Puppenfluch
Namen gespeichert und war wie immer froh darüber, dass die Männer aus dem Verein von Computern so gar keine Ahnung hatten. Das vereinfachte die Sache ganz erheblich. Noch besser wäre es natürlich gewesen, wenn sie zu Hause eine vernünftige Breitbandverbindung gehabt hätten, aber Mama und Henrik hatten dem einen Riegel vorgeschoben, indem sie sich hartnäckig weigerten, eine einrichten zu lassen. So war der Verein eben die zweitbeste Lösung, um an Musik und neue Filme zu kommen. Schließlich konnte sie ihr Geld nicht für Kinobesuche oder CDs ausgeben – sonst würde sie wahrscheinlich nie zu ihrem Flugschein kommen.
Siri hatte sich eine Liste geschrieben, wonach siesuchen wollte. Das meiste besorgte sie für sich selbst, aber manchmal kopierte sie auch anderen etwas. Sie startete das Programm und wartete.
Erst fiel ihr gar nichts auf. Sie war so an das knatternde Geräusch kleinmotoriger Maschinen gewöhnt, dass es eine Weile dauerte, bis sie realisierte, dass irgendetwas nicht stimmte. Das Geräusch wurde immer lauter. Siri runzelte die Stirn. Mitten in der Nacht sollte eigentlich keine Passagiermaschine mehr landen. Der Flugplatz war nicht so groß, dass es Nachtverkehr gegeben hätte, aber was sie hörte, war zweifellos ein Flugzeug, das immer näher kam.
Siri stand auf und trat ans Fenster. Sie zog den Vorhang gerade so weit beiseite, dass sie hinaussehen konnte. Tatsächlich.
Sie blinzelte verwirrt. War das Axelsson, der von irgendeinem Auftrag zurückkam? Aber Axelsson flog sonst nie nachts, es war überhaupt ziemlich ungewöhnlich, dass jemand mit so einer kleinen Maschine im Dunkeln unterwegs war. Nicht mal das Militär unternahm besonders oft Nachtflüge, und wenn, dann war der Trubel auf dem Flugplatz nicht zu übersehen.
Das Flugzeug ging in den Landeanflug über, es schwankte ein wenig im Seitenwind. Der Pilot schien nicht gerade einer der besten zu sein, denn das Flugzeug machte einen kleinen Satz, als es den Boden berührte. Es rollte vor zum Terminal und bog dann auf den Parkplatz des Flugplatzes ab, hinein in denorangefarbenen Lichtkegel der Flutlichtanlage. Es war eine Piper, das konnte Siri jetzt erkennen, eine viersitzige.
Der Motor verstummte. Die Lichter gingen aus. Gespannt spähte Siri zur Tür des Flugzeuges. Sie fragte sich, wer wohl aussteigen würde, aber zu ihrem Erstaunen blieb die Tür zu, so als schienen die Insassen auf irgendetwas zu warten.
Siri presste sich so nah ans Fenster, wie sie nur konnte, und um noch besser zu sehen, versuchte sie, sich auf die Bank vor dem Fenster zu knien. Als sie sich weiter nach vorne beugte, geriet ein Aktenstapel ins Rutschen. Mit einem Knall landete alles auf dem Boden. Wie ungeschickt konnte man eigentlich sein? Hastig ging sie in die Hocke und machte sich daran, im schwachen Schein des Lichterbogens die Papiere zusammenzusammeln.
Als sie sich wieder aufrichtete, hatte sich draußen etwas verändert. Gelbe Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit und beleuchteten das Flugzeug. Das Licht stammte von einem dunklen Auto, das plötzlich vor dem Vereinsgebäude aufgetaucht war. Siri hatte es nicht kommen hören, es musste herangeglitten sein, als sie die Akten vom Boden aufgelesen hatte. Da öffnete sich die Tür auf der Fahrerseite und ein Mann mit Kappe und dicker Jacke stieg aus. Er zog die Schulter zum Schutz vor dem Nieselregen hoch und lief auf das Flugzeug zu.
Jetzt war auch der Pilot ausgestiegen, er ging um das Flugzeug herum und öffnete die Passagiertür. Siri hielt die Luft an. Langsam fragte sie sich, ob womöglich gerade irgendein Promi mit seinem kleinen Privatflugzeug gelandet war, einer, der sich die Journalisten vom Leib halten wollte. Ein Musiker, ein Sportstar oder vielleicht ein Schauspieler? Ihr wollte beim besten Willen keine andere Erklärung für das unbekannte Flugzeug und das dunkle Auto mit Chauffeur einfallen.
Dann hörte Siri den Schrei.
Einen Schrei, der ihr Trommelfell und Herz zu zerreißen drohte und den sie so bald nicht wieder vergessen sollte. Im Licht der Autoscheinwerfer war das Mädchen, das aus dem Flugzeug stürzte, deutlich zu erkennen. Sie hatte schwarzes, strähniges Haar, das ihr bis zur Hüfte reichte, und trug eine viel zu große Militärjacke, die hinter ihr im Wind flatterte, Jeans und Pulli. Offenbar blendeten sie die Autoschweinwerfer, denn sie rannte dem Mann, der den Wagen gefahren hatte, geradewegs in die Arme. Sie hatte keine Chance zu entkommen. Er packte ihre langen Haare und
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