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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Wedekind Beweise in mehreren Mordfällen zurückhalte. Also hatte Christian behauptet, dass sie zudem noch in akuter Lebensgefahr schwebe und deshalb rund um die Uhr observiert werden müsse. Daraufhin waren die Kollegen so hilfsbereit gewesen, eins der noch leer stehenden Büros als Operationsbasis zu beziehen und Christian bei der Überwachung zu helfen. Christian wusste nicht, ob die Düsseldorfer von seiner Geschichte über den Mörder und die Retortenbabys aus Nobelpreisträgersamen wirklich überzeugt waren. Aber es war ihm egal. Er würde sich mit Vergnügen zum Affen machen, wenn es auch nur das Fitzelchen einer Chance gab, durch Clarissa Wedekind irgendeine Information über Niklas Schmitt zu bekommen.
    Die Beamten, die die Observation durchführten, hatten ein Teleskop auf Wedekinds Wohnzimmer ausgerichtet. Ein Richtmikrofon von passender Reichweite fehlte. Christian hatte ebenso wenig die Erlaubnis bekommen, Clarissa Wedekinds Festnetz oder ihr Handy anzuzapfen. Das tat Daniel ganz ohne Erlaubnis von Hamburg aus. Christian hoffte inbrünstig, dass die Wedekind den Mörder irgendwie kontaktierte und Daniel das Telefonat, die Mail oder was auch immer, würde verfolgen können. Eine andere Möglichkeit, Karen und ihren Entführer aufzuspüren, sah Christian nicht mehr. Die Suche in Hamburg war ergebnislos geblieben. Mit jeder Stunde, die verrann, wurde ein Erfolg unwahrscheinlicher.
    Anna hatte Christian am Telefon erzählt, dass Volker nervlich am Ende war. Er schrie erschöpfte Kollegen von der Bereitschaftspolizei an, weil sie Karen nicht fanden, er schrie den Hamburger Polizeichef an, weil er nicht mehr Männer zur Verfügung stellte, er schrie Herd an, weil der es – hungrig und übernächtigt wie sie alle – gewagt hatte, einen Hotdog zu essen, während Karen womöglich gerade das Herz herausgeschnitten wurde.
    Inzwischen war es Abend geworden. Clarissa Wedekind war nicht zur Arbeit gegangen. Den ganzen Tag war sie nervös in ihrer Wohnung auf und ab getigert. Wenn eines ihrer Telefone klingelte, kontrollierte sie das Display, nahm aber kein einziges Gespräch an. Christian war mehr als verzweifelt. Karen konnte längst tot sein. Er wusste nicht mehr, was er überhaupt hier wollte. Vielleicht waren seine Thesen kompletter Schwachsinn und er hielt sich am völlig falschen Ort auf, statt in Hamburg mit den anderen nach Karen zu suchen. Er hatte den ganzen Tag nichts gegessen, nur Unmengen von Kaffee in sich hineingeschüttet und darauf literweise Wasser gekippt, um das Koffein zu neutralisieren. Die beiden Beamten aus Düsseldorf, die ihm vermutlich nur aus reiner Kollegialität beiseitestanden und nicht etwa aus Überzeugung, pflaumte er mehrfach an. Er benahm sich aufgrund seiner Schuldgefühle ähnlich ekelhaft und unprofessionell wie Volker.
    Pausenlos stierte Christian in Wedekinds Penthouse. Nichts geschah. Clarissa Wedekind saß einfach auf ihrer Couch und blickte ins Leere. Menschen gingen in dem Wohnhaus aus und ein, doch bei Clarissa klingelte seit zwei Stunden nicht einmal mehr das Telefon. Patrick, einer der beiden Beamten, die mit Christian die Nacht auf dem Beobachtungsposten verbringen würden, bot ihm zum wiederholten Mal eine von seinen Stullen an. Christian nahm sie endlich, auch wenn er keinen Hunger verspürte. Das Einzige, was er spürte, war, wie die Zeit verrann. Mit jedem Herzschlag, der sein Blut durch seine Adern pumpte und ihn am Leben hielt, konnte Karen das ihre verlieren. Am liebsten wäre er hinübergegangen und hätte Clarissa Wedekind so lange gewürgt, bis sie ihm die Wahrheit sagte.
    »Hey, Beyer, da kommt jemand zu ihr rein!« Patrick reichte Christian das Fernglas.
    Clarissa stand an der Wohnungstür. Christian sah, wie sie einen Mann hereinbat. Ihr Gesichtsausdruck wirkte verwirrt, soweit Christian das auf die Distanz beurteilen konnte. Enttäuscht reichte Christian das Fernglas zurück an Patrick. »Das ist er nicht. Zu alt. Bestimmt einer ihrer Geschäftspartner.«
     
    In der Tat war Clarissa verwirrt, und zwar hochgradig. Als der Concierge von unten auf der Hausleitung angerufen und einen Besucher namens Howela gemeldet hatte, war ihr ein gewaltiger Schreck in die Glieder gefahren. Nun stand Howela vor ihr, äußerst lebendig, nur um zwei Finger an der linken Hand ärmer. Noch wusste Clarissa nicht, wie sie reagieren sollte. Sie hatte Howela in einer lebensgefährlichen Situation im Stich gelassen. Aber er wirkte locker und entspannt, wie bei seinem letzten

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