Puppenmord
auf irgend 'ne magische Weise in was anderes verwandelt.«
»Himmelherrgott, Wilt, wenn Sie schon wieder von diesen Leberpasteten anfangen ...» »Ich dachte an was Geistigeres, Inspektor, an was Schönes.«
»Das bezweifle ich aber.«
»Mein Gott, überlegen Sie doch mal. Daß ich mit Ihnen hier in diesem Zimmer sitze, ist die unmittelbare Folge meiner Spaziergänge mit dem Hund und meiner düsteren Überlegungen, wie ich meine Frau umbringen könnte. Diese Stunden reiner Phantasterei haben mir den Ruf eingebracht, ein Mörder zu sein, ohne daß ich einen Mord begangen habe. Warum sollte Eva mit ihren stur heil schönen Gedanken sich nicht eine entsprechend schöne Belohnung verdient haben? Um es mit Ihren Worten zu sagen, Inspektor, wir kriegen halt, was wir verdienen.«
»Das hoffe ich innigst, Wilt«, sagte der Inspektor.
»Jaja«, sagte Wilt, »aber wo ist sie dann? Sagen Sie mir das. Bloße Spekulation reicht hier nicht. . .«
»Das sagen Sie mir?« schrie der Inspektor und stellte seine Kaffeetasse hin.
»Sie wissen doch, in welches Loch Sie sie gesteckt oder welchen Zementmischer oder Verbrennungsofen Sie benutzt haben.«
»Ich habe nur im Bilde gesprochen ... ich meine, im übertragenen Sinne«, sagte Wilt. »Ich habe mir vorzustellen versucht, was Eva wohl jetzt wäre, wenn sich ihre Gedanken, so wie sie sind, in greifbare Wirklichkeit umgesetzt hätten. Mein heimlicher Wunsch war, ein erbarmungsloser Mensch der Tat zu werden, entschlossen, von moralischen Skrupeln oder Gewissensbissen unangekränkelt, ein Hamlet, in Heinrich den Fünften verwandelt, allerdings ohne den englischen HurraPatriotismus, der einen vermuten läßt, er hätte nie der Europäischen Gemeinschaft zugestimmt, ein Cäsar . . .«
Inspektor Flint hatte lange genug zugehört. »Wilt«, knurrte er, »mir ist vollkommen schnuppe, was Sie werden wollten. Was ich wissen will, ist, was aus Ihrer Frau geworden ist.«
•»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen«, sagte Wilt. »Zunächst müssen wir mal feststellen, was ich bin.«
»Ich weiß, was Sie sind, Wilt. Ein verfluchter Wortkrämer, ein Sprach verdreher, ein Scheiß Sinnzerstückler, ein Rede-Rastelli, ein Lexikon unerwünschter Belehrungen . . .« Inspektor Flint gingen die Namen aus.
»Phantastisch, Inspektor, einfach phantastisch. Ich hätte es selber nicht besser sagen können. Ein Sinnzerstückler, aber halt leider kein Frauenzerstückler. Wenn wir den selben Gedankengang weiterverfolgen, dann ist sich Eva trotz all ihrer schönen Gedanken und Meditationen genau so gleich geblieben wie ich. Das Vergeistigte entzieht sich ihr. Das Nirwana entschlüpft ständig ihren Händen. Schönheit und Wahrheit versagen sich ihr. Sie verfolgt das Absolute mit der Fliegenpatsche und jagt Harpic auch noch durch die Kanalisation der Hölle ... «
»Das ist jetzt das zehnte Mal, daß Sie Harpic erwähnen«, sagte der Inspektor, dem plötzlich eine neue schreckliche Möglichkeit durch den Kopf ging. »Sie haben doch nicht etwa... «
Wilt schüttelte den Kopf. »Da haben wir's wieder. Genau wie die arme Eva. Der prosaische Geist, der das Flüchtige zu fassen versucht und die Phantasie bei ihrer nicht vorhandenen Kehle packt. Das ist Eva, wie sie leibt und lebt. Sie wird nie den Sterbenden Schwan tanzen. Kein Theaterdirektor würde ihr erlauben, die Bühne unter Wasser zu setzen oder ein Doppelbett einzubauen, worauf Eva pochen würde.«
Inspektor Flint stand auf. »So kommen wir doch nie von der Stelle.«
»Genau«, sagte Wilt, »und nirgendwo hin. Wir sind, was wir sind, daran können wir einfach nichts ändern. Das Muster, nachdem sich unser Wesen bildet, bleibt bestehen. Nennen Sie es Vererbung, nennen Sie es Zufall. ..«
»Nennen Sie es drei Zentner Affenscheiße«, sagte Flint und verließ das Zimmer. Er brauchte seinen Schlaf, und er hatte vor, ihn auch zu kriegen.
Auf dem Korridor traf er Sergeant Yates.
»Wir hatten einen Notruf von einer Frau, die behauptete, sie wäre Mrs. Wilt«, sagte der Sergeant.
»Woher?«
»Sie wollte nicht sagen, wo sie ist«, sagte Yates. »Sie sagte nur, sie wüßte es nicht und hätte nichts an . . .«
»Ach, so eine«, sagte der Inspektor, »'ne verdammte Irre. Verflucht nochmal, was halten Sie mich mit sowas auf? Als wenn wir nicht ohne das schon genug am Halse hätten.«
»Ich dachte bloß, Sie wollten's vielleicht wissen. Wenn sie wieder anruft, werden wir versuchen, ihre Nummer festzustellen.«
»Was interessiert mich das«, sagte
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