überlegte ganz kurz. „Nun, sie liest sehr gern. Sie verschlingt Bücher, obwohl sie so klein ist. Schon bevor sie zur Schule gehen sollte, konnte sie bereits lesen. Mein kluges Mädchen!“ Er wischte seine Tränen mit dem Ärmel seines Pullovers ab. Ähnlich wie seine Ex-Frau schien er auf sein Äußeres bedacht gewesen zu sein. Früher zumindest, als sein Leben noch einen Sinn zu haben schien. Doreen schwieg.
     
    „Amy wollte ihr zu Weihnachten einen kleinen Hund schenken. Sie hat mich schon gefragt, ob ich das Tier an unseren gemeinsamen Vater-Tochter-Wochenenden übernehmen würde. Ich habe es ihr versprochen! Warum auch nicht? Zoey war vernarrt in Hunde! Wenn mein kleines Mädchen nach Hause kommt, kriegt sie einen Hund, sofort! Ich werde ihr einen noch am selben Tag kaufen! Wenn sie nur wieder da ist!“ Diesmal ging der trauender Vater ans Fenster, um einem aufsteigenden Tränenfluss freien Lauf zu gewähren. Keiner sollte ihn weinen sehen. Doreen wollte ihm den Wunsch erfüllen, doch sie musste noch paar wichtige Fragen stellen. Egal, wie schmerzhaft es für sie beide war.
     
    „Herr Andrews, hat Zoey etwas von einem Hund erzählt? Kennt sie einen?“
     
    „Zoey kennt alle Hunde in der Umgebung. Die kleinen sind ihr aber am liebsten. Mit ihnen kann man kuscheln, sagte sie immer. Da, wo Zoey ist, sind alle Tiere der Umgebung. Fragen Sie mich nicht, warum sie diese Wesen so magisch anzieht? Ich weiß es nicht.“
     
    „Darf ich noch etwas erfahren?“ Doreen wartete nicht, sondern fuhr fort, da Larry langsam an die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit angekommen zu sein schien. „Darf Zoey sich Sachen selbst kaufen? Ich meine, bekommt sie ausreichend Geld dazu?“
     
    „Meine Tochter bekommt natürlich Taschengeld. Sie geht auch selbstständig zum Bäcker, zum Spielplatz oder zur Schule. Ich nehme an, dass sie dann auch Bücher kauft, wenn sie es will, ohne dass es ihre Mutter weiß. Aber genau weiß ich nicht, wie Amy das jetzt handhabt.“ Larry Andrews´ Stimme wirkte resigniert.
     
    Doreen beschloss, das Patientenzimmer zu verlassen.

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